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Interview

Interview
FC-Trainer Kwasniok über strenge Erziehung, den Glauben und seinen Pakt mit Thomas Kessler

4 min
Lukas Kwasniok beim Test gegen Leicester.

Lukas Kwasniok feierte mit dem 1. FC Köln beim Testsieg gegen Leicester einen erfolgreichen Abschluss des Trainingslagers.

Der neue Trainer des 1. FC Köln, Lukas Kwasniok, spricht über seine Pläne, eine strenge Kindheit in Polen und seinen Führungsstil.

Lukas Kwasniok hat als neuer Trainer des 1. FC Köln die Aufgabe übernommen, den Verein in der Bundesliga zu halten. Nach den ersten Wochen und dem Trainingslager in Bad Waltersdorf gibt er in einem Interview mit Express.de Einblicke in seine Arbeit, seine Persönlichkeit und seine Pläne.

Die Anfangszeit in Köln sei intensiv gewesen, berichtet Kwasniok. Für Besuche im Kölner Dom oder beim Vereinsmaskottchen Hennes im Zoo sei noch keine Zeit geblieben. Die Priorität liege darauf, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennenzulernen. Dennoch könne er sich vorstellen, im Dom eine Kerze anzuzünden, wenn er die nötige Ruhe dafür finde. Eine Wohnung hat der neue Trainer inzwischen gefunden. Nachdem er die Suche öffentlich gemacht hatte, habe er zahlreiche Hilfsangebote erhalten. „Ich habe das mit der Wohnungssuche ein bisschen flapsig gesagt“, so Kwasniok, „seitdem kamen so viele Angebote rein, gefühlt wollten mir alle Kölner helfen, das ist schon besonders.“

Kwasniok: „Habe schon eine Achse im Blick“

Mit den ersten Eindrücken von der Mannschaft ist der Trainer zufrieden. Die vier Neuzugänge Eric Martel, Jan Thielmann, Taha El Mala und Rasmus Sebulonsen hätten im Trainingslager neue Qualität und Energie ins Team gebracht. Auch wenn es Zeit brauche, bis sich ein neuer Kader finde, werde das Bild klarer: „Ich habe schon eine Achse im Blick“, sagt Kwasniok. Jungen Spielerinnen und Spielern stellt er Einsatzzeiten in Aussicht: „Wenn ich das Gefühl habe, er ist reif, dann spielt er. (...) Bei mir geht es immer um Qualität.“

Den anspruchsvollen Saisonauftakt mit drei Auswärtsspielen an den ersten vier Spieltagen sieht Kwasniok positiv für einen Aufsteiger. Über mögliche Ergebnisse mache er sich noch keine Gedanken. Der Fokus liege auf der Verbesserung von Leistung und Spielstruktur in den Testspielen.

Strenge Kindheit und die Entdeckung der Freiheit

Seine offene Art sei nicht immer so gewesen, erklärt Kwasniok. Als Kind sei er sehr zurückhaltend gewesen. „Ich würde sagen, dass ich eine sehr konsequente, eine sehr strenge Erziehung genossen habe. Ich bin damals in Polen im Kommunismus aufgewachsen.“ Erst nachdem seine Eltern das Land verlassen hatten, habe er sich verändert. „Ich wusste auf einmal, was es bedeutet, frei zu sein. Und diese Freiheit möchte ich mir einfach nie nehmen lassen. Dazu gehört auch, dass ich sage, was ich denke.“

Sein Führungsstil sei von einem Kontrast geprägt: humorvoll und offen abseits des Platzes, aber kompromisslos im Training. „Außerhalb des Platzes gibt es bei mir nicht viele Regeln, aber auf dem Platz gibt es kein Pardon. Die Zeit ist zu kostbar, als dass wir da dann rumeiern.“ Er vergleicht seine Aufgabe mit der eines Lehrers oder einer Lehrerin, die begeistern können. Den Job empfinde er nicht als Stress, sondern sei oft im „Flow“.

Glaube, Psychologie und ein Pakt mit Kessler

Kwasniok, der katholisch ist, bezeichnet sich nicht als streng gläubig, aber die Religion habe ihn geprägt. „Ich glaube schon an etwas Größeres, an etwas Übersinnliches. Und ich bin der Überzeugung, dass aus Hoffnung Glaube entstehen kann.“ Dieser Glaube könne eine Mannschaft durch eine ganze Saison tragen. Einer Zusammenarbeit mit Psychologen stehe er offen gegenüber, versuche aber zunächst, mit eigenen Methoden „in die Köpfe der Spieler zu kommen.“

Mit den anstehenden Vorstandswahlen habe er sich noch nicht beschäftigt, da sein Fokus auf der Mannschaft liege. Die Zusammenarbeit mit Sportdirektor Thomas Kessler beschreibt er als vertrauensvoll. Er schätze dessen Verbindlichkeit. Gemeinsam wolle man auch durch schwierige Phasen gehen. „Wir standen jetzt nicht vor dem Traualtar, haben nur einen Vertrag geschlossen und saßen dabei im Büro. Aber der Vertrag ist schon mit dieser Absicht unterzeichnet worden, dass man in guten und in schlechten Zeiten gemeinsam für eine Sache kämpft“, so Kwasniok.

Auf den Kölner Karneval freue er sich, auch wenn er wisse, dass es für Trainer in Köln als Erfolg gelte, den 11.11. im Amt zu erleben. „Aber davon gehe ich mal aus“, sagt er. (red)