Vor dem KrisengipfelAnspannung in Bochum, FC-Trainer Schultz setzt auf Gelassenheit

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1. FC Köln, Training, Timo Schultz (1. FC Köln), 25.03.2024, Bild: Herbert Bucco

FC-Trainer Timo Schultz bleibt vorerst gelassen. Am Samstag spielt seine Mannschaft gegen den VfL Bochum.

Der Ausgang der Partie zwischen Köln und Bochum könnte das Tabellenbild im unteren Drittel der Bundesliga nachhaltig verändern.

Timo Schultz hat in seiner Kölner Zeit bislang beinahe ausschließlich positiv über seine Mannschaft gesprochen, der Trainer hält sich strikt daran, seiner Mannschaft eine veränderte Ansprache zu präsentieren. Steffen Baumgart war in seiner Kölner Schlussphase der Blick für das Gute abhandengekommen, die Stimmung hatte sich nach zweieinhalb Jahren unumkehrbar eingetrübt.

Schultz dagegen ist zwar sachlich-streng, in dieser Woche passte der Trainer sogar den Ton an und rief seine Spieler auf dem Trainingsplatz in ungewohnter Lautstärke zur Ordnung. Doch grundsätzlich bemüht er sich um eine positive Ausstrahlung. So auch vor dem ersten Richtungsspiel dieses Frühjahrs: Am Samstag (15.30 Uhr) begrüßt der 1. FC Köln den VfL Bochum in Müngersdorf, das Spiel könnte großen Einfluss auf das Tabellenbild im unteren Drittel haben. Mit einem Sieg würde der VfL den Abstand auf Köln und den direkten Abstiegsplatz auf zehn Punkte vergrößern. Sollte Mainz das Parallelspiel gegen Darmstadt gewinnen, geriete sogar der Relegationsplatz außer Reichweite.

Viel Druck also, doch Schultz betonte in dieser Woche vor allem die Möglichkeiten, die das Heimspiel seiner Mannschaft eröffne: „Wir wissen, dass wir eine Riesenchance haben“, sagte Schultz und bemühte sich, den Druck von seinen Leuten zu nehmen: „Ich gehe davon aus, dass die wichtigsten Spiele der Saison noch kommen werden.“

Nach dem Spiel gegen Bochum reisen die Kölner zum FC Bayern, anschließend treffen sie nacheinander auf die direkten Konkurrenten Darmstadt und Mainz. Der FC hat sein Schicksal nach wie vor in der Hand, wenngleich Siege weiterhin nicht leicht zu haben sein werden, vor allem in Mainz nicht. Doch Schultz denkt vorerst nur an Bochum. „Wir konzentrieren uns auf uns und wollen drei Punkte mehr auf dem Konto haben, das ist das Entscheidende.“ Er habe noch immer die Hoffnung, „dass wir in einen Lauf kommen, eine kleine Serie starten“, sagte Schultz am Donnerstag.

Mit einem Sieg über Bochum versetzte sich der FC womöglich sogar in die Lage, von einer Sensation in München träumen zu dürfen. Die Bayern haben in dieser Saison immer wieder schlechte Tage. Einen davon etwa nutzte der VfL Bochum beim 3:2-Sieg im Februar.

Wir haben ein schlechtes Training gemacht. Das sollte nicht so sein, besonders zum jetzigen Zeitpunkt. Ich bin ein bisschen angefressen und denke viel nach
VfL-Trainer Thomas Letsch

Anschließend verlor das Team von der Castroper Straße allerdings vier Partien nacheinander, und beinahe noch schlimmer als eine weitere Pleite war das 2:2 am vergangenen Sonntag nach 2:0-Führung gegen Darmstadt. Der VfL, nach dem Sieg über München zwischenzeitlich Tabellen-Elfter, hat vor dem Endspurt nicht gerade das Momentum auf seiner Seite. Dennoch geht Thomas Letsch die Dinge anders an als sein Kölner Kollege. Letsch stammt aus Esslingen am Neckar, wo er einst als Gymnasiallehrer für Mathematik und Sport wirkte, eher er sich für eine Laufbahn im Profifußball entschied. 550 Kilometer Luftlinie trennen die Geburtsorte beider Trainer, Schultz stammt aus Esens im Landkreis Wittmund in Ostfriesland, wo man die Dinge offenbar weniger forsch adressiert.

