Bayer-04-IkoneRudi Völler will auch nach dem Rückzug Einfluss nehmen

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Rudi Völler

Leverkusen – Am Freitag wird Rudi Völler zum letzten Mal als Teil einer offiziellen Delegation von Bayer 04 Leverkusen zu einem Auswärtsspiel nach München reisen. Das Top-Spiel des 25. Spieltages ist seine letzte Begegnung als Geschäftsführer des Klubs mit dem übermächtigen FC Bayern.

Das klingt nach Wehmut und Rückblick auf mehr als zwei Jahrzehnte wechselvolle sportliche Geschichte, die Bayer 04 einige überraschende Siege, aber vor allem viele schmerzhafte Niederlagen gegen den Rekordmeister bescherte. Bei Völler will sich Sentimentalität aber nicht einstellen. „Ich fahre diese Saison überall zum letzten Mal in meinem Amt hin, aber ich sehe es nicht als Abschiedstour. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich aufhöre. So bin ich nicht. Das habe ich auch als Spieler nicht so empfunden. Außerdem werde ich Bayer 04 ja erhalten bleiben“, sagt er im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Rudi Völler wird „Klub-Botschafter“ 

Der 61-Jährige ist als „Kind der Bundesliga“ (Völler über Völler) dem aktuellen Fußball viel zu verhaftet, um sich Sentimentalitäten hinzugeben. Der aktuelle Kader, die Entwicklung unter Trainer Gerardo Seoane im seit 2018 neu aufgestellten Klubmanagement, machen Völler viel Freude. „Geschäftsführer Fernando Carro und Sportdirektor Simon Rolfes, der im Sommer mein Nachfolger wird, machen einen hervorragenden Job“, lobt Völler, der seinen Einfluss auf das Schicksal von Bayer 04 trotz des Abschieds aus dem operativen Geschäft nicht schwinden sieht. „Natürlich werde ich nicht mehr im Alltag da sein, sonst hätte ich ja weitermachen können. Aber ich freue mich darauf, Teil des Gesellschafterausschusses an der Seite von Werner Wenning zu sein.“

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Der frühere Bayer-Konzernchef und seit 2010 mächtigste Mann bei Bayer 04 wird den Rat des Weltmeisters von 1990, der fortan "Klub-Botschafter" heißt, bei wichtigen Richtungsentscheidungen eher anhören als ignorieren. Das gegenseitige Verhältnis ist seit vielen Jahren geprägt von Vertrauen und Respekt. Völler kündigt schon mal an, in welche Richtung er denkt: „Die Basis für sportlichen Erfolg ist gelegt mit diesem tollen Kader. Wir werden immer um die Champions-League-Qualifikation mitspielen wollen und auch mal einen Titel anstreben, auch wenn das mit der Meisterschaft mit den Bayern immer ein Problem bleibt.“

Die Klubstrategie, große Talente wie Kai Havertz zu internationalen Klassespielern auszubilden und zur Not für viel Geld zu verkaufen, wird sich nicht ändern. Nur vielleicht die aktuelle Sicht auf sie. „Da werden wir als Gesellschafterausschuss auch mal alles in unserer Macht Stehende tun, um eine Mannschaft auch mal zusammenzuhalten“, sagt Völler. Aktuell kann eine solche Aussage auf überragende Spieler wie Florian Wirtz, Moussa Diaby und Patrik Schick gedeutet werden, für die es im Sommer offiziell und inoffiziell Angebote hageln wird, die aber noch ausreichend lange an Bayer 04 gebunden sind und ihren Wert eher noch steigern werden.

Zu wichtigen Themen will Rudi Völler mit seiner Stimme im deutschen Fußball weiterhin hörbar bleiben. Dabei möchte er aber nicht den eisernen Traditionsbewahrer spielen, der sich sinnvollen Neuerungen verwehrt. „Ich nenne da als Beispiel den Videoschiedsrichter. Am Anfang war ich eher dagegen. Heute kann ich mir gar nicht mehr wirklich vorstellen, dass er abgeschafft wird, auch wenn es manchmal nervt, bis Entscheidungen feststehen. Auch wenn ein paar Dinge immer noch verbessert werden könnten. Aber unter dem Strich überwiegen einfach die Vorteile.“

Zu wichtigen Themen will Völler immer seine Stimme erheben

Anders sieht der scheidende Geschäftsführer, der eine europäische Super League ebenso kategorisch ablehnt wie einen WM-Rhythmus von zwei Jahren, auch die Diskussion um Bundesliga-Playoffs als Chance, das Dauer-Abonnement des FC Bayern München auf die Deutsche Meisterschaft zu beenden.

„Der Gedanke hat vielleicht kurz einen Reiz. Aber wenn man noch einmal darüber nachdenkt, dann wird doch schnell klar: Wo soll denn da Spannung sein, wenn schon zu Weihnachten Klubs wie Bayern oder Dortmund für die Playoffs faktisch feststehen? Die hätten dann bis zum Beginn der Playoffs nur noch Testspiele in der Bundesliga und könnten sich ihre Bestbesetzung für die dann nur noch wichtigen Spiele in der Champions League aufsparen. Oder vielleicht würden, sagen wir, Bayer Leverkusen, RB Leipzig oder der VfL Wolfsburg Erster, alle freuen sich. Und in den Playoffs kommen dann doch die Bayern und gewinnen den Titel wieder. Ich sehe darin keinen Sinn.“

Es ist für Rudi Völler möglich, nach mehr als zwei Jahrzehnten im Tagesgeschäft als Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen zurückzutreten. Aber es wird ihm nicht möglich sein, als Rudi Völler zurückzutreten. In dieser Eigenschaft interessiert ihn bis zuletzt vor allem eines: „Das Wichtigste wird doch immer bleiben, dass wir mit Bayer 04 Leverkusen guten Fußball spielen und Spiele gewinnen.“

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