LeverkusenLars Bender kann die Entscheidung von Kai Havertz kaum erwarten

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Lars Bender (links) und Kai Havertz

  • Der Kapitän sagt über den Wechsel des Jungstars: "Wir alle sind gespannt, wohin der Bursche geht."
  • Die ständige Verletzungen waren für den 31-Jährigen wie "Stiche ins Herz", die Narben hinterließen
  • Die Chance auf einen Titel in der Europa League verdrängt vorerst die Gedanken ans Karriereende

Leverkusen – Wenn der Begriff „Gemischte Gefühle“ jemals von einem Profi glaubhaft vermittelt wurde, dann von Lars Bender beim Video-Interview am Freitagmittag. Der Kapitän von Bayer 04 Leverkusen hat mit den Kollegen die Vorbereitung für das finale Kapitel der Europa League aufgenommen. In seiner Brust mischen sich die unterschiedlichsten Emotionen: Vorfreude, Ehrgeiz, Neugier – aber auch tiefe Nachdenklichkeit. Drei medizinische Episoden alleine in diesem Jahr haben seinen Ruf als einer der zerbrechlichsten Profis im deutschen Fußballs gefestigt.

Seit Jahresbeginn war Bender wegen unterschiedlicher Verletzungen 66 Tage nicht spielfähig. Im Januar wegen muskulärer Probleme. Im Februar und März wegen Oberschenkel-Beschwerden. Im Mai und Juni wegen einer Fußverletzung. Beim letzten Saisonspiel gegen Mainz 05 und im DFB-Pokal-Finale gegen den FC Bayern München hat er wieder mittun können. „Das hat schon etwas mit mir gemacht“, sagt der ehemalige Nationalspieler, „das waren Stiche ins Herz, das hat Narben hinterlassen. Ich werde mir grundlegende Gedanken machen.“ Wohin die führen, ließ der 31-Jährige offen. Es könnte gut sein, dass er vor dem Beginn seiner letzten Saison als Berufsfußballer steht.

Allerdings ist die aktuelle Spielzeit noch nicht beendet. „Deshalb ist jetzt eigentlich gar keine Zeit für diese Gedanken“, sagt Bender, der wie seine Kollegen die Chance hat, in vier Spielen einen großen Titel zu gewinnen. Der Oberbayer will versuchen, alle Erwägungen über seinen Körper, die Corona-Pandemie und die Ausnahmesituation des Fußballs in leeren Stadien auszublenden. „Die Gier ist da, wir können etwas Großes gewinnen. Wir müssen das jetzt eben ganz isoliert sehen“, sagt er.

"Ich glaube, bei Kai ist das letzte Wort noch nicht gesprochen"

Am 6. August, in weniger als zwei Wochen, will Bayer 04 in der BayArena den 3:1-Sieg aus dem Hinspiel des Europa-League-Achtelfinales gegen die Glasgow Rangers verteidigen, Spielbeginn ist 18.55 Uhr. Vier Tage später hieße der Gegner in Düsseldorf Inter Mailand oder Getafe. Am 17. August, also wieder sieben Tage später, wäre wieder Düsseldorf der Ort eines möglichen Halbfinales. Das Endspiel findet am 21. August um 21 Uhr in Köln statt. In keinem Spiel werden Zuschauer zugelassen sein. Lars Bender hat keine Ahnung, was ihn und die Werkself erwarten wird. Er glaubt aber, dass die gut zweiwöchige Pause wichtig war, um die Enttäuschung des gegen Bayern München 2:4 verlorenen Pokal-Finales zu überwinden. „Das saß schon tief“, erklärt Bender, „das Gute ist, dass wir jetzt die Chance haben, wieder ein Endspiel zu erreichen.“

Ob das Herunterfahren aller Systeme ein Vorteil sein wird, kann der Kapitän allerdings nicht sagen. „Es kann ein Vorteil sein, wie die Teams in anderen Ligen aus einem Rhythmus zu kommen und dann ein paar Tage Ruhe zu haben. Es kann aber auch ein Vorteil sein, wie wir eine richtige Pause gehabt zu haben, wenn wir den Rhythmus schnell wieder finden und dann in den K.o.-Spielen frischer sind. Eigentlich weiß man es nicht. Weil wir aber diese Situation so jetzt haben, tun wir einfach so, als sei sie ein Vorteil für uns.“

Weil also alles im Bereich der Spekulation liegt, fällt es Lars Bender auch nicht schwer, über seinen Kollegen Kai Havertz zu sprechen. Es war ihm ja klar, dass ihn irgendjemand danach fragen würde. „Wir gehen damit relativ souverän um“, sagt er, „es war uns allen bewusst, dass das Thema größer wird. Im Moment ist er Teil der Mannschaft, und wir haben ihn gerne um uns herum. Kai ist ein sehr guter Fußballer, aber auch ein sehr guter Mensch.“

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Dass er als Kapitän, Dienstältester und Vertrauensperson exklusive Einblicke in die Planungen des bald teuersten deutschen Fußballers aller Zeiten bekommen wird, glaubt Bender nicht. „Wenn er es mir sagen würde, würde er es auch anderen sagen. Und dann wäre klar, dass so eine Information irgendwann nach außen treten würde, da lässt er sich nicht in die Karten schauen.“ Allerdings hat der erfahrene Anführer so seine Theorie über den Stand der Dinge: „Ich glaube, dass es Gespräche gibt, vielleicht sogar mit verschiedenen Vereinen, und vielleicht hat er für sich auch schon eine Entscheidung getroffen. Aber ich glaube, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.“

Mittlerweile ist Folgendes gewiss: Kai Havertz will Bayer 04 verlassen. Bayer 04 lässt ihn für eine Ablöse von mindestens 100 Millionen Euro gehen. Und der FC Chelsea mit Trainer Frank Lampard hat größtes Interesse an Kai Havertz. Lars Bender sagt: „Wir sind alle gespannt, wohin der Bursche geht. Ich glaube nicht, dass es noch lange dauert, bis eine Entscheidung fällt.“ Für Lars Bender und seine persönliche Zukunft gilt das womöglich auch. Vorerst will der immer noch beste Rechtsverteidiger im Kader nur an die Chance denken, in vier Spielen einen Titel zu gewinnen. „Weiter in die Zukunft zu schauen, ist unmöglich. Keiner weiß, was im September und Oktober sein wird.“

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