Ex-FC-Coach wird HSV übernehmenKöln könnte in Relegation auf Hamburger SV mit Baumgart treffen

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Der frühere Köln-Trainer Steffen Baumgart.

Der frühere Köln-Trainer gilt als Kandidat auf das Traineramt beim Hamburger SV.

Es sind offenbar nur noch „letzte Details“ mit dem HSV zu klären. In drei Monaten könnte es zu einem brisanten Wiedersehen kommen.

Am Wochenende weilte Steffen Baumgart noch in München. Man bekommt das immer ganz gut mit, wenn man der Familie Baumgart auf den sozialen Netzwerken folgt. Der ehemalige Trainer des 1. FC Köln und seine Frau Katja, die nicht nur die Reise-Leidenschaft teilen, zeigten sich unter anderem auf dem Viktualienmarkt. In München kam es offenbar auch zu einem Wiedersehen mit Uwe Gospodarek.

Der Torwarttrainer war rund zwei Wochen nach der Trennung von Baumgart Anfang Januar vom FC freigestellt worden. Aus „clubstrategischen Gründen“, wie es offiziell ziemlich nebulös formuliert wurde. Selbiges galt für Baumgarts Assistenten René Wagner.

Der HSV und Baumgart müssen nur noch letzte Details klären

Mit letzterem wird Baumgart – so gut wie sicher – nun schon wieder in Hamburg zusammenarbeiten.  Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ kann entsprechende Medienberichte bestätigen, wonach der 52-Jährige den Zweitliga-Dritten HSV ab sofort übernehmen soll. Es sind nur noch „letzte Details“ zu klären, wie zu erfahren war. Sieben Tage nach der Entlassung von Tim Walter (49) haben die Hanseaten also einen neuen Cheftrainer gefunden, der im sechsten Anlauf für den HSV endlich die Bundesliga-Rückkehr perfekt machen soll.

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Baumgart soll einen Vertrag bis zum 30. Juni 2025 erhalten und wird wohl – wie vermutet – den 35-jährigen Wagner als Assistenten mitbringen. Offenbar aber nicht Gospodarek, denn die Hamburger haben mit Sven Höh (39) noch einen Torwarttrainer unter Vertrag. Baumgart soll am Dienstag in Hamburg offiziell vorgestellt werden und am Nachmittag das erste Training leiten.

1. FC Köln: Baumgart könnte mit dem HSV in Relegation auf Ex-Klub treffen

In gut drei Monaten könnte es dann zu einem höchst brisanten Wiedersehen kommen. Ob man von einem „drohenden“ Wiedersehen spricht, das ist freilich Interpretationssache. Stand jetzt, würde der FC in der Relegation auf den HSV treffen, die am 23. Mai, zuerst mit einem Heimspiel des Bundesligisten, und am 27. Mai dann mit dem Rückspiel beim Zweitligisten ausgespielt wird. Die Kölner sind Drittletzter der Bundesliga, die Hamburger Dritter im Unterhaus.

Das ist natürlich nur eine Momentaufnahme nach jeweils 22 Spieltagen, dennoch ist dieses Szenario absolut möglich. Aktuell trennen die Kölner sechs Punkte auf den rettenden 15. Rang (derzeit Gladbach) und die Hamburger vier Zähler auf den ersten direkten Aufstiegsplatz (aktuell Kiel).

Baumgart und seine Assistenten sind vertragsfrei und in keiner Form mehr an den FC gebunden. Wie berichtet, kam dem ohnehin schon finanziell gebeutelten FC die Trennung des einstigen Erfolgscoaches recht teuer zu stehen kommen. Baumgart trat nicht zurück, eine Abfindung wurde fällig. Baumgart soll nach Informationen dieser Zeitung rund 150.000 Euro monatlich beim FC verdient haben. Bei noch anderthalb Jahren Restlaufzeit des Vertrags wären da rund 2,7 Millionen Euro zusammenkommen. Diese Summe indes musste der FC nicht bezahlen, die Abfindung war offenbar gedeckelt und soll bei rund der Hälfte gelegen haben. Baumgart hatte im Mai 2023 seinen Vertrag in Köln bis 2025 verlängert, selbiges galt für auch sein ganzes damaliges Trainerteam um  Wagner und Gospodarek, die somit ebenfalls Abfindungen erhalten haben dürften.

