American Football„Wir haben katastrophale Bedingungen“

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Markus_Ley

Markus Ley beim Redaktionsbesuch im Neven DuMont Haus

  • Den Kölner Footballspielern steht nur ein Trainingsplatz zur Verfügung, der eine Verletzungsfalle ist.
  • Nach der Insolvenz gründeten sich die Crocodiles vor zehn Jahren neu; nun haben sie die erfolgreichste Jugendarbeit der Region.
  • Die erste Mannschaft spielt in der GFL, der höchsten deutschen Spielklasse.

Köln – Herr Ley, am Wochenende findet in Frankfurt der German Bowl statt, das Finale um die deutsche Meisterschaft im American Football. Die Cologne Crocodiles sind nicht dabei. Wie steht es um den Footballsport in Köln?

Wir haben vor zehn Jahren nach der Insolvenzphase die Crocodiles neu aufbauen und in der sechsten Liga neu anfangen müssen. Jetzt sind wir mit der U10-, der U13 und der U16 NRW-Meister und Deutscher U19-Meister. Unsere zweite Mannschaft ist vergangene Woche in die Oberliga aufgestiegen, die erste Mannschaft ist Fünfter der GFL geworden. Es geht uns gut.

Welche Rolle spielt Ihr Cheftrainer?

Patrick Köpper ist ein unglaublich wichtiger Teil unserer Organisation, an ihm hängt extrem viel in diesem Verein. Er hat die Mannschaft in der zweiten Liga übernommen und auch unser Jugendprogramm aufgesetzt. Für mich ist er der vielleicht größte deutsche Football-Fachmann. Wir könnten einen Headcoach aus den USA verpflichten, der würde dann zwar Vollzeit arbeiten, aber auch einen großen Teil unseres Budgets binden. Ein Trainer, der in den USA am College gearbeitet hat, ist allerdings daran gewöhnt, dass ihm die Spieler von morgens bis abends zur Verfügung stehen. Das sind alles Stipendiaten, die müssen zum Training gehen. Bei uns müssen Spieler am Freitagabend vor dem Spiel womöglich arbeiten.

Wo rekrutieren Sie Ihre Spieler?

Viele kommen aus unserer eigenen Jugend. Wobei der Schritt schwierig ist. Wir haben hier sehr erfolgreiche Jugendspieler, die dann schon glauben, GFL-Spieler zu sein. Aber das ist nicht anders als im Fußball: Da schaffen es auch nur die Wenigsten aus der Jugend direkt in die Spitze. Bei uns kommt hinzu, dass die wirklichen Ausnahmespieler Angebote von US-Colleges bekommen und dann weg sind.

Wann trainiert ein Crocodiles-Spieler, der den Sport als Hobby betreibt?

Die arbeiten ganz normal in ihren Jobs und gehen danach zum Footballtraining. Krafttraining machen sie früh morgens oder am Wochenende. Klar, das muss man schon wollen, und das ist unser Thema: Wo findet man 50 Spieler, die aus purer Begeisterung für ihren Sport so viel geben? Unser Ziel ist es, in Bocklemünd ein Leistungszentrum zu bauen mit einer Halle für Krafttraining und Theorieeinheiten. Wir hoffen, dass wir in drei, vier Jahren bauen können. Aber da mahlen die Mühlen auch beim Kölner Sportamt recht langsam.

Womit begeistern Sie Spieler für die Crocodiles?

Wir sind die einzige GFL-Mannschaft in Nordrhein-Westfalen, wir rekrutieren also bei allen Vereinen der Region. Belgien und Holland sind ja auch noch vor der Haustür. Wir hatten in der vergangenen Saison einen Spieler aus Brüssel, der ist zu jedem Training angereist. Dem haben wir ein bisschen Benzingeld gegeben, aber seine Ausrüstung bezahlt auch ein solcher Spieler bei uns selbst. Hier spielen die Leute allein aus Bock.

Fehlen Footballspielern, die bei den Crocodiles im Jugendbereich ausgebildet wurden, entscheidende Grundlagen, sodass die Amerikaner dann sagen, dass es grundsätzlich nichts werden kann mit der Karriere?

Aus Sicht der Amerikaner sind europäische Spieler ja schon grundsätzlich nichts. Aber das ändert sich gerade. Unser U19-Football hat sehr gutes Highschool-Niveau. Wir könnten da mitspielen, das ist definitiv derselbe Sport. Wir bringen unseren Spielern sehr früh Dinge bei, die es in den USA nicht zwangsläufig besser gibt.

Als TV-Sport boomt der Football in Deutschland.  Merken Sie das bei den Crocodiles?

Wir müssen viel mehr machen, damit wir sichtbarer werden. Die Leute sind natürlich verwöhnt, denn sie kennen aus dem Fernsehen die Präsentation des Sports aus der NFL, das ist eine gewaltige Show und ein wahnsinniges Niveau. Aber ich kann sagen: Wir bieten in der GFL einen sehr guten Sport; sehr ansehnlich, zum Teil spektakulär. Natürlich in kleinerem Rahmen. Wir brauchen aber auch mehr Unterstützung in der Stadt.

Ihnen fehlt es an Plätzen.

In Bocklemünd gibt es einen Rasenplatz, der wird gepflegt und gewässert. Da spielt dann eine Kreisliga-B-Fußballmannschaft drauf – und wir haben mit 300 Sportlern nebenan eine Trainingswiese, die den ganzen Sommer nicht gewässert wurde. Wir haben katastrophale Bedingungen. Wir hatten im vergangenen Jahr mehr Verletzte im Training als im Spiel, und zwar nicht wegen Kontakten, sondern weil die Leute in Löcher getreten sind. Bei uns laufen Leute mit 130 oder 140 Kilo Vollgas über einen betonharten Platz, der voller Löcher ist. Das geht nicht.

Wie sieht Ihr Etat aus?

Eine halbe Million Euro, die setzen sich zusammen aus Mitgliedsbeiträgen, Sponsoren und den Einnahmen aus unseren Heimspielen. Das ist ganz gesund. Bei uns kommt zwar ein großer Teil des Sponsorings aus einer Hand. Aber das ist woanders nicht besser, im Gegenteil. 

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