Markus AnfangFür Kölns Wunschtrainer war Jogi Löw ein Lehrmeister

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Erfolgreiches Duo in Kiel, wahrscheinlich auch bald beim FC: Markus Anfang (r.) und sein Co-Trainer Tom Cichon. Beide sind gebürtige Kölner.

Köln – Bei Holstein Kiel ist man genervt. Genervt von den neuerlichen Spekulationen über  Trainer Markus Anfang, die mehr als Gerüchte sind. Anfang soll in der kommenden Spielzeit den 1. FC Köln übernehmen. Holstein, der Aufsteiger, ist trotz einer Durststrecke  weiter sensationeller Dritter im Unterhaus und darf  vom Aufstieg in die Bundesliga träumen. Da stört so etwas kolossal.

Kiels Becker: „Gibt keinen neuen Stand"

„Wir haben unsere eigenen sportlichen Ziele, auf die wollen und werden wir uns in der Saison-Endphase ganz besonders konzentrieren“, sagt Holsteins Geschäftsführer Ralf Becker dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die erneuten Veröffentlichungen nach dem seit Samstag sehr wahrscheinlichen Abstieg des FC will er nicht groß kommentieren: „Es gibt keinen neuen Stand, keine Anfrage. Es gibt aber  sehr viele Fragezeichen.“ Mehr kann Becker derzeit wohl auch nicht sagen.

FC soll sich mit Anfang in allen Punkten einig sein

Beim FC ist intern schon vieles lange klar.  Seit Anfang Dezember, also noch  vor der Installation des neuen Managers Armin Veh und  auch noch vor der Beförderung von Stefan Ruthenbeck zum Profi-Cheftrainer, haben sich die Kölner Verantwortlichen darauf geeinigt, dass der gebürtige Kölner Anfang  die Mannschaft ab der Saison 2018/19 übernehmen soll – und zwar unabhängig von der Liga.

Nach Informationen dieser Zeitung ist sich der FC mit dem 43-Jährigen in allen Punkten einig,  auch Gehaltsfragen seien geklärt. In Kiel soll der Coach rund 320.000 Euro pro Jahr verdienen, in Köln würde er fast das Dreifache einstreichen. 

Co-Trainer Cichon würde mitkommen

Anfang möchte seinen Co-Trainer Tom Cichon (41), ebenfalls gebürtiger Kölner und zuvor 13 Jahre Trainer in der Jugend von Bayer 04 Leverkusen, mit ans Geißbockheim bringen. Zweiter Co-Trainer soll Ex-Profi Markus Daun (37) werden, der aktuelle Assistent von Ruthenbeck, der seit Mitte März seine Fußballlehrer-Lizenz in der Tasche hat. 

So weit, so gut. Aber: Es ist noch nichts unterschrieben, daher ist noch nichts offiziell. Und daher schweigen auch fast alle.

In beiden Ligen sind noch fünf  Spiele zu absolvieren. Und für beide Klubs ist die Relegation noch möglich. Der FC und Holstein könnten sogar direkt aufeinandertreffen – auch wenn nach dem 1:1 gegen Mainz viel mehr für einen direkten Kölner Abstieg spricht. Kurios ist die Klausel, die Anfang in seinem bis 2019 laufenden Vertrag hat: Denn nur bei einem Kieler Aufstieg ist er ablösefrei. Im Nichtaufstiegsfall müsste der FC eine Ablösesumme zahlen. 

Anfangs Frau und Töchter leben in Köln

Anfang wird allerdings auch ein möglicher Aufstieg mit Holstein  nicht von seinen Zukunftsabsichten abbringen.  Aus seinem Umfeld ist zu vernehmen, dass er unbedingt zum FC wechseln will – auch wenn er als Profi nie für einen Kölner Verein spielte, dafür aber für die in Köln eher ungeliebte Fortuna aus Düsseldorf, für Kaiserslautern, Duisburg oder bei Tirol Innsbruck. Anfang reizt die Aufgabe beim FC immens, zudem lebt und arbeitet seine Frau Manuela  in Köln. Auch die beiden  Töchter wollen in Kürze in Köln ihr Abitur bauen.

