Nach 0:2 in BerlinSteffen Baumgart ruft beim FC den Abstiegskampf aus

Lesezeit 4 Minuten
Steffen Baumgart steht mit kurzen Ärmeln und seiner berühmten Schiebermütze am Spielfeldrand im Berliner Olympiastadion und hält sich verzweifelnd die Hand vor den Mund.

FC-Trainer Steffen Baumgart sah am Samstag in Berlin eine entschlossene Mannschaft, die in der Schlussphase nicht mehr zu einer Reaktion in der Lage war.

Der 1. FC Köln präsentiert sich beim 0:2 im Berliner Olympiastadion offensiv und defensiv zu fehlerhaft, besonders Adamyans kurioser Fehlschuss bleibt in Erinnerung.

Irgendwo in den Weiten Westfalens musste Christian Keller Verantwortung übernehmen. Draußen lag die Nacht über dem Land, im ICE der Deutschen Bahn von Berlin nach Köln stimmten die Fans des 1. FC Köln Sprechchöre an, die dem Sportchef keine Wahl ließen: „Keller gibt einen aus/Keller gibt einen aus/Keller, Keller gibt einen aus!“, donnerte es durch das Bordrestaurant des selbstverständlich deutlich verspäteten Zuges.

Keller sah gleich ein, dass die Forderungen berechtigt waren, nach dem 0:2 (0:1) des 1. FC Köln bei Hertha BSC hatten sich die reisenden Fans eine Kompensation verdient. Allerdings hatten die Kölner zu diesem Zeitpunkt längst ihre Spuren hinterlassen im Bestand des Bordbistros. Und so gingen nach Kellers Griff in die Privatschatulle nicht nur die letzten Bierflaschen des Abends über die Theke. Sondern auch die eine oder andere Flasche Wein.

1. FC Köln sackt durch in Richtung Relegationsplatz

Die Niederlage in Berlin hatte mehrere unglückliche Dimensionen. Zunächst einmal hat sich das Tabellenbild nach der dritten Pleite in Folge deutlich eingetrübt. Nur noch drei Punkte vor dem Relegationsplatz liegen die Kölner nach dem 15. Spieltag auf Rang 13 der Tabelle. Nach dem zehnten Spieltag war der FC noch Siebter – mit einem Zähler Rückstand auf die Champions League. Vier Wochen ist das her.

Alles zum Thema Steffen Baumgart

Dass Keller am Samstagabend besonders in die Verantwortung gezwungen wurde, lag daran, dass es seine Verpflichtungen des Sommers waren, die ursächlich dafür gewesen waren, dass es nichts geworden war mit einem letzten Erfolg vor der 70-tägigen Winterpause: In der neunten Minute hatte sich Luca Kilian, im Sommer für zwei Millionen Euro verpflichtet, von Kanga düpieren lassen. Überhaupt war der teuerste Zugang des Sommers einmal mehr viel zu fehleranfällig.

Baumgart springt Adamyan zur Seite

Die Szene des Tages allerdings hatte Kölns zweitteuerster Zugang geboten: Nach einer Viertelstunde war es Sargis Adamyan gelungen, eine Hereingabe Linton Mainas aus vier Metern sensationell auf die Latte des leeren Tores zu heben. Die 60 000 Augenzeugen im Olympiastadion trauten ihren Augen nicht. Steffen Baumgart jedoch gestand hinterher, eine vergleichbare Szene durchaus schon gesehen zu haben: „Als ich Stürmer war. Wir müssen das jetzt nicht auswerten; jeder Trainer, jeder Spieler weiß, dass so ein Ding reinmuss. Wir ärgern uns darüber, aber dann ist auch gut.“

Adamyan, ein stiller Profi von mittlerweile 29 Jahren, versteckte sich nach dem Spiel nicht. „Ich kann das schwer erklären, ganz ehrlich. Ich wollte den Ball mit der Innenseite treffen, treffe ihn aber mit dem Spann. Und dann geht er halt übers Tor“, beschrieb der Armenier, der im Sommer aus Hoffenheim nach Köln gewechselt war: „Mir fehlt zurzeit das Abschlussglück, wobei die Chance heute nichts mit Glück zu tun hatte. Die muss einfach rein.“

FC-Trainer Steffen Baumgart redet zur Halbzeit des Spiels gegen Hertha BSC noch auf dem Platz auf Angreifer Linton Maina ein, der während des ersten Durchgangs mehrere Großchancen vergeben hatte.

Schon zur Halbzeitpause suchte Steffen Baumgart das Gespräch mit seinem rasanten, aber erneut Abschluss-schwachen Angreifer Linton Maina.

Adamyan steht in Köln bislang bei einem Treffer in acht Bundesligaspielen. Zu wenig, und auch deshalb wurde Keller im Zug aufgefordert, einen auszugeben. Der Sportchef akzeptierte die Fakten, doch blieb er bei seiner Meinung: „Adamyan kommt noch – zu hundert Prozent“, sagte er. Auch Steffen Baumgart war weit davon entfernt, irgendwen abzuschreiben. Dennoch stellte der Kölner Trainer klar fest, was die Stunde geschlagen hat. „Wir sind im Abstiegskampf. Wir stehen noch drei Punkte vor dem Relegationsplatz. Das bedeutet Abstiegskampf, alles andere wäre Augenwischerei“, bekannte der Trainer im Tiefgeschoss des Olympiastadions.

Beim 0:1 hatten die Kölner eine Kopie des 0:2 gegen den SC Freiburg vom Sonntag zuvor zur Aufführung gebracht. Nach einem Einwurf durfte Plattenhardt frei flanken, Kanga schlich sich in Kilians Rücken davon und versenkte freistehend. Marvin Schwäbe mahnte dazu, diesen Fehler kein weiteres Mal zu zeigen: „Kann natürlich sein, dass sich die Gegner das auch mal anschauen“, sagte der Kölner Keeper.

Doch auch Schwäbe hatte gute Ansätze gesehen. Adamyan hatte noch eine zweite Großchance verplempert, dann war Linton Maina allein auf das Berliner Tor zugelaufen und hatte den Ball am langen Pfosten vorbeigemurmelt. Köln war konkurrenzfähig, aber in den entscheidenden Situationen nicht auf der Höhe. „Wenn wir unsere Chancen nutzen, sieht es schon zur Halbzeit ganz anders aus“, urteilte Schwäbe.

Steffen Baumgart freut sich nun über die Pause. „In der zweiten Halbzeit haben die Jungs noch einmal alles versucht, aber man hat gesehen, dass die Luft raus war. Es ist leider so: Die Jungs sind durch. Sie haben alles probiert. Aber es ging nicht mehr.“

KStA abonnieren