Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

FC-Zugang Isak Johannesson im Interview„Tore sind gut, Vorlagen sind besser“

5 min
Isak Johannesson beim Fordern eines Videobeweises im Trainingsspiel in Bad Waltersdorf

Isak Johannesson beim Fordern eines Videobeweises im Trainingsspiel in Bad Waltersdorf 

FC-Zugang Isak Johannesson über eine Kindheit als Sohn eines Fußballprofis, das Familienleben mit drei Brüdern und seine Pläne in Köln

Herr Johannesson, Ihr Abschied aus Düsseldorf ist mit einigen Verwerfungen einhergegangen. Es gab sogar Fortuna-Fans, die einen Voodoo-Zauber gegen Sie inszeniert haben.

Ja, das habe ich gesehen. Ich glaube allerdings, dass das nicht echt war, sondern mit Künstlicher Intelligenz gemacht. Aber so ist es, ich kann nichts dagegen machen, was die Leute ins Netz stellen. Der Zauber ist allerdings bislang wirkungslos (lacht). Mir geht es absolut gut, alles funktioniert.

Sie sind in England geboren, als Ihr Vater dort Fußballprofi war. Wie sind Ihre Erinnerungen an die Jahre in England – vor allem mit drei jüngeren Brüdern?

Ja, großer Dank vor allem an meine Mutter. Es muss verrückt für sie gewesen sein mit vier Jungs. Vor allem, wenn mein Vater auf Auswärtsspielen war und sie mit uns in die großen Stadien gegangen ist. Meine Mutter ist mein großes Idol im Leben an sich. Sie war viel allein mit uns, hatte wenige Kontakte, weil sie damit beschäftigt war, uns aufzuziehen. Ich bin ihr sehr dankbar.

Erinnern Sie sich daran, Ihren Vater spielen zu sehen?

Ja, vor allem in Burnley, aber auch in Leicester und Huddersfield. In Burnley gab es eine Loge für die Familien der Spieler, daran habe ich viele Erinnerungen. Sie haben damals eine Saison in der Premier League gespielt, und es war großartig, seinen Vater gegen die großen Teams spielen zu sehen. Gegen Manchester United, Liverpool. Das hat mir eine zusätzliche Motivation gegeben, meinen eigenen Traum vom Profifußball zu verfolgen.

Für Ihren Vater muss es ebenfalls schön gewesen sein.

Wir lebten damals in der Gegend von Manchester, er pendelte nach Burnley und hatte dort ein paar wirklich gute Jahre. Er spricht heute noch von dieser Phase. Er hatte die Familie bei sich, die Karriere lief. Das war eine gute Zeit für ihn.

Waren Sie damals schon wirklich an den Spielen interessiert? Kinder verlieren ja gern fünf Minuten nach Anpfiff die Lust am Fußballschauen.

Ich war schon immer ein Fußballfanatiker – habe mich für die Spieler interessiert und für die Taktik auf dem Platz. Mein Vater erzählt mir immer, dass ich schon mit drei Jahren mit ihm Spiele über 90 Minuten angesehen habe. Das ist ziemlich unüblich, die anderen Kinder in der Familienloge sind immer nur durch die Gegend gerannt. Ich war voll auf das Spiel konzentriert. So ist es bis heute.

Spielen Ihre Brüder Fußball?

Zwei von ihnen. Einer ist in Nordsjaelland in Dänemark, in einer sehr bekannten Jugendakademie. Einer spielt in einer Akademie in Island in meinem Heimatklub. Der dritte studiert Medizin in Kopenhagen. Mein Vater ist zurzeit Trainer in Kopenhagen, drei von uns sind also in Kopenhagen, das passt ganz gut. Meine Mutter ist mit dem Jüngsten in Island, ich bin in Köln. Wir sind als Familie ein bisschen verteilt, aber es funktioniert eigentlich sehr gut.

Isak Johannesson bereitet sich derzeit mit dem 1. FC Köln im österreichischen Bad Waltersdorf auf die neue Saison vor.

Isak Johannesson bereitet sich derzeit mit dem 1. FC Köln im österreichischen Bad Waltersdorf auf die neue Saison vor.

Sie sind daran gewöhnt. Schon mit 16 Jahren sind Sie nach Schweden gegangen, um dort Ihre Profikarriere aufzunehmen. Was hat Ihre Mutter damals dazu gesagt?

Es war sehr schwer für sie. Sie hat mich damals nach Schweden gebracht und ist für die ersten fünf Tage bei mir geblieben. Als sie zurück nach Island musste, haben wir beide geweint. Obwohl es für mich nicht ganz so schlimm war: Ich wohnte bei der Familie meines Cousins, der ebenfalls bei Norrköping spielte. Seine Familie hat ihn damals nach Schweden begleitet und war dann für zwei Jahre auch meine Familie. Das hat mir sehr geholfen, anders hätte ich das nicht geschafft.

