Kölner Sportvereine brauchen HilfenDramatischer Mitgliederschwund durch Corona

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Fußball Rasen

Blick auf einen Sportplatz in Köln. (Symbolbild)

Köln – Leere Turnhallen, Absperrbänder am Sportplatz, ein Mitarbeiter, der sich um die Instandhaltung des Gebäudes kümmert – wer während der Corona-Pandemie zu einem der rund 17.900 Sportvereine in Nordrhein-Westfalen fuhr, bekam die meiste Zeit genau dieses Bild geboten.

„Wir mussten in zehn von 18 Monaten schließen“, sagt Alexander Mronz, Geschäftsführer des ASV Köln. Die Mitglieder des Vereins blieben Zuhause, konnten an Kursen per Videokonferenz teilnehmen. Wer das nicht wollte, blieb ganz weg – 600 kündigten ihre Mitgliedschaft.

Wie dem ASV Köln geht es vielen Sportvereinen in NRW. Landesweit traten 166.000 Menschen zwischen Anfang April 2020 und Ende März 2021 aus ihrem Sportverein aus. Besonders Großvereine mit mehr als 1000 Beitragszahlern berichten von einer sinkenden Mitgliederanzahl aufgrund der Corona-Pandemie.

Neues Förderprogramm soll Vereine mit Mitgliederverlust unterstützen

Mit einem weiteren Förderprogramm will die Landesregierung die gebeutelten Sportvereine nun unterstützen. Dafür sollen sie für jedes verlorene Mitglied im Kalenderjahr 2020 eine Billigkeitsleistung in Höhe von bis zu 30 Euro erhalten. Ziel des Programms „Coronahilfe Breitensport NRW“ ist, den Einnahmeverlust zu mindern und den Betrieb der Vereine auf das ursprüngliche Niveau anzuheben.

Zum ursprünglichen Niveau gehört auch eine stabile Mitgliederanzahl. Derzeit verzeichnet der ASV Köln rund 3500 Mitglieder, etwa 15 Prozent weniger als vor der Pandemie.

Ein Auf und Ab in den Zahlen ist erstmal nicht ungewöhnlich. „Auch in normalen Zeiten haben wir einen ständigen Mitgliederwandel und eine normale Fluktuation", sagt Mronz. Zwischen 200 und 300 Mitglieder verlor der Klub in den Jahren vor der Pandemie. Das waren Studierende oder ältere Menschen. Zwar wäre demnach die Hälfte der 600 Menschen sowieso aus dem Verein ausgetreten, „aber früher kamen dann auch 350 neue“, sagt der ASV-Geschäftsführer.

Diese Menschen fehlen jetzt, denn kaum jemand wollte sich für zwölf Monate an einen Verein binden, der jederzeit wieder schließen könnte. Für den ASV eine besonders ärgerliche Situation: „Vor Corona waren wir auf einer Wachstumsfahrt, was die Mitgliederanzahl betrifft.“

Viele Einnahmequellen fehlen wegen Corona

Doch nicht nur in der Großstadt sank das Interesse an den Vereinen. Der Brühler TV zählt zu den größten Sportvereinen des Kölner Umlands. Im Verlauf der Pandemie büßte der Klub rund 2000 seiner beinahe 10.000 Mitglieder ein. Viele davon nutzten zuvor die beiden großen Fitnessstudios, die der BTV als Abteilung führt. „Etwa acht Monate mussten die Studios geschlossen bleiben. Das war eine harte Zeit“, sagt der hauptamtliche Vorstand des BTV, Herbert Stilz. Man habe Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken und den Haushalt komplett neu aufstellen müssen.

Die 30 festen Mitarbeiter des ASV Köln waren ebenfalls in Kurzarbeit. „So konnten wir einen Teil der Lohnkosten einsparen“, sagt Alexander Mronz. Dem Verein fehlen immer noch viele Einnahmequellen. Das wurde schon zu Beginn der Pandemie deutlich. Die große Turnhalle konnte nicht mehr für Veranstaltungen vermietet werden, der Nachtlauf und der Brückenlauf, die beide vom ASV organisiert werden, mussten auch in diesem Jahr wieder abgesagt werden. 30 Prozent der Gesamteinnahmen fielen aus.

Auswirkungen der fehlenden Mitglieder sind jetzt erst zu spüren

Die restlichen 70 Prozent bekommt der Verein durch Mitgliedschaftsbeiträge. „Da die Mitgliedschaften erst nach zwölf Monaten kündbar sind, haben wir die Auswirkungen der fehlenden Mitglieder noch nicht direkt gespürt“, sagt Mronz. „Das kommt jetzt erst und wird eine große Herausforderung sein.“ Je nach Tarifmodell und Sportart liegen die Mitgliedsbeiträge bei minimal 360 Euro und maximal 800 Euro im Jahr – Geld, das jetzt fehlt.