Letsch, der die Bochumer in der vergangenen Saison in prekärer Lage übernahm und noch zum direkten Klassenerhalt führte, scheint noch unter den Folgen des Spiels in Darmstadt zu leiden. Der Geduldsfaden war im Vorlauf der Partie jedenfalls dünn genug, um eine schlechte Trainingseinheit auf dem Podium der Spieltags-Pressekonferenz öffentlich zu thematisieren.

Trainer Thomas Letsch ist nach den jüngsten Auftritten seiner Mannschaft in Spiel und Training ins Grübeln geraten.

Trainer Thomas Letsch ist nach den jüngsten Auftritten seiner Mannschaft in Spiel und Training ins Grübeln geraten.

Zwar wirkte der 55-Jährige nicht ratlos oder gar getrieben. Doch ließ er sich ausführlich beim Denken zuhören, was ungewöhnlich ist für einen Bundesligatrainer in schwieriger Lage. „Wir haben ein schlechtes Training gemacht. Das sollte nicht so sein, besonders zum jetzigen Zeitpunkt. Ich bin ein bisschen angefressen und denke viel nach. Ich muss ein paar Dinge noch sortieren“, beschrieb Letsch und offenbarte einen Branchen-untypischen Blick in sein Trainerherz.

Dennoch, „von einem Schock sind wir meilenweit weg. Ich bin auch durchaus in der Lage, dieses Training zu verarbeiten“, erklärte er und bemühte sich um eine Einordnung: „Wir haben gegen Darmstadt bis zur 62. Minute eines unserer besten Spiele gemacht. Deshalb jetzt das große Ganze in Frage zu stellen, wird nicht passieren. Jeder erlebt mal schlechte Arbeitstage. Dann muss man die Schlüsse daraus ziehen. Ich mache mir jetzt keine Sorgen und sage ojemine. Aber ich mache mir Gedanken. Manchmal ist es gut, wenn es kurz gewittert.“

Ich gehe davon aus, dass die wichtigsten Spiele der Saison noch kommen werden
FC-Trainer Timo Schultz

Nach einer Stunde hatte Bochum in Darmstadt noch 2:0 geführt, dann trafen Skarke und Vilhelmsson zum Ausgleich. „Die Stimmung war anschließend schlecht, am Mittwoch war sie gut, am Donnerstag wieder schlecht. So ist das Leben“, sagte Letsch, der gute Nachrichten für die Kölner hatte: „Es ist sehr einfach für den Gegner, gegen uns ein Tor zu erzielen. Es reichen wenige Chancen.“

Der FC hat in dieser Saison enorme Schwierigkeiten, Tore zu erzielen. Zuletzt hatte Timo Schultz seine Aufstellung angepasst und eine offensivere Variante innerhalb der üblichen Struktur versucht. Davon wird er in Teilen wieder abweichen, Eric Martel dürfte ins defensive Mittelfeld zurückkehren, um die Kreise von Kevin Stöger stören zu helfen. Der Österreicher spielt eine außergewöhnliche Saison, vor allem setzt er die schnellen Bochumer Flügelspieler regelmäßig in Szene.

Im Angriff dürfte Schultz wieder auf das Duo aus Davie Selke und Sargis Adamyan setzen, das zuletzt zueinander zu finden schien. Damion Downs dagegen wurde zur Regionalliga-Mannschaft abgestellt. Der 19-Jährige, vor drei Wochen noch Torschütze im Derby gegen Borussia Mönchengladbach zum 3:3, soll sich bei der Reserve Spielpraxis verschaffen. Für ihn kehrt Stürmer Steffen Tigges in den Kader zurück.

Für Bochums Coach ist klar, dass es ein schwerer Gang wird für seine angeschlagene Mannschaft. „Die Kölner glauben an ihre Chance. Zu Hause, mit ihren Fans. Da wird die Bude brennen.“ Womöglich wird es dann auch darauf ankommen, wem es besser gelingt, die richtige Ansprache zu finden. Dem Ostfriesen Schultz. Oder Thomas Letsch aus Schwaben.

1. FC Köln: Schwäbe - Thielmann, Hübers, Chabot, Finkgräfe - Martel, Ljubicic - Alidou, Kainz - Adamyan – Selke; VfL Bochum: Riemann - Passlack, Masovic, Schlotterbeck, Bernardo - Losilla, Osterhage - Bero, Stöger - Asano, Hofmann; Schiedsrichter: Welz (Wiesbaden).

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