Leverkusens Kapitän Robert Andrich ist auf der Suche nach seiner Form. Zwei Platzverweise in den vergangenen Wochen trüben das Bild.
Zwei Platzverweise in acht PartienRotsünder Robert Andrich steht unter Druck

Leverkusens Kapitän Robert Andrich muss nach seinem Platzverweis gegen Paris vom Platz runter.
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Seit mehr als vier Jahren trägt Robert Andrich das Trikot von Bayer 04 Leverkusen. In dieser Zeit ist er gereift – zum Führungsspieler, Nationalspieler, Meister und Pokalsieger. Trotz des großen Umbruchs im Sommer blieb er Leverkusen treu. Vor Saisonbeginn ernannte ihn Ex-Leverkusen Trainer Erik ten Hag zum neuen Kapitän des amtierenden Vizemeisters – eine nachvollziehbare und logische Entscheidung nach den Abgängen von Torwart Lukas Hradecky und Mittelfeldleader Granit Xhaka. Andrich gilt als Kämpfer, als Antreiber, als einer, der das Spiel mit Härte prägt und Präsenz ausstrahlt.
Andrich mit zwei Platzverweisen
Doch die aktuelle Saison läuft für den gebürtigen Potsdamer bislang nicht nach Plan. Andrich wirkt nicht in Form, ist zu unpräzise und langsam im Spiel nach vorn, liegt hinter seinen eigenen Ansprüchen zurück. Besonders ins Gewicht fallen seine zwei Platzverweise in den vergangenen acht Partien. Beim 3:1-Sieg gegen Eintracht Frankfurt am dritten Spieltag der Bundesliga – es war das erste Spiel unter ten-Hag Nachfolger Kasper Hjulmand – erwies er seiner Mannschaft einen Bärendienst: bereits verwarnt, rutschte Andrich völlig ungestüm in Frankfurts Ritsu Doan rein und sah Gelb-Rot.
Noch gravierender war der Platzverweis im Champions League-Spiel bei der historischen 2:7-Niederlage gegen Paris Saint-Germain diese Woche. Beim Stand von 0:1 traf Andrich Paris-Youngster Desiré Doue völlig unnötig mit dem Ellbogen im Gesicht, die Rote Karte folgte nach dem Videobeweis. Zwar konnte Leverkusen kurz danach per Elfmeter zum 1:1 ausgleichen – Paris-Verteidiger Illya Zabarnyi erhielt ebenfalls die Rote Karte – doch die ursprüngliche Grundordnung war im Zehn gegen Zehn dahin.
Nach Andrichs Platzverweis stellte Hjulmand die Formation auf Viererkette um. Im Zehn gegen Zehn hatten das Pariser Weltklasse-Ensemble zu viel Raum, zu viel Platz. Die schwache Leverkusener Defensivleistung half nicht, das Spiel kippte, drei Gegentore in sieben Minuten waren die fatale Folge.
Der Trainer hielt sich mit einer öffentlichen Schelte gegenüber Andrich zurück, seine Worte ließen dennoch keinen Zweifel: „Es war natürlich keine gute Entscheidung von ihm. Der Platzverweis ändert das Spiel. Ich sage nicht, dass wir mit elf Mann gewonnen hätten, aber es ändert in der Struktur viel. Wir sind eine junge Mannschaft und hatten noch nicht viel Zeit darüber zu sprechen, was passiert, wenn wir die Struktur umdenken müssen. Wir werden uns darum kümmern.“
WM 2026 bleibt für Andrich das Ziel
Zwischen den Zeilen kann man das so verstehen: Ein Kapitän, der vorangehen soll, darf sich solche Momente nicht leisten. Er soll Ruhe, Souveränität und Klarheit ausstrahlen, wenn das Spiel hektisch wird – nicht das Gegenteil bewirken. Härte gehörte immer zu Andrichs Profil dazu, sie ist ein Teil seines Werts für die Mannschaft. Doch Härte ohne Kontrolle hat negative Folgen. Und als mittlerweile erfahrener Fußballprofi sollten solche Aussetzer nicht mehr geschehen.
Andrich weiß, dass er sich steigern muss. In der Nationalmannschaft hat er seinen Platz eingebüßt, die WM 2026 bleibt sein Ziel. Unter Julian Nagelsmann gilt er als Wackelkandidat; in den letzten beiden Qualifikationsspielen gegen Luxemburg und Nordirland kam er auf wenige Minuten Einsatzzeit.
Chancen, sich in Zukunft wieder zu beweisen, wird er sicherlich bekommen. Bei Leverkusen ist er trotz wechselhafter Form gesetzt – nicht zuletzt, weil Alternativen fehlen. Exequiel Palacios fällt bis Jahresende aus, und auch in der Abwehr könnte Andrich gebraucht werden, sollte dort jemand verletzt sein. In den kommenden Wochen ist eine Leistungssteigerung Pflicht, will Andrich seinen Stammplatz künftig behaupten und sich für die WM empfehlen – am besten ohne weitere Aussetzer.