Kommt die Formel 1 zurück nach Deutschland? Der Hockenheimring bringt sich dank neuer Investoren wieder ins Gespräch und reagiert auf Aussagen des Formel-1-Chefs. Aber wie groß sind Chancen?
MotorsportZwischen Sehnsucht und Realität: Formel 1 in Deutschland

Kommt die Formel 1 zurück auf den Hockenheimring? (Archivbild)
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Neues Geld, neue Chancen - zumindest gesprochen wird wieder über eine mögliche Rückkehr der Formel 1 nach Deutschland. Genauer: an den Hockenheimring. „Mit dem Einstieg der privaten Investoren und den neuen Strukturen werden wir sicherlich andere Möglichkeiten haben als in den vergangenen Jahren“, sagte Geschäftsführer Jorn Teske der Deutschen Presse-Agentur.
In den kommenden fünf bis zehn Jahren sollen Berichten zufolge 250 Millionen Euro in den Traditionskurs investiert werden. 74,99 Prozent des Gesellschafterkreises der Hockenheimring GmbH gehören den neuen Investoren.
2019 machte die Königsklasse des Motorsports zuletzt Station auf der Rennstrecke. Ein Jahr später half der Nürburgring den Formel-1-Machern inmitten der Corona-Pandemie.

Während der Corona-Pandemie sprang der Nürburgring einmal ein.
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Seitdem macht die Rennserie, die zu den Hochzeiten von Michael Schumacher sogar zweimal pro Saison in Deutschland fuhr, einen Bogen ums Autoland. Im kommenden Jahr soll stattdessen Madrid debütieren, Ruanda in Afrika drängt auf einen Platz im Kalender, ebenso Thailands Metropole Bangkok.
„Das Wichtigste, was potenzielle Gastgeber verstehen müssen, ist, dass es nur sehr wenige verfügbare Plätze gibt“, sagte Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali jüngst dem Fachportal motorsport.com: „Diejenigen, die am Tisch sitzen, müssen über starke finanzielle Mittel verfügen.“ Genau daran scheiterten bisher aber die Versuche, Deutschland wieder zum Formel-1-Gastgeber zu machen.
Warum Deutschland einen Grand Prix verdient hätte
„Abgesehen von ein paar wenigen Fällen, muss ich sagen, dass 90 Prozent der Promoter Unterstützung von den Regierungen oder verwandten Einrichtungen bekommen“, erklärte Domenicali weiter: „Ohne diese Unterstützung ist es sehr schwierig.“ Interessenbekundungen gibt es auch von den weiteren potenziellen Rückkehrern Türkei (Istanbul) und von Portugal (Portimao), in dem Fall sogar vorgetragen von Premierminister Luís Montenegro.
Es werde eine Herausforderung bleiben, mit Ländern in den Wettbewerb zu gehen, die bereit seien, hohe zweistellige Millionenbeträge zur Imagewerbung und Tourismusförderung zu investieren, betont Teske. „Dennoch sind wir der Auffassung, dass Deutschland - nicht zuletzt aufgrund seiner beeindruckenden Motorsportgeschichte, einen Grand Prix verdient hätte.“
Die Gegenwart spricht halt nicht unbedingt für Deutschland. Nur noch ein Fahrer ist dabei von einstmals sogar sieben. Mit 38 Jahren gehört Nico Hülkenberg von Sauber zudem auch nicht zu den Jüngeren im Feld. Eine Rückkehr von Mick Schumacher (26) nach seinen beiden Haas-Jahren 2021 und 2022 ist mittlerweile schwer vorstellbar.
Wo sind die deutschen Stars von morgen?
Dass sich auch der designierte Neueinsteiger Cadillac nicht für den Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher, sondern für die derzeit ebenfalls aussortierten Routiniers Valtteri Bottas (36) und Sergio Pérez (35) entschied, hat auch eine gewisse Aussagekraft.
Wie sehr die verstärkte Suche von Mercedes nach einem deutschen Formel-1-Star erfolgreich sein wird, muss sich auch zeigen. Zusammen mit dem Motorsport Team Germany, einem bereits bestehenden Förderprogramm der ADAC Stiftung Sport und des Deutschen Motor Sport Bunds (DMSB), sollen Talente gefunden und gefördert werden.
Je nach Erfolgsaussichten wird die Förderung komplett finanziert. Vor allem die Rennserien unter der Formel 1 sind extrem kostenintensiv und bremsen manche Nachwuchshoffnung jäh aus. „Vielleicht finden wir den nächsten Michael Schumacher, Sebastian Vettel oder Nico Rosberg. Dahinter steckt einfach die Idee, junge Talente zu motivieren: Steig ein - und vielleicht sitzt du eines Tages bei uns“, sagte jüngst Mercedes-Vorstandschef Ola Källenius.
Ob der Einstieg von Audi im kommenden Jahr nach der Übernahme des Sauber-Teams mit Hülkenberg als zweiter deutscher Hersteller die Rückkehr eines Grand Prix beschleunigen kann, ist auch so eine Frage. Es sei zweifellos ein Gewinn für die deutsche Fanszene, sagt Teske. „Inwieweit sich Audi für einen deutschen Grand Prix einsetzen wird, gilt es noch auszuloten.“
Es geht um mehr als Antrittsprämien
Denn längst sind die Anforderung an einen Gastgeber gewachsen - mal abgesehen von den hohen Antrittsgeldern, die bezahlt werden und nur durch die Tickets wieder ausgeglichen werden können. „Alle Veranstalter müssen bereit sein, die CO2-Neutralitätsstandards für 2030 zu erfüllen“, erklärte Domenicali beispielsweise.
„Veranstaltungen mit 450.000 bis 500.000 Besuchern stehen vor Herausforderungen in Bezug auf Energieversorgung, allgemeine Organisation und alles, was damit zusammenhängt.“ Wer dazu nicht bereit sei, werde die Veranstaltung nicht organisieren können, so der Formel-1-Geschäftsführer.
Eine Rückkehr nach Deutschland dürfte also in vielerlei Hinsicht weiterhin kein leichtes Unterfangen sein und bleiben. Das weiß auch Teske: „Insgesamt scheint eine Austragung aber ohnehin wahrscheinlicher, wenn verschiedene Interessengruppen für eine Ausrichtung eines Formel 1-Grand-Prix in Deutschland gemeinsam an einem Strang ziehen.“ (dpa)