Bayer 04 LeverkusenFlorian Wirtz ist enttäuscht, Xabi Alonso fordert Realismus

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Xabi Alonso an der Alten Försterei

Xabi Alonso an der Alten Försterei

Nach dem 0:0 in Berlin richtet der Trainer den Blick auf die Serie vn 14 Spielen ohne Niederlage. Und die realistischen Ziele der Saison.

Nach Spielschluss stand Florian Wirtz abgekämpft vor dem Sky-Mikrofon und verlieh seiner Enttäuschung Ausdruck. „Ich hätte das Spiel heute gern gewonnen“, sagte der Jungstar von Bayer 04 Leverkusen nach dem 0:0 bei Union Berlin. „Wir haben uns aber schwergetan und wenige Chancen erspielt. Deshalb ist das Ergebnis vielleicht sogar gerecht, aber ich hätte gerne gewonnen.“ Hier sprach der Ehrgeiz des talentiertesten deutschen Jung-Profis, jedes Spiel gewinnen zu wollen. Unentschieden sind prinzipiell nicht akzeptabel. Und dieses Unentschieden hatte Folgen.

Nur ein Sieg beim Tabellendritten der Liga hätte den Traum am Leben erhalten, trotz einer katastrophalen Vorrunde noch Platz vier und die Champions League über die Bundesliga zu erreichen. Mit acht Punkten Rückstand bei noch vier ausstehenden Spielen ist das für den Tabellensechsten unrealistisch geworden. Der Blick geht in der Liga auf die Europa-League-Qualifikation und international auf den aktuellen Wettbewerb, in dem die Werkself gegen AS Rom (11. Mai/18. Mai) das Endspiel erreichen kann, dessen Sieger schließlich das Champions-League-Ticket von der Uefa bekommt.

Bevor der Punkteverlust an der aktuell uneinnehmbaren Festung Alte Försterei zu Frust oder gar Depressionen führte, schritt allerdings der Trainer ein. Xabi Alonso wollte nicht zulassen, dass eine Serie von inzwischen wettbewerbsübergreifend 14 Spielen ohne Niederlage vor dem Saisonfinale negative Aspekte bekommt. „Wir wussten, dass es ein hartes Spiel wird. Union hat hier diese Saison noch nicht verloren. Und wir haben gespürt, warum. Am Ende glaube ich, dass das Unentschieden fair ist“, sagte der Spanier, bevor er die entscheidenden Sätze äußerte: „Wir müssen realistisch sein. Wir dürfen nicht dumm sein.“

Alonso sieht den Wert eines Punktgewinnes bei Union

Der Welt- und Europameister unternahm alle Anstrengungen, den Wert eines Punktgewinnes bei einem seit nunmehr 21 Heimspielen ungeschlagenen Team zu sehen. „Wir haben gut verteidigt“, sagte Xabi Alonso, der aus der Schießbude Bayer 04 die 2023 zweitbeste Defensive der Bundesliga gebastelt hat. Dabei half ihm auch die Vielseitigkeit seiner Verteidiger, die abgesehen von Jonathan Tah alle mindestens zwei Positionen bekleiden können. Und der Defensivchef spielt seit Wochen auf solch hohem Niveau, dass der Gedanke an seinen drohenden Abgang im Sommer in Richtung Premier League zu schmerzen beginnt.

Diesmal half Innenverteidiger Edmond Tapsoba auf der Sechserposition aus, weil Exequiel Palacios (Muskelprobleme) und Nadiem Amiri (5. Gelbe Karte) ausgefallen waren. So entwickelte sich ein Spiel, bei dem beide Teams am Ende drei Torchancen erspielt hatten, die man mit gutem Willen als verheißungsvoll bezeichnen konnte. Die beste davon vergab in der 17. Minute Moussa Diaby frei stehend, als er nach Zuspiel von Florian Wirtz den Ball unbedrängt über das Berliner Tor knallte. Der Rest war ein zähes Ringen um Räume und Positionen, in dem der Ball eine Nebenrolle spielte.

Wir wollen alle vier Spiele in der Liga gewinnen
Florian Wirtz

Es ist allerdings eine neue Qualität von Bayer 04, Mannschaften wie Union Berlin dieselbe kriegerische Humorlosigkeit entgegenstellen zu können. Vor allem in den Partien gegen den AS Rom wird sie unerlässlich sein, denn die Mannschaft des Ergebnisfanatikers José Mourinho behauptet sich mit denselben Eigenschaften in der Spitzengruppe der Serie A. Am Samstag glaubte sie den Sieg gegen den Konkurrenten AC Mailand nach dem 1:0 in der vierten Minute der Nachspielzeit schon in der Tasche zu haben, bis Saelemaekers in der 97. Minute ausglich.

Xabi Alonso erinnerte in seiner Bewertung des 0:0 von Berlin noch einmal daran, dass es zu Beginn des Jahres schlechter um die Saisonziele von Bayer 04 bestellt war und noch viel schlechter, als er die Werkself Anfang Oktober auf einem Abstiegsplatz übernahm. Am Ehrgeiz seines wichtigsten Spielers änderte der Realismus des Erfahrenen allerdings wenig. Auf die Frage, was sein Ziel für die letzten vier Bundesliga-Spiele des Jahres beginnend mit dem Derby gegen Köln am Freitag sei, antwortete Florian Wirtz grimmig: „Wir wollen sie alle vier gewinnen.“

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