FC-Talent steht im WortSo stehen die Aussichten auf Justin Diehls Verbleib beim 1. FC Köln

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Justin Diehl bat seine Gegenspieler am Samstag zum Tanz.

Justin Diehl bat seine Gegenspieler am Samstag zum Tanz.

Der 1. FC Köln reagiert auf die Transfersperre, indem er Justin Diehl begnadigt. Auch wenn der wohl nicht mehr lange in Köln spielen wird. 

Justin Diehl hatte es zwar nicht laut ausgerufen, doch der Auftritt des 19-Jährigen am Samstag gegen den 1. FC Heidenheim ließ keine Zweifel, welches Fußballprinzip hier zur Anwendung kam. Es war das Prinzip „Erster alles“, nach dem derjenige, der „erster alles“ ruft, sämtliche Ecken, Elfmeter und Freistöße schießt. Er muss es nur als erster gerufen haben. So werden Führungsspieler geboren. Wer als Achtjähriger auf dem Bolzplatz bereit ist, alle Verantwortung an sich zu reißen, der kann das womöglich später auch auf der ganz großen Bühne.

So wie Justin Diehl. Der führte am Samstag vor 50.000 Zuschauern sämtliche Ecken und Freistöße aus, und er hätte wohl auch einen Elfmeter geschossen, wenn es denn einen gegeben hätte. Diehl, in Köln geboren und seit der U8 beim FC, war wild entschlossen, seinem Verein am Samstag einen Bundesligasieg zu bescheren. Doch blieb es beim dürren 1:1, das Müngersdorf konsterniert zurückließ.

Das ist ein Junge, der Spaß macht und der auch auf dem Trainingsplatz immer die Kugel haben will, um ins eins gegen eins zu gehen
FC-Trainer Timo Schultz über Justin Diehl

Timo Schultz nahm den Verlauf des Nachmittags gelassen hin. Aus dem Ergebnis vermochte der Norddeutsche zwar auch nicht mehr zu machen, als es war. Doch die Kölner Profis hatten ihm Freude bereitet. Auch Diehl, der Mann für alles. „An Selbstvertrauen mangelt es ihm nicht. Das ist ein Junge, der Spaß macht und der auch auf dem Trainingsplatz immer die Kugel haben will, um ins eins gegen eins zu gehen. Er kann uns in der Rückrunde auf jeden Fall helfen“, beschrieb er.

Diehl war für Florian Kainz gekommen und damit der erste Kölner Einwechselspieler des Tages. 30 Minuten Bundesliga plus Nachspielzeit. Für einen, der es zuvor in 16 Saisonspielen nacheinander nicht in den Bundesligakader geschafft hatte, war das ein Zeichen.

Weil Diehl und sein Umfeld im Sommer nicht bereit gewesen waren, den Vertrag des Stürmers über diese Saison hinaus zu verlängern, hatte der 1. FC Köln den Spieler zur Regionalliga-Mannschaft degradiert.

FC-Geschäftsführer Christian Keller sptingt bei Justin Diehl „über seinen Schatten“

Doch der kam damit gut zurecht. Spielte herausragend, erzielte Tore. FC-Geschäftsführer Christian Keller zeigte sich nun bereit, nach einem Gespräch mit Diehl „über seinen Schatten zu springen“ und den Spieler wieder einzugliedern, offenbar half bei der Einigung, dass Steffen Baumgart nicht mehr am Geißbockheim wirkt.

Dennoch scheint eine Vertragsverlängerung nicht möglich – wohl vor allem deshalb, weil der Spieler schon anderswo im Wort steht. Berichte, der VfB Stuttgart werde noch in dieser Woche eine Einigung mit dem aktuellen Kölner Hoffnungsträger verkünden, entsprechen nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zwar nicht der Realität. Dennoch sind die Aussichten auf Diehls Verbleib in Köln gering.

Justin Diehl tritt auch im Training selbstbewusst auf und fordert den Ball.

Justin Diehl tritt auch im Training selbstbewusst auf und fordert den Ball.

Gegen Heidenheim war Diehl willens und in der Lage, etwas zu bewegen. Allerdings stieß er an Grenzen seiner Physis: Als Leichtgewicht mit fantastischer Technik und Beweglichkeit verbreitete er zwar unter seinen Gegenspielern die Sorge, ihnen im ersten Moment der Unaufmerksamkeit entwischen zu können und über alle Berge zu sein. Doch in den direkten Duellen mit den Heidenheimern war er nicht in der Lage, sich körperlich zu behaupten.

Für Schultz war das kein Anlass zum Tadel, im Gegenteil. „Ich sage den Jungs, dass sie frisch drauflos spielen sollen“, beschrieb der Trainer. Tatsächlich war Diehl nicht der einzige auffällige Kölner Teenager: Max Finkgräfe, ebenfalls 19 Jahre jung, zeigte eine grundsolide Leistung – in der Defensive ebenso wie am Ball, wenn er zur Mitte zog und sich gestalterisch einbrachte. „Max hat ein richtig gutes Spiel gemacht. Die richtigen Einschaltmomente gefunden und trotzdem defensiv stabil gearbeitet“, erläuterte Schultz.

Schwieriges Pflaster Köln 

Nach der Sperre für zwei Transferphasen muss der FC die Versuche, Verstärkungen zu verpflichten, vorerst aussetzen und konsequent auf die Jugend setzen. Ohnehin versteht sich der 1. FC Köln als Ausbildungsverein. Doch aus der Mannschaft etwa, die im Juni 2019 die deutsche Meisterschaft der B-Junioren gewann, schaffte es bislang nur Jan Thielmann nachhaltig ins Kölner Bundesligateam.

Florian Wirtz wurde in Leverkusen zum Spieler von internationalem Format, ohne je ein Profispiel für den FC bestritten zu haben. Doch weitere Spieler aus dem Kölner Nachwuchs sollen bald folgen: Die derzeit ausgeliehenen Tim Lemperle und Jonas Urbig (Fürth) sowie Marvin Obuz, der zurzeit bei Rot-Weiss Essen in der dritten Liga Erfahrungen sammelt, werden im kommenden Sommer als Neuzugänge aus dem eigenen Verein behandelt werden. Ein Status, der ihnen helfen könnte, denn zuletzt schien es in Köln gerade für Jungprofis aus dem eigenen Leistungszentrum schwierig, bei den Profis etwas zu gelten. Dabei sollte es dem Klub eine Warnung für die Ewigkeit gewesen sein, in Wirtz nicht den Superstar im eigenen Klub gesehen zu haben.

Diehl und Finkgräfe sollen nun helfen, die Klasse zu halten, Timo Schultz versichert seine Unterstützung. „Es wird unser Weg sein, diese Spieler zu entwickeln. Und entwickeln bedeutet, ihnen Spielzeit zu geben und Vertrauen zu schenken.“

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