Sie sind ein Familienmensch. Worum geht es bei Ihnen, wenn die Familie zusammenkommt? An Weihnachten zum Beispiel?

Mein Vater, meine Fußball-spielenden Brüder und ich schauen eigentlich die ganze Zeit nur Fußball, was meine Mutter und meinen anderen Bruder manchmal ein wenig nervt. Auch wenn wir natürlich auch andere Themen haben.

Sie haben 35 Länderspiele, Ihr Vater…

… 33, ich bin neulich an ihm vorbeigezogen. Er hätte allerdings sehr viel öfter für Island spielen müssen angesichts seiner Karriere.

Sagen das Sie oder er?

Ich sage das, er würde das niemals sagen. Aber er hat in der Premier League gespielt und der La Liga in Spanien. Es hätten definitiv mehr sein müssen. Allerdings hat er auch zweimal pausiert. Einmal meinetwegen, muss man wohl sagen: Ich war zwei oder drei Jahre alt, mein Bruder war gerade zur Welt gekommen, und alles ziemlich viel für meine Mama. Da hat mein Vater den Nationaltrainer angerufen und für ein Länderspiel abgesagt, aus familiären Gründen. Der Trainer hat ihn darin bestärkt, Familie geht vor – und ihn dann nie wieder berufen. Einen Spieler aus der Premier League!

Später gab es ein Comeback – und eine weitere Pause?

Ja, beim isländischen Team ging es damals wohl nicht immer ganz professionell zu. Es wurde viel gefeiert, die Reisepläne wurden nicht eingehalten. Mein Vater hatte das Gefühl, dass ihn die Reisen zur Nationalmannschaft zu einem schlechteren Spieler machten. Wenn er zurückkam, hatte er ständig seinen Stammplatz verloren, weil er wieder zu spät zurückgekehrt war. 33 Einsätze – wirklich zu wenig. Wenn er etwas an seiner Karriere bedauert, dann dass er zu wenige Länderspiele gemacht hat.

Es war ein Opfer für die Familie, das ehrt ihn.

Ja, und für ihn als Spieler mit viel Temperament und einer eigenen Meinung war es auch nicht immer leicht. Ich glaube, er bedauert diese Zeit auch ein bisschen. Darum sagt er mir jeden Tag, dass ich genießen soll, was ich im Fußball erlebe. Er war auch für zwei Jahre mein Assistenztrainer bei der isländischen Nationalmannschaft und ganz nah dabei.

Wie fällt die Kritik Ihres Vaters nach Ihren Spielen aus?

Als er mein Trainer war, haben wir es immer gut hingekriegt, von Trainer/Spieler auf Vater/Sohn umzuschalten. Auf dem Platz hat er mich angebrüllt wie jeden anderen Spieler auch. Aber wenn wir dann im Hotel entspannt haben, war er einfach mein Vater. Er hat nie Druck auf mich ausgeübt, hat mir nie gesagt, was oder wer ich sein sollte. Wahrscheinlich hat er bemerkt, dass ich mir selbst den größten Druck mache.

Wenn Sie einen Vergleich versuchen: Sehen Sie Parallelen zwischen Ihrem Vater und Lukas Kwasniok? Beide sind im selben Alter und eher temperamentvoll.

Was den Fußball angeht, den sie spielen lassen wollen, sind sie einander sehr ähnlich. Sie sind natürlich vollkommen unterschiedliche Menschen, wir alle hier sind verschieden. Aber ihr Blick auf den Fußball ist ähnlich.

Ich kann es kaum erwarten, dass die Saison losgeht. Ich glaube, das wird gut
FC-Mittelfeldspieler Isak Johannesson

Hat Lukas Kwasniok Ihnen schon gesagt, was er von Ihnen erwartet?

Ja, wir hatten sehr gute Gespräche über Fußball, über meine Rolle auf dem Platz. Ich habe in den ersten Wochen schon viel von ihm gelernt. Er hat auch in Paderborn sehr guten Fußball spielen lassen. Ich kann es kaum erwarten, dass die Saison losgeht. Ich glaube, das wird gut.

Wie interpretieren Sie ihre Position?

Mit meinem Laufvermögen bin ich eher eine Acht als eine direkte Sechs. Ich möchte helfen, wenn wir aus der Tiefe aufbauen, aber auch von einem Strafraum zum anderen spielen.

Sie haben auffallend viele Torbeteiligungen.

Ja, ich spiele sehr gern im gegnerischen Strafraum. Assists sind wahrscheinlich das, was ich am liebsten mag im Fußball. Tore zu erzielen ist schön, aber Vorlagen sind noch besser. Kevin De Bruyne war mein Vorbild. Es ist ein anderes Gefühl, wenn du den perfekten Pass spielst und der Mitspieler ihn nur noch reinstupsen muss. Ich habe schon in der Jugend immer nur auf die Mittelfeldspieler geachtet. Auf Toni Kroos, De Bruyne, meinen Vater. Ich kann mir keine Position vorstellen, die ich lieber spielen würde.