Erstes Training des Ex-FC-StarsAnthony Modeste stellt Fortuna Kölns Tornetze auf die Probe

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SC Fortuna Köln , 4.Liga, Training, Trainingsgast Anthony Modeste, Bild: Herbert Bucco

Wuchtige Kopfbälle sind ein Markenzeichen von Anthony Modeste.

Der Franzose hält sich beim Regionalligisten fit und lässt den Trainer staunen. Wie könnte die Zukunft von Anthony Modeste aussehen?

Dass Anthony Modeste das Toreschießen während seiner knapp einmonatigen Vereinslosigkeit nicht verlernt hat, wird am Mittwochvormittag in Köln-Zollstock relativ schnell deutlich. Als es bei seiner ersten Einheit als Trainingsgast des SC Fortuna zu den Abschluss-Übungen geht, ist der inzwischen 35 Jahre alte Franzose sofort in seinem Element.

Flanke von links, Kopfball Modeste, links neben dem Pfosten schlägt es ein. Flanke von rechts, Direktabnahme aus spitzem Winkel, wieder drin. Die Spieler des Regionalliga-Spitzenreiters wirken ähnlich beeindruckt wie Sportchef Matthias Mink und Trainer Markus von Ahlen. „Ich habe ein paar seiner Abschlüsse gesehen – da habe ich gehofft, dass unser Tornetz hält“, sagt der Coach mit einem Grinsen. In den weiteren Übungen erinnert der Franzose ebenfalls an den Modeste aus FC-Zeiten: Er ist niemand, der beherzt in Zweikämpfe fliegt. Und bei größeren Spielformen wartet er in der Regel ohne größeren Bewegungsradius auf den Ball.

Anthony Modeste erzielte 79 Tore in 157 Pflichtspielen für den 1. FC Köln

Modeste ist mit 79 Treffern in 157 Pflichtspielen für den 1. FC Köln einer der besten Torjäger des Vereins der vergangenen Jahrzehnte. Über den Ablauf seines plötzlichen Abschieds vor einem Jahr in Richtung Borussia Dortmund gibt es verschiedene Versionen.

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Der FC bekam den Stürmer, der 2021/22 noch 20 Bundesliga-Tore erzielt hatte, jedenfalls nicht ersetzt. Und Modeste wurde beim BVB – trotz Einsätzen in der Champions League und einem Jahresgehalt von rund sechs Millionen Euro – sportlich nicht glücklich. 28 Spiele und zwei Tore standen zu Buche, als sich die Wege trennten. Modeste ist seit dem 1. Juli vertragslos.

Arnold Budimbu überbringt Anthony Modestes Wunsch

Über Fortuna-Spieler Arnold Budimbu kam nun der Kontakt zum Südstadt-Klub zustande. Modeste, der mit seiner Familie in Köln wohnt, ließ anfragen, ob er sich beim Viertligisten für neue Aufgaben in Form bringen könne. „Wir haben uns letzte Woche mit Tony zusammengesetzt und die Details erörtert. Er hat eine hohe Bereitschaft gezeigt, weil er fußballspezifisch trainieren möchte“, berichtet Sportchef Mink. „Für so einen verdienten Spieler wollten wir es dann auch – im Rahmen unser Möglichkeiten – umsetzen.“ Trainer von Ahlen sagt: „Fußball ist eine Familie, da hilft man sich gegenseitig.“

Es liegt in der Natur des Fußballs, dass sich gerade Fans im Zuge einer solchen Kooperation Gedanken über ein mögliches festes Engagement des Spielers machen. Im Falle von Modeste und der Fortuna ist dies aber ausgeschlossen. „Nur fit halten, mehr ist es nicht“, sagt der Franzose im Anschluss an sein erstes Training. Während Modeste rein sportlich zuletzt drei Ligen über der Fortuna unterwegs war, trennen den Fußballer und den Regionalligisten finanziell Welten.