Die Alternative, den Kontrakt mit Baumgart einfach weiterlaufen zu lassen und dem Coach weiterhin ein monatliches Gehalt zu zahlen, gab es vertraglich offenbar nicht. Der FC wird somit vom HSV auch keine Ablöse erhalten.

In Hamburg wird Baumgart auch auf den langjährigen FC-Spieler Noah Katterbach treffen.  In Köln hatten der Trainer und der Linksverteidiger keine Form der Zusammenarbeit gefunden. Katterbach war bei Baumgart chancenlos – und verließ den FC in Richtung HSV. Erst auf Leihbasis, am 31. Januar schloss er sich den Hanseaten fest an.

Steffen Baumgart: HSV ist „Kindheitsverein“

Der charismatische Coach hatte sich nach seinem Aus in Köln bereits vor einigen Wochen vorstellen können, den Traditionsklub zu übernehmen und endlich zum Wieder-Aufstieg zu führen. Es ist kein Geheimnis, dass der gebürtige Rostocker seit eh und je als Sympathisant der Rothosen gilt, er den HSV als seinen „Kindheitsverein“ bezeichnet. Der Klub sei „ein Verein, den ich emotional ähnlich einschätzen würde wie den FC.“

Baumgart ist für den HSV um den unter Druck stehenden Sportvorstand Jonas Boldt sicherlich die naheliegendste Lösung und hat als Trainer in Paderborn schon einmal mit Bravour demonstriert, dass er ein Aufstiegstrainer sein kann. Beim enttäuschenden 2:2 in Rostock wurden die Hanseaten noch von Interimscoach Merlin Polzin betreut. Baumgart hatte es auch vermeiden wollen, den HSV-Job mit einem Spiel bei seinem Ex-Klub und in seiner Geburtsstadt beginnen. Trainer-Kollege Friedhelm Funkel, sein Vorgänger in Köln, hatte dies angedeutet.

Baumgart und der HSV kommen somit allem Anschein nach im zweiten Anlauf zusammen. Denn HSV-Sportvorstand Jonas Boldt und der Coach hatten bereits vor der Saison 2021/22 miteinander gesprochen, doch zum damaligen Zeitpunkt war der frühere Stürmer bereits in weit vorangeschrittenen Gesprächen mit dem 1. FC Köln, den er dann auch übernahm und in seiner ersten Saison auf einen hervorragenden siebten Platz führte. In seiner zweiten Saison wurde er mit dem FC solider Elfter. Dann folgten die großen Probleme in Köln.

Steffen Baumgart: „Bin kein Typ, der nur noch zu Hause sitzt“

Baumgart hatte sich bereits kurz nach seinem Aus in Köln offen und bereit für einen neuen Job gezeigt. „Ich bin auf Dauer kein Typ, der nur noch zu Hause sitzt. Dann juckt mir der Arsch und meine Frau wird bestimmt sagen: ‚Geh arbeiten, du musst raus“, hatte der Coach mit einem Schmunzeln gegenüber der „Bild“ gesagt. Bereits Ende Januar wäre er wieder bereit gewesen, eine neue Aufgabe zu übernehmen.

Die alte hat Baumgart aber zumindest emotional noch nicht ganz hinter sich gelassen, die Kölner Spiele verfolgt er weiterhin. „Ich gucke das schon und fiebere auch extrem mit. Nach zweieinhalb Jahren kannst du dich diesem Verein nicht mehr entziehen. Dieser Verein macht etwas mit dir. Ich habe zweieinhalb gute Jahre gehabt – auch das letzte halbe Jahr. Ich habe mich sehr wohl gefühlt“, sagte Baumgart, der offenbar mit seinem Nachfolger beim FC, Timo Schultz, gut leben kann und diesem die Aufgabe in Köln auch zutraut: „Mit Schulle haben sie jemanden gefunden, der das sehr gut verkörpert und aus meiner Sicht auch sehr gut macht. Und dann hoffen wir mal, dass das alles gut geht.“

Sollte es aber tatsächlich zum Relegations-Duell mit seinem Ex-Klub FC kommen, dann könnte er auf „Schulle" und Co. keine Rücksicht nehmen. Und es wäre für die Kölner schlicht ein Albtraum, sollte der abgefundene Baumgart mit dem HSV den FC in der Relegation aus der Bundesliga bugsieren. Das ist allerdings ein Szenario, bei dem es noch sehr viele Konjunktive gibt.

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