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Patrick Helmes im Interview„Der FC ist aktuell zu abhängig von Said El Mala“

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Experte Patrick Helmes Sky schaut, DFB Cup - Round of 16, FC Bayern München v Bayer 04 Leverkusen, Allianz Arena am 03. December 2024 in München, Deutschland. Foto von Marco Steinbrenner/DeFodi Images Experte Patrick Helmes Sky looks on, DFB Cup - Round of 16, FC Bayern München v Bayer 04 Leverkusen, Allianz Arena, December 3, 2024 in Munich, Germany. Photo by Marco Steinbrenner/DeFodi Images Defodi-700_muenchen_lever_20241203_342 *** Expert Patrick Helmes Sky looks on, DFB Cup Round of 16, FC Bayern München v Bayer 04 Leverkusen, Allianz Arena on December 03, 2024 in Munich, Germany Photo by Marco Steinbrenner DeFodi Images Expert Patrick Helmes Sky looks on, DFB Cup Round of 16, FC Bayern München v Bayer 04 Leverkusen, Allianz Arena, December 3, 2024 in Munich, Germany Photo by Marco Steinbrenner DeFodi Images Defodi 700 muenchen lever 20241203 342 Defodi-700

Patrick Helmes für Sender Sky im Einsatz beim Spiel von Bayer 04 Leverkusen beim FC Bayern München

Der ehemaliger Kölner und Leverkusener spricht im Interview über das Duell zwischen dem FC und Bayer 04, die Kölner Saison, Said El Mala und seinen Werdegang.

Herr Helmes, am Samstag treffen Ihre Klubs Bayer 04 Leverkusen und der 1. FC Köln aufeinander. Nach einem starken Start hat der FC aus den vergangenen zehn Spielen neun Punkte geholt, aus den letzten vier nur zwei Zähler. Wie bewerten Sie die Situation des Aufsteigers?

Patrick Helmes. Der FC ist richtig in der Liga angekommen, die Sprünge nach vorne und die Euphorie sind nicht mehr so groß wie noch nach dem starken Saisonbeginn. Die Gegner haben sich mittlerweile besser auf den FC eingestellt, sie wissen eher, wie der FC unter Lukas Kwasniok spielt. Zuletzt zeigten sich die Kölner auch bedingt durch einige verletzungsbedingte Ausfälle nicht mehr so formstark. Und vorne hängt etwas zu viel von Jungstar Said El Mala ab. Da ist der FC aktuell zu abhängig von einem 19-Jährigen, der furios spielt, aber seine erste Bundesligasaison bestreitet. Dennoch ist mir beim FC nicht bange. Thomas Kessler (Sportdirektor, d. Red.) macht einen sehr guten Job und hat einen Kader zusammengestellt, der Spaß macht und Perspektive hat. Kaminski, Johannesson, van den Berg und natürlich El Mala: Das sind Neuzugänge, mit denen sich der FC gut verstärkt hat.

Wie sehen Sie Trainer Lukas Kwasniok?

Er experimentiert des Öfteren, was jetzt erstmals auch öffentlich kritischer gesehen wird. Lukas Kwasniok versteht unwahrscheinlich viel vom Spiel und hat auch ungemein viele Ideen im Kopf. Er kann während eines Spieles jederzeit reagieren, was eine seiner großen Stärken ist. Vielleicht sind manchmal Ideen dabei, mit denen einige Spieler zu kämpfen haben. Aber dieser Weg hat ihn dahin gebracht, wo er heut ist. Er lässt sehr flexiblen, attraktiven Fußball spielen – und das mit einem Aufsteiger.

Er ist absolut überzeugt von sich und dem Kader. Eine mutige Kombination, die ursächlich für den guten Saisonstart war. Man wusste ja, auf was man sich mit ihm in Köln einlässt. Er ist einer mit einer klaren Kante, er versteckt sich nicht und hat eine Meinung und Haltung. Ich mag ihn als Typen. Er ist ein echter, authentischer Typ, von denen es ja leider nicht mehr so viele gibt. Und Lukas ist einer, der mit seiner offenen Art ohnehin sehr gut zum FC und zu Köln passt. Man sollte ihm genug Kredit geben, selbst wenn es mal nicht so läuft. Es ist auch erst seine erste Saison im Oberhaus.

Helmes sieht FC am Ende zwischen Platz zehn und 13

Wenn Sie mal einen Ausblick wagen: Wo landet der FC?

Der Kader gibt einiges her, im Winter wird sich der FC auch aufgrund der Verletzungsprobleme eventuell noch verstärken. Ich sehe genügend Mannschaften, die nicht die Form und nicht so viel Potenzial haben. Ich denke, die Kölner werden am Ende zwischen Platz zehn und 13 landen. Auch wenn es vielleicht eine Floskel ist: Alle sollten mit den Beinen auf dem Boden bleiben. Aber ich glaube, dass viele in Köln nach den ganzen Aufs und Abs der vergangenen Jahre die Situation realistisch einschätzen können. Jeder Schritt dieser Mannschaft ist hart erarbeitet – keiner kann zaubern.