Hier soll die „Coronahilfe Breitensport NRW“ unterstützen. Der Förderungsbeitrag von 30 Euro bezieht sich zwar auf den Median aller Mitgliedsbeiträge in NRW, der in den meisten Vereinen niedriger ist als der beim ASV, Mronz freut sich trotzdem über die finanzielle Unterstützung. „Wenn wir alle Kriterien erfüllen, werden wir die Förderung definitiv beantragen.“ Schon in der Vergangenheit hat der Verein Finanzhilfen wie die „Soforthilfe Sport“ in Anspruch genommen.

Förderprogramm soll Anreiz für neue Mitgliedergewinnung sein

Um die volle Förderung der „Coronahilfe Breitensport NRW“ zu bekommen, müssen die Vereine neue Sportlerinnen und Sportler gewinnen. Bei 600 verlorenen Mitgliedern könnte der ASV Köln insgesamt 18.000 Euro vom Land wiederbekommen. Die Auszahlung soll allerdings gesplittet werden. 1000 Euro bekommt der Sportverein direkt nach der Beantragung ausgezahlt. Der Restbetrag wird halbiert und ebenfalls direkt ausgezahlt. Eine weitere Erstattung soll es im Frühjahr 2022 geben, vorausgesetzt, der Klub gewinnt bis dahin neue Mitglieder zurück.

Das ist eine Besonderheit des Förderprogramms, sagt Andrea Milz, Staatssekretärin der Staatskanzlei des Landes NRW. „Das Programm unterstützt einerseits alle Sportvereine, die durch die Corona-Pandemie Mitglieder verloren haben und schafft andererseits Anreize, diese Mitglieder zurückzugewinnen. Damit wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass die Sportvereine in Nordrhein-Westfalen ihre Leistungsfähigkeit mit Breitensportangeboten stärken können.“

Die Förderung soll in den normalen Trainingsbetrieb einfließen

Auch der Turnverein Eiche Bad Honnef will die Hilfe beantragen. „Wir begrüßen diese Maßnahme. Die zusätzliche Einnahme hilft uns“, sagt die Vorsitzende Marita Weinberg. 331 Mitglieder hat der Verein 2020 verloren, ein Verlust von 16 Prozent.

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Franz Alfter,  Geschäftsführender Vorsitzender des Hennefer TV.

Beim Hennefer Turnverein kündigten 500 Mitglieder wegen Corona, sagt der Geschäftsführende Vorsitzende Franz Alfter. Die Förderung soll in den normalen Trainingsbetrieb einfließen. „Das hilft uns, die Kosten für unser Sportangebot zu decken. Noch ist in der Bevölkerung eine gewisse Zurückhaltung zu spüren. Meine Hoffnung ist, dass die Menschen nach den Herbstferien wieder in die Vereine zurückkehren."

Herbert Stilz vom Brühler TV ist inzwischen optimistisch, die ärgsten Schwierigkeiten hinter sich gelassen zu haben. „Wir verzeichnen gerade eine Flut von Neuanmeldungen und hoffen, bis Jahresende einen Großteil des Mitgliederschwunds wettgemacht zu haben“, sagt der hauptamtliche Vorstand.

„Es ist jetzt schon wieder eine positive Trendwende erkennbar“

Ideen für die Mitgliedergewinnung haben die Vereine viele. „Wir werden Aktionen starten, um neue Mitglieder zu werben. Die Geldspritze eröffnet uns Möglichkeiten, die wir sonst nicht hätten. Konkret denken wir daran, Schnupperkarten auszugeben. Dann kann man fünf Mal bei uns mitmachen und wenn man dann Mitglied wird, zahlt man die nächsten zwei Monate keinen Vereinsbeitrag“, sagt Marita Weinberg vom TV Eiche Bad Honnef.

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Der ASV Köln hat bereits in der letzten Woche der Sommerferien Flyer an 10.000 Kölner Haushalte verschickt, in den Herbstferien sind weitere Sportcamps für Kinder geplant. „Wir haben schon einige Anmeldungen. Es ist jetzt schon wieder eine positive Trendwende erkennbar“, sagt Mronz.

Vereine können die die "Coronahilfe Breitensport" ab dem 27. September 2021 über das Förderportal des Landessportbundes NRW beantragen.

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