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Die Trainer-Vita von Anfang ist noch übersichtlich, kein Wunder, am 12. Juni wird er erst 44 Jahre alt. Lehrmeister als Profi hatte er genug: Joachim Löw (2001 bis 2002 in Innsbruck, Meister), Huub Stevens, Aleksandar Ristic, Eric Gerets, Kurt Jara. Seine erste Station war von 2010 bis 2012 Niederrheinligist SC Kapellen-Erft, mit dem er sich 2012 für die Oberliga qualifizierte.

In der Winterpause 2012/13 erhielt Anfang das Angebot von Bayer 04 Leverkusen, im Nachwuchsleistungszentrum zu arbeiten. Für die Werkself war der Kölner bereits 1994/95 Profi, blieb aber ohne Einsatz. Er  war für den U-17- und U-19-Nachwuchs verantwortlich. Und zwar erfolgreich,  2016 gewann er  mit Bayers  U17 die Meisterschaft.

Gelsdorf: „Markus ein moderner Trainer"

Jürgen Gelsdorf, der langjährige Bayer-04-Nachwuchschef, hatte mit Ex-Klubboss Wolfgang Holzhäuser Anfang nach Leverkusen geholt.  Und Gelsdorf war sofort überzeugt von ihm: „Markus ist ein sehr moderner Trainer, der den Ton der heutigen Spielergeneration perfekt trifft und seine Erfahrungen als Ex-Profi einbringt. Mit Tom Cichon hat er den kongenialen Partner an seiner Seite, der für ihn sehr wichtig ist. Und: Markus ist ein unglaublich korrekter Typ.“ 

Dessen gute Arbeit sprach sich auch im Profi-Bereich schnell herum. Anfang erklärte  selbst, wie er nach Kiel kam: „Bayer-Manager Jonas Boldt hat einen Anruf von Holstein bekommen und zu mir gesagt: Markus, du hast die Qualität, das dort als Trainer zu machen. Ich habe mich mit den Holstein-Verantwortlichen unterhalten. Danach dachte ich: Probiere es einfach mal.“

Aus dem Probieren wurde eine Erfolgsgeschichte. Am 13. Mai 2017 stieg Anfang mit den „Störchen“ in die 2. Bundesliga auf und sorgte in der Hinserie für Furore. In der Rückrunde läuft es nicht mehr wie gewünscht, doch trotz nur zwei Siegen  ist Kiel noch mittendrin im Aufstiegsrennen. Auch, weil Anfang meistens spektakulären Fußball spielen lässt.

Offensive Spielphilosophie

Der Trainer stehe für eine sehr offensive Spielphilosophie, sagt Andreas Geidel, der für die „Kieler Nachrichten“ regelmäßig über Holstein berichtet.  „Sein  Grundprinzip ist, das Spiel dominieren zu wollen über viel Ballbesitz und ein extrem schnelles Umschaltspiel mit Pressing. Er ist ein penibler Verfechter von besprochenen Laufwegen. Seine Ansprache kommt bei den Spielern an.“

Für Gelsdorf ist Anfangs Erfolg nicht überraschend, er habe  den „logischen Weg“ eingeschlagen, seine Qualitäten seien bereits in Leverkusen zu erkennen gewesen. „Aber was er dann bei einem eher kleinen Verein wie Holstein schon erreicht hat, davor kann man nur den Hut ziehen.“ Gelsdorf würde Anfang auch den Job in Köln zutrauen. „Warum auch nicht?“

Ruthenbeck nicht begeistert

Nicht begeistert von den Spekulationen um Anfang ist  der  amtierende Trainer.  Stefan Ruthenbeck (45) hält die Berichterstattung zwar für legitim, wie er sagt, sie trage allerdings nicht dazu bei, „dass ich besser schlafe“. Dennoch wird der Trainer nicht müde zu betonen, dass „die Dinge klar formuliert“ seien.  Der Klub und er seien „absolut im Reinen“ darüber, wie es mit ihm  weitergehe. Nur offiziell verkündet hat das auch noch keiner.

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