Bayer 04 Leverkusen zeigt beim zweiten Champions-League-Erfolg eine erwachsene Leistung. Der Matchwinner genießt ein wenig Narrenfreiheit.
Siegtorschütze gegen AC Mailand„Das ist Boniface“ – Stürmer zwischen Genie und Eigensinn
Die nötige Portion Glück hatte Bayer 04 auch bei der gelungenen Heimpremiere der Königsklasse 2024/25 auf seiner Seite. Ein abgefälschter Schuss von Theo, der an die Latte krachte. Oder der Leichtsinn Lukas Hradeckys, dessen verschlafener Abschlag beinahe von Alvaro Morata ins Tor geblockt wurde. Doch letztlich gab es am Dienstagabend keine zwei Meinungen über den verdienten Leverkusener 1:0-Heimerfolg gegen den AC Mailand – dem nächsten großen Schritt in Richtung K.o.-Phase der neu formierten Champions League.
Trainer Xabi Alonso war erwartungsgemäß stolz, der Spanier schwärmte von der „sehr seriösen und erwachsenen Leistung“ seiner Mannschaft. Es war das zehnte internationale Heimspiel in Serie ohne Niederlage – Vereinsrekord.
Bayer 04 Leverkusen und das „Champions-League-Mindset“
Der Doublesieger insgesamt und einzelne Eckpfeiler wie Mittelfeldstratege Granit Xhaka sind zwar noch ein Stück weit entfernt von der Über-Form der vergangenen Saison, doch die letzten beiden Partien sind Beleg einer wichtigen Entwicklung der Werkself. Beim 1:1 im Bundesliga-Topspiel in München hatte es Bayer 04 mit einer Pressing- und Gegenpressing-Maschine zu tun. Leverkusen passte seinen Matchplan an und leistete dem Rekordmeister erfolgreich Widerstand. Nur um drei Tage später einem komplett anderen und passiven Gegner wieder sein dominantes Spiel aufzuzwingen – zumindest für knapp 60 Minuten, ehe die Kräfte nachließen.
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Auch für diese Phase hatte sich Xabi Alonso etwas ausgedacht und den Fokus rechtzeitig auf Kompaktheit gelegt. In der Doublesaison hätte Bayer 04 womöglich noch diverse Konter zum 2:0 oder 3:0 gefahren. Doch der Trainer und seine Mannschaft wissen, was derzeit möglich und nötig ist, um die bestmögliche Punkteausbeute einzufahren („Champions-League-Mindset“). Gegen Mailand schaltete Leverkusen in der Schlussphase in den Defensivmodus. „Ein Ergebnis zu verteidigen“, sagte Xabi Alonso, „das brauchen wir, wenn wir lange dabei sein wollen in der Champions League.“
Xabi Alonso kann Defensiv-Probleme der Werkself beheben
In den ersten Bundesliga-Wochen hatte sich Leverkusen Hintermannschaft noch reichlich löchrig präsentiert, in der Königsklasse und zuletzt gegen die Bayern wirkte die Werkself schon stabiler. „Wenn wir diszipliniert sind und diese Mentalität auf den Platz bringen, ist es brutal schwer, Tore gegen uns zu erzielen“, lobte Xhaka, der die Defensivleistung nach dem wilden 4:3 gegen Wolfsburg noch deutlich kritisiert hatte. Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes lobte die „defensive Widerstandskraft zur richtigen Zeit“.
Offensiv ist Bayer 04 in der Regel ohnehin jederzeit für spielentscheidende Einfälle gut. Gegen den AC Mailand war es ein wunderbarer Angriff in der 51. Minute: Der überragende Aleix Garcia steckte den Ball durch zu Alejandro Grimaldo, der Spanier legte mit der Hacke ab zu Jeremie Frimpong. Der im Abschluss glücklose Niederländer scheiterte zwar an Mike Maignan, doch Victor Boniface drückte den Abpraller zum Siegtor über die Linie.
Victor Boniface trifft und erntet viel Lob
Mit seinem Premierentreffer in der Champions League belohnte sich der Nigerianer für einen kräftezehrenden Auftritt mit zahllosen Sprints, Dribblings und Abschlüssen. Selbst wenn es Boniface in einigen Situationen mit dem Eigensinn auf die Spitze trieb. Anstatt links oder rechts auf die freien Frimpong oder Grimaldo rauszuspielen, suchte er Ende der ersten Halbzeit den Beinschuss gegen mehrere Verteidiger im Zentrum. Mit einem Lächeln analysierte Xabi Alonso diese und ähnliche Szenen des Sturmtanks. „Wir kennen ihn, wir verstehen ihn, wir unterstützen ihn. Am Ende haben wir 1:0 gewonnen, der Stürmer hat ein Tor geschossen. Er hat seine Aufgabe sehr gut gemacht“, sagte der Trainer. „Das ist eben Boni.“
Auch für Xhaka überwiegen beim Eigensinn des Stürmers die Vorteile. „Das ist Boniface. Deswegen ist er auch so beliebt in der Mannschaft. Er hat Aktionen, in denen er natürlich etwas probiert. Wenn es klappt, sagen alle: wow. Nach dem Spiel gegen Feyenoord haben alle eine Woche lang nur über Boniface und diesen Pass geschrieben (Trick-Pass mit dem Standbein vor dem 2:0 durch Grimaldo, d. Red.)“, so Xhaka. „Und jetzt sagt man: Vielleicht ist es ein bisschen zu viel. Nein – der Junge hat Spaß am Fußball. Er will jeden Moment auf dem Platz genießen.“
Weiter geht es für Bayer 04 am Samstag mit dem Heimspiel gegen Aufsteiger Holstein Kiel (15.30 Uhr/Bay-Arena). In der Königsklasse wartet am 23. Oktober die Aufgabe beim formstarken französischen Teilnehmer Stade Brest (18.45 Uhr).