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Baskets Bonn vor Halbfinale„Wir hatten gar keine Mannschaft mehr“

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Andreas Boettcher ist als Sportmanager einer der Architekten des Bonner Erfolgs. 

Bonn – Erstmals seit 13 Jahren stehen die Baskets Bonn wieder im Halbfinale der Basketball-Bundesliga. Am Samstag beginnt die Playoff-Serie gegen Bayern München, einem der besten Klubs in Europa. Ob es da überhaupt noch Hoffnungen aufs Finale gibt für die Rheinländer? Andreas Boettcher ist zuversichtlich. Mit dem Kölner Stadt-Anzeiger spricht der Sportmanager der Baskets Bonn über die vergangene Saison, den neuen Trainer und die Sponsorensuche.

Herr Boettcher, erstmals seit 13 Jahren stehen die Baskets Bonn wieder im Halbfinale um die deutsche Meisterschaft. Sind Sie aufgeregt?

Nein. Die Aufregung stellt sich bei mir erst so zehn Minuten vor Tip-off ein. Jedes Mal. Wir haben eine lange Tradition von Spielen gegen Bayern München. Für mich sind es solche Spiele, für die ich diesen Job mache.

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Am Freitag wollen die Baskets Bonn wieder jubeln.

Ihr Halbfinalgegner Bayern München hat einen deutlich größeren Etat als Sie, ist international erfahren. Machen Sie sich da überhaupt noch Hoffnungen?

Wir fühlen uns wohl in der Rolle, nicht der Favorit zu sein. Ich glaube, dass wir jeden Gegner in dieser Liga schlagen können. Auch die Bayern. Es wird nur schwer, das in einer Serie aus bis zu fünf Spielen zu tun. Durch die kurzen Abstände zwischen den Spielen hat eine Mannschaft wie Bayern München einen enormen Vorteil. Ich hab‘ mir mal den Spaß gemacht und auf dem Papier aus dem gesamten Bayern-Kader zwei Mannschaften geformt. Wenn Sie sehen, wer da in den zwei Teams auf dem Platz stehen würde, da fallen jedem normalen Menschen die Augen aus dem Kopf.

Die Baskets hingegen standen hier vor einem Jahr noch mit einem Rumpfteam. 14 Spieler hatten den Verein verlassen.

Wir hatten eigentlich gar keine Mannschaft mehr. Auch das Trainerteam musste mein Vorgänger komplett neu aufstellen.

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Parker Jackson-Cartwright wechselte aus der zweiten französischen Liga nach Bonn.

Das ist ja selbst für das schnelllebige Basketballgeschäft eine Horror-Vorstellung.

Was den Kader angeht, ist eine solche Rochade gar nicht so unüblich. Im Basketball spielst du häufiger mal mit stark wechselnden Mannschaften. Das hat auch einen wirtschaftlichen Hintergrund. Ein Spieler, der länger bleibt, will im Zweifel immer mehr verdienen. Deshalb suchen wir Spieler, die vielleicht eher aus unterklassigen Ligen kommen, sich bei uns aber sehr schön entwickeln können.

Und das ist Ihnen gelungen?

Ich denke schon. Parker Jackson-Cartwright, der dieses Jahr ziemlich eingeschlagen ist, kam aus der zweiten französischen Liga zu uns. Den kannten davor ganz, ganz wenige. Für einen Basketballer ist er sehr klein, dafür sind seine Leistungen momentan umso größer.

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Führte die Baskets in seiner Premierensaison gleich an die Tabellenspitze: Tuomas Iisalo.

Waren diese vielen Kaderplanungen trotzdem eine Herausforderung für Sie?

Ich habe diesen Job ja erst zu Saisonbeginn von meinem Vorgänger Michael Wichterich übernommen. Er hat diese Mannschaft und das Trainerteam maßgeblich geformt, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Hinzu kommt, dass unser neuer Trainer ein sehr eigener Kopf ist. Als Tuomas Iisalo im Sommer hier anfing, hatte er ziemlich genau im Blick, was für Spieler er wollte. Das erleichtert einem die Arbeit.

Sie haben Tuomas Iisalo, den neuen Trainer, angesprochen. Welchen Anteil hat er am Erfolg der Baskets?

Tuomas ist der wichtigste sportliche Angestellte, den der Verein hat. Und das mit großem Abstand. Er ist unglaublich selbstbewusst, ehrgeizig und fordernd im Training. Das prägt eine neu zusammengewürfelte Mannschaft.

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Welche Erwartungen hatten Sie, als Sie mit einer komplett neuen Mannschaft und frischem Trainergespann in die Saison gestartet sind?

Erwartungen hatte ich keine, eher Hoffnung. Wir haben zwei sehr schwere Spielzeiten hinter uns. Ich hab‘ mir deshalb einfach nur gewünscht, zurück ins alte Fahrwasser zu finden. Diese Hoffnung setzte bei mir schon ein, als ich unseren neuen Trainer bei der Arbeit zugeschaut habe. Ich weiß nicht, wie viele Einheiten ich in meinem Leben schon gesehen habe. Aber da stand ich in der Halle und dachte echt: Oh, das ist jetzt was völlig Neues. Tuomas versprüht bei allem, was er macht, ein Feuer. Jeder Trainer redet von Intensität und all dem Kram. Aber Tuomas sagt das nicht nur, er lebt das.

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Im Viertelfinale der Playoffs setzten sich die Bonner gegen die Hamburg Towers (im weißen Jersey) durch.

Und wann wurde aus der Hoffnung der Gedanke, dass da wirklich etwas gehen könnte?