Gehalt von Anthony Modeste könnte Fortuna Köln über drei Saisons finanzieren

Um es einzuordnen: Für die sechs Millionen Euro, die Modeste in einem Jahr beim BVB verdiente, könnte der SC Fortuna über drei Jahre den gesamten Spielbetrieb der ersten Mannschaft in der Regionalliga West finanzieren – inklusive Gehälter der Spieler, Trainer, Betreuer sowie aller Sozialabgaben und Gelder für die Berufsgenossenschaft.

Die Fortuna hofft vielmehr, dass ihre Spieler von der großen Erfahrung und der unbestreitbaren Abschlussstärke des Mannes aus Cannes profitieren. „Tony soll unseren Jungs alles mitgeben, was er so sieht und was er kennt“, sagt Coach von Ahlen, Sportchef Mink sieht es ähnlich: „Ich glaube auch, dass unsere Spieler davon profitieren werden. Der eine oder andere junge Spieler kann sich sicher etwas abschauen.“

Tischtuch zwischen dem 1. FC Köln und Anthony Modeste ist zerschnitten

Beim 1. FC Köln wollte Modeste trotz aller Verdienste für den Klub nicht mittrainieren, das Aufsehen wäre zu groß gewesen – sagt er. Schwerer dürfte ein anderer Grund wiegen. Das Tischtuch zwischen FC und Modeste ist nach seinem zweiten Spektakel-Wechsel (erst China, dann Dortmund) endgültig zerschnitten.

SC Fortuna Köln , 4.Liga, Training, Trainingsgast Anthony Modeste, Bild: Herbert Bucco

Anthony Modeste hält sich beim Regionalligisten SC Fortuna Köln fit.

Zuletzt hatte der Franzose dem FC via „Bild“ vorgeworfen, dass der Klub ihn im vergangenen Jahr loswerden wollte, er selbst habe den Wechsel gar nicht angestrebt. „Ich bat nicht darum, auf die Abgangsliste gesetzt zu werden. Im Gegenteil, ich wollte weiterhin für den FC spielen – aber noch zwei Jahre“, so Modeste, dessen Vertrag im Sommer 2023 ausgelaufen wäre. Doch der klamme Verein hätte seinem Topverdiener wohl nur eine Verlängerung um ein Jahr zu reduzierten Bezügen anbieten können.

„Da mein Gehalt ein Problem darstellte, stand ich ganz oben auf der Liste der zum Verkauf stehenden Spieler.“ Deshalb habe der FC dem Stürmer „auf subtilem Weg zu verstehen gegeben, dass ich für den Verein nicht mehr tragbar bin.“ Der 1. FC Köln verzichtete auf eine Reaktion – wohl um keinen öffentlichen Streit zu entfachen.

Fortuna Köln bereitet sich auf Topspiel beim SC Paderborn II vor

Und so trainiert Anthony Modeste im August 2023 auf dem durch die Regenfälle der vergangenen Tage durchgeweichten Rasenplatz des Jean-Löring-Sportparks in Zollstock. Während sich der SC Fortuna auf das Regionalliga-Topspiel am Sonntag beim ebenfalls noch verlustpunktfreien SC Paderborn II vorbereitet (14 Uhr), hofft Modeste auf einen letzten großen Vertrag seiner Karriere – ein, zwei Jahre traut sich der Franzose noch zu.

Für Saudi-Arabien, wo Geld keine Rolle spielt, fehlt Modeste vermutlich der internationale Glanz. Für die allermeisten Bundesligisten ist der 35 Jahre alte Stürmer wohl zu teuer. Wohin es ihn zieht, ist offen. Bis dahin bleibt er Gast der Fortuna. „Was in den nächsten Tagen und Wochen passiert, entscheidet logischerweise Tony“, sagt Sportchef Mink. Modeste jedenfalls scheint keine Eile zu haben: „Es gibt Angebote, aber es ist noch nichts entschieden.“

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