Said El Mala ist in der Bundesliga derart durchgestartet, so dass es für alle Beteiligten schwieriger sein könnte, auf dem Boden zu bleiben. Sehen wir ihn bei der WM?

Der Junge hat innerhalb kürzester Zeit eine sagenhafte Entwicklung hingelegt. Es macht große Freude, ihm zuzusehen, mit seiner Dynamik ist er eine Wucht. Wenn Said weiterhin so performt, dann hat er natürlich eine sehr große Chance, auch dabei zu sein. Meiner Meinung nach muss er dazu auch nicht unangefochtener, permanenter Stammspieler im Verein sein. Er kann mit seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten auch von der Bank Spiele entscheiden – das macht er jetzt schon und das würde ich ihm genauso auch im Sommer im DFB-Trikot zutrauen. Er hat besondere Fähigkeiten, die auch für Julian Nagelsmann zum Trumpf werden können.

Und die sind sicherlich auch im Derby gefragt. Was für ein Duell in Leverkusen erwarten Sie?

Ich erwarte ein sehr umkämpftes Spiel mit einem FC, der auf sehr intensives Umschaltspiel setzen wird. Der versuchen wird, aggressiv in die Zweikämpfe zu kommen, um Bayer so den Schneid abzukaufen. Sie wollen die Leverkusener emotionalisieren und aus dem gewohnten Rhythmus bringen. Bayer wird viel Ballbesitz haben. Trainer Kasper Hjulmand hat es geschafft, die junge, fast runderneuerte Mannschaft zu festigen, vieles geht bei Bayer wieder in die gewünschte Richtung. Aber es gibt noch Schwankungen, das zeigte sich zuletzt ja auch bei der 0:2-Niederlage in Augsburg. Ich bin richtig gespannt, denn der FC wird absolut im Derby-Fieber und top-motiviert sein. Der FC hat zudem in der vergangenen Saison im Pokal eindrucksvoll gezeigt, wie man in Leverkusen aufspielen kann. Da waren die Kölner noch Zweitligist, jetzt haben sie noch mehr Qualität. Mein Tipp: Der FC wird mit einem Unentschieden nach Hause fahren – 1:1.

Sie haben sich mittlerweile zu einer der gefragtesten TV-Experten hierzulande entwickelt und kommen für Sky und RTL so häufig zum Einsatz wie nie zuvor.

Ich liebe es einfach! Das ist ein Traumjob, den ich mit Vollgas mache und in dem ich mich immer noch weiterentwickeln und verbessern kann. Ich bin dankbar, dass mir das Vertrauen geschenkt wird. Ich kann unmittelbar von den Besten lernen: von Lothar Matthäus oder Didi Hamann, die für mich zu den besten Experten zählen. Es ist faszinierend, wie viel Energie ein Weltstar wie Lothar in den Job steckt. Aber auch mir helfen dabei natürlich die Erfahrungen aus meiner eigenen Karriere, mein Netzwerk und auch, dass ich die Fußballlehrer-Lizenz gemacht habe. Es hat sich einfach vieles in den vergangenen Jahren und seit meinen Anfängen bei Sport1 mit der Zeit entwickelt und gleicht etwas meiner Karriere als Profi, in der es für mich von der Oberliga in die 3. Liga, dann in die 2. Bundesliga, in die Bundesliga und schließlich in die Nationalmannschaft ging. Jetzt habe ich bei Sky meine eigene Rubrik („100% Helmes“, d. Red.) – das macht mich stolz, ist aber immer noch etwas unwirklich.

Angetan von Matthäus' Energie

Unwirklich auch, weil es mit Ihrer Trainerkarriere nach der Profi-Zeit nicht ganz so gut gelaufen war?

Ich bin immer noch sehr gerne Trainer und übernehme nebenbei ab der kommenden Saison auch das Team von YouTuber Montana Black in der Baller League. Ja, es stimmt, meine Trainer-Karriere ist bisher nicht so gelaufen, wie ich mir es gewünscht hatte. Aber das kann man auch nicht immer alles selbst beeinflussen, da spielen auch Glück, Pech und der Zufall eine Rolle. Und bei mir gab es da leider so einiges. Ich hatte es geliebt, beim 1. FC Köln Trainer der zweiten Mannschaft zu sein. Doch dann erlitt mein Co-Trainer in meiner Anwesenheit einen Herzinfarkt und verstarb.

Das hatte mir einen echten Knacks gegeben. Als ich danach Trainer bei Rot-Weiß Erfurt war, ging der Klub in die Insolvenz. Als ich bei Admira Wacker in Österreich tätig war, erlebten meine Familien und ich die Terroranschläge 2020 in Wien hautnah mit. Was willst du da machen? Das schnelle Trainer-Aus bei Alemannia Aachen war sicherlich sportlich gesehen die härteste Entscheidung. Und als ich als Coach meinem Heimatverein Sportfreunde Siegen helfen wollte, war ich parallel schon als TV-Experte tätig. Heute bin ich glücklich und zufrieden, wie sich alles bei mir entwickelt hat. Aber das soll noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sein.