Als wir das erste Auswärtsspiel gegen Alba hatten und das Ding mit zwei Punkten gewannen. Kurz darauf gab es noch ein knapp gewonnenes Spiel gegen Ulm. Danach konnte man sagen: Ja, wir sind angekommen.

Jetzt stehen Sie in den Playoffs, haben das Halbfinale erreicht. Wie geht man als Mannschaft in so eine entscheidende Phase der Saison?

Es ist wichtig, dass man sich von der überschäumenden Stimmung der Fans nicht zu sehr mitreißen lässt. Die Mannschaft muss ihr Tempo, ihre Struktur beibehalten. Du kannst in den Playoffs ein Spiel mit 20 Punkten verlieren, das ist bei bis zu fünf Spielen erstmal egal. Von dieser Besonderheit des Playoff-Systems darf man sich nicht verrückt machen lassen.

Zur Person: Andreas Boettcher

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Andreas Boettcher ist als Sportmanager einer der Architekten des Bonner Erfolgs.

Andreas Boettcher, 68 Jahre alt, ist Basketball-Enthusiast durch und durch. Bei den Baskets Bonn ist der ehemalige Journalist seit 25 Jahren in verschiedenen Positionen aktiv. Nach einer längeren Pause kehrte er im vergangenen Sommer als Sportmanager zurück. Er ist auch Mitgesellschafter der BonBas GmbH, die wirtschaftliche Trägerin des Profibereichs. 

Sie sind seit vielen Jahren eng mit dem Verein verbunden. Leiden Sie jetzt anders mit als die Spieler und Funktionäre, die erst seit einem Jahr in Bonn sind?

Das glaube ich nicht. Trainer kommen und gehen, Spieler kommen und gehen. Da ist überhaupt nix Dramatisches dran. Mir geht es darum, den Basketball-Standort Bonn nachhaltig zu entwickeln. Leider haben viele unserer Mitbewerber aus der Region diese Nachhaltigkeit nicht hinbekommen. Hagen, Trier, Leverkusen, Köln spielen alle nicht mehr in der Bundesliga.

Hat sich bei den Baskets im vergangenen Jahr etwas getan, was diese Nachhaltigkeit angeht?

Wir haben zwei Dürrejahre verkraftet und den Schalter wieder umgelegt. Das hat uns gezeigt: Wir haben ein gutes Konzept, wir haben die richtigen Ideen.

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Noch ist hier alles Magenta: Der Telekom Dome, Heimspielstätte der Baskets Bonn.

Und inwiefern hat sich der sportliche Erfolg auf die Bonner Fanszene ausgewirkt?

Was die Pandemie da für einen Schaden angerichtet hat, ist schwer zu beurteilen. Dass es einen gewissen Schaden gibt, sehen wir aber an den Zuschauerzahlen der anderen Vereine. Momentan klagen wir nicht. In den Playoffs haben wir sowieso gute Zuschauerzahlen, das war aber auch in der Hauptrunde so. Der sportliche Erfolg hilft uns. Jetzt müssen wir abwarten, was sich daraus entwickelt.

Hochklassigen Basketball gibt es in der Region zwar keinen mehr, dafür viele andere Konkurrenzangebote. Machen es die Ihnen schwer?

Basketball ist eine Randsportart, klar. Wir sind jung auf diesem Niveau, auch das ist richtig. Aber ich bin überzeugt: Wenn man sportliche Erfolge feiert, kommen die Leute. Da ist egal, um welche Sportart es sich handelt.

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Andreas Boettcher (rechts) im Gespräch mit einem Spieler der MHP Riesen Ludwigsburg.

Viele Basketballvereine Ihres Kalibers sind längst daran interessiert, ihre Marke regional und international bekannt zu machen.

Regional zu schauen finde eine gute Sache, das passt zu uns. Aber diesen europäischen Ehrgeiz, den andere deutsche Verein erkennen lassen, haben wir momentan nicht.

Fester Bestandteil der Marke „Baskets Bonn“ war lange die Telekom als Namens- und Hauptsponsor, die nun ihr Engagement beendet. Ist das eine Zäsur für den Verein?

Also erstmal verlieren wir die Telekom nicht komplett. Sie bleibt uns bis 2025 als Sponsor erhalten, wenn auch zu reduzierten Konditionen. Insofern ist das unangenehm, aber es wird uns nicht töten.

Wie läuft die Suche nach einem Nachfolger?

Die läuft.

Das heißt?

(lacht) Wir haben die Lizenz für das nächste Jahr ohne Einschränkungen bekommen. Sie wissen, was das bedeutet?

Sie müssen dafür ein gewisses Budget in Millionenhöhe vorweisen.

Exakt. Drei Millionen muss man nachweisen. Das haben wir. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Wird es also – ganz egal, wie diese Saison ausgeht – im Herbst wieder einen erfolgreichen Bundesligisten am Rhein geben?

Davon gehe ich aus. Die kontinuierliche Arbeit unseres Trainers stimmt mich zuversichtlich. Und die Möglichkeiten, die sich derzeit sportlich abzeichnen, sind vielversprechend.

Am Freitag startet die Halbfinal-Serie gegen München. Auf was freuen Sie sich am meisten?

Wenn unsere Jungs das umsetzen, was sie im Training abliefern. Dann spielen wir auf jeden Fall gut, mit hoher Intensität und großer Verteidigungsbereitschaft. Aus Fansicht wird die Stimmung in der Halle gigantisch – vor allem, wenn die Jungs auf dem Parkett abliefern.