Bayer 04Thomas Eichin will nicht um Geld für die Fußballerinnen betteln

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Leverkusen – Am Wochenende beginnt nach einer kurzen Winterpause, in der nur ein Nachholspiel stattfand, wieder die Fußball-Bundesliga der Frauen. Bayer 04 Leverkusen und der 1. FC Köln gehen als Sechster und Siebter ehrgeizig in den Rest der Rückrunde. Wir sprachen mit Thomas Eichin, Chef der Frauen und des Nachwuchses bei Bayer 04, über die Bedeutung des Frauen-Fußballs in Leverkusen.

Herr Eichin, was konnten Sie in den eineinhalb Jahren als Chef der Frauen und des Nachwuchses bei Bayer 04 Leverkusen bewirken, immerhin war die gesamte Zeit von der Corona-Pandemie bestimmt? Corona war und ist für mich keine Ausrede, dass irgendetwas nicht vorangetrieben werden kann. Im Gegenteil: Man kann Schwerpunkte setzen, die außerhalb von Corona so nicht möglich gewesen wären. Zum Beispiel die individuelle Ausbildung der Spielerinnen und Spieler. Wir haben viel vorangetrieben im Bereich des Frauenfußballs, des Nachwuchses, aber auch der Trainerakademie mit unserem Leiter Keld Bordinggaard sowie Ismael Camenforte Lopez, der für die Trainingssteuerung mitverantwortlich ist. Wir wollen uns verbessern und uns auf ein neues Level bringen, da reicht es nicht, nur die Spieler individuell auszubilden. Wir müssen auch unsere Trainer verbessern. Ich bin ein großer Verfechter der Steigerung von Intensität. Ich bin der Meinung, dass wir noch härter und schärfer trainieren müssen. Wir müssen die Zeit, die wir zur Verfügung haben, optimal nutzen. Das klappt mittlerweile gut, wir sind noch nicht im Endstadium, aber die Trainingseinheiten sind anders, die Intensität ist anders, wir haben hier einen anderen Geist am Trainingszentrum.

Eine eigene Trainerakademie ist etwas Neues. Früher ging man davon aus, dass der Deutsche Fußball-Bund die Trainer ausbildet. Mit der Ausbildung beim DFB, die irgendwann einmal stattgefunden hat, ist es ja nicht erledigt. Du darfst die Trainer nicht in ihrem Saft schmoren lassen. Wir müssen schauen, dass die Trainer stetig weitergebildet werden, zum Beispiel auch durch externe Fachleute. Sie sollen auch Trends aus dem Ausland mitbekommen, immer wieder neue Reize zu setzen. Und besonders wichtig ist: Wir wollen hier als Bayer Leverkusen eine einheitliche Spielphilosophie entwickeln. Jeder Trainer muss das verinnerlicht haben. Natürlich sind Trainer in einem gewissen Rahmen frei, aber es gibt gewisse Grundlagen, die für alle gelten. Das ist ein einheitliches System. Nicht nur eine einheitliche Spielphilosophie, sondern auch eine einheitliche Trainingsphilosophie. Dafür brauchst du pausenlose Workshops, pausenloses Coachen unserer Trainer. Davon werden alle unsere Trainer profitieren.

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Erstmals in ihrer Karriere als Fußball-Manager tragen Sie explizit die Verantwortung für den Frauenbereich. Ich habe Frauenfußball in meiner Zeit als Geschäftsführer bei Werder Bremen schon stark verfolgt, deshalb habe ich mich schon in der Vergangenheit damit beschäftigt. Und ich habe gesagt: Wenn ich das hier bei Bayer 04 mache, dann mache ich es natürlich mit einhundert Prozent. Das bedeutet, dass ich Verbesserungen erzielen möchte. Dafür investiere ich auch mal ein wenig mehr Zeit, als es geplant war. Die Mannschaft hat eine hervorragende Entwicklung genommen, die Trainer machen einen sehr guten Job. Wir haben 2020/2021 als Tabellenfünfter eine sehr gute Saison gespielt, und wir sind auf einem guten Weg, das in dieser Saison zu bestätigen. Ich bin ein großer Fan dieser Mannschaft. Ich mag die Leidenschaft und die hohe Eigenmotivation, mit der unsere Frauen Fußball spielen. Auch sie sollen Bayer-like Fußball spielen. Da sind wir auf einem guten Weg.

Ihr Frauen-Trainer Achim Feifel hat gesagt, er spüre eine höhere Wertschätzung vom Klub dadurch, dass ihr Posten als Leiter der Frauen- und Jugendabteilung geschaffen wurde. Da ich für beide Bereiche verantwortlich bin, versuche ich natürlich auch, für beide Bereiche die besten Bedingungen zu schaffen. Wir haben als großer Klub eben auch die Aufgabe, den Frauenfußball nach vorne zu bringen und ihn stetig weiterzuentwickeln. Das ist wichtig, aber das ist ein Prozess.

Wie soll dieser Weg bei Bayer 04 Leverkusen aussehen? Wir müssen kleine Schritte tun, aber die richtigen Schritte. Ich bin froh, dass unser Geschäftsführer Fernando Carro dem Frauenfußball positiv gegenübersteht. Er ist auch regelmäßig bei der Mannschaft und gibt ihr Motivation. Wir haben hier gute Bedingungen und wollen mit diesen Bedingungen den bestmöglichen Job machen. Es geht mir nicht darum, permanent mehr Geld zu fordern. Klar, im Frauenfußball kann man mit 250 000 Euro vier Top-Spielerinnen verpflichten und in der Tabelle zwei Plätze hochrutschen. Aber darum geht es in erster Linie nicht. Es geht um die Basics. Top-Trainingsbedingungen, Top-Trainer, Top-Trainingsleistungen, Top-Intensität etc. Das sind die ersten Schritte.

Zu welchem Ziel sollen diese Schritte führen? Wenn wir mit den aktuellen Möglichkeiten dieses Jahr noch einmal einen Platz zwischen vier und sieben in der Bundesliga erreichen, dann können wir überlegen: Vielleicht steigerst du das ein bisschen und wir klopfen an einen Champions-League-Platz an. Für diesen Weg kriege ich volle Unterstützung von der Geschäftsführung. Wir alle haben die Aufgabe, den Frauenfußball zu stärken. Das langfristige Ziel muss sein, dass wir mit den Frauen in der Bundesliga eine ähnliche Rolle spielen wie unsere Männer.

Aktuell sind sie Tabellensechster, kurz hinter den Spitzenklubs. Sie verbindet mit dem 1.FC Köln eine Rivalität und Konkurrenz. Hilft das? Wir freuen uns, dass der FC wieder in der Liga ist. Wir freuen uns auch, dass der FC einen guten Job macht. Das tut allen gut. Sie haben uns in der Hinrunde ja geschlagen, das hat uns geärgert. Da haben wir noch eine Rechnung offen.

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