Kreisligist Arminia 09Was Kölns schlechteste Fußballmannschaft bei Laune hält

Lesezeit 4 Minuten
04.02.2024, Fussball-Croatia - Arminia 09

Spieler von Arminia

Foto: Uli Herhaus

Die Spieler von Arminia 09 haben gelernt, mit Niederlagen umzugehen.

Ein Punkt, 14:133 Tore, auch ein 70-Jähriger muss mal aushelfen: Die Kreisliga-Kicker von Arminia 09 haben zwar keinen Erfolg, aber trotzdem Spaß am Fußball.

Die schlechteste Fußballmannschaft Kölns ist nicht kleinzukriegen. Wirklich wundern würde sich wohl kaum jemand, wenn sie die Brocken hinschmeißen würde. In der Regel läuft es andernorts nämlich genauso ab. Niederlagen hinterlassen Spuren.

Aber die Herren der SpVg. Arminia 09 Köln ticken anders. Selbst die ständigen Demütigungen in der tiefsten aller Spielklassen können ihnen nichts anhaben. Gedanken an eine Kapitulation gibt es nicht. Vielmehr stellen sie sich stets aufs Neue einem Wettstreit, der eigentlich keiner ist.

Der 62-jährige Rouzbeh Gharehkhani und dessen 70-jähriger Onkel helfen bei Arminia 09 als Spieler aus

Die Lust am Spiel sei unerschütterlich. Ans Aufhören denke hier niemand, versichert Rouzbeh Gharehkhani, der vor 34 Jahren seine Heimat verließ, um in Deutschland ein neues Leben zu beginnen. Seit ein paar Monaten steht er der Fußballabteilung vor. Der 62-Jährige ist ein freundlicher, ruhiger Mann. Stets mit einem Lächeln im Gesicht. Er wirkt entspannt. Sehr sogar.

Da passt es ins Bild, dass ihn alle nur Onkel nennen, natürlich auf Persisch. Denn bis auf einen Spieler aus Afghanistan stammen alle aus dem Iran. Heute leben sie in Köln, Bonn, Düsseldorf und sogar Hagen. Über Studenten, Sicherheits- und Lagerfachkräfte, einem Musikproduzenten für iranische Folklore und einem Doktor der Physik hat sich inzwischen eine bunte Mischung zusammengefunden.

Ein Sieg wäre natürlich fantastisch, aber wir brauchen ihn nicht. Nichts wird unsere Begeisterung aufhalten können
Rouzbeh Gharehkhani, Abteilungsleiter von Arminia 09

Dem Einwand, dass man unter der Last der Rückschläge doch irgendwann kapitulieren müsse, entgegnet der gebürtige Teheraner in leisem Ton: „Es ist die Liebe zum Spiel, die uns antreibt und die wir alle im Blut haben. Daran können auch noch so viele Niederlagen nichts ändern. Ein Sieg wäre natürlich fantastisch, aber wir brauchen ihn nicht. Nichts wird unsere Begeisterung aufhalten können“, sagt Rouzbeh Gharehkhani, der, wenn Not am Mann ist, auch als Spieler zur Verfügung steht. „Das gehört zu einer Gemeinschaft dazu. Aber ich spüre danach jeden Knochen“, meint er und lächelt.

Den Altersrekord hält er damit nicht. In Ermangelung von Spielern habe sein Onkel der Arminia einmal 90 Minuten ausgeholfen. Mit 70 Jahren. Es gehe ihm weiterhin gut, so Gharehkhani.

In der Staffel 3 der Kölner Kreisliga D liegt Arminia 09 auf dem letzten Tabellenplatz. In 17 Meisterschaftsspielen verlor das Team 16 Mal. Das torlose Unentschieden resultierte aus der Partie gegen die dritte Mannschaft von Roland Bürrig aus Leverkusen.

Arminia 09 blickt auf ein Torverhältnis von 14:133

Dem einzigen Punktgewinn steht ein Torverhältnis von 14:133 gegenüber. Das sind beinahe acht Gegentore pro Spiel. Die höchste Saisonniederlage kassierten die 09er gegen Germania Ossendorf II. 2:20 lautete am 24. September das Endergebnis. Alleine 13 Treffer gingen damals auf das Konto des Fußball spielenden MMA-Kämpfers Ludwig Wolper. Einem ehemaligen Jugendspieler des 1. FC Köln.

Der amtlichen Statistik folgend haben sich im bisherigen Saisonverlauf vier Akteure als Torhüter versucht. Der Torflut allesamt hoffnungslos ausgeliefert waren Ahmed Zareei (48 Gegentore in sechs Spielen), Afsin Rafietaheri (53/7) und Javad Kabol (26/2). Milad Mirigonbadi (4/1) beließ es bei einem Einsatz zwischen den Pfosten.

Wir mögen als Fußballer keine Vorbilder sein, aber mit unserem Auftreten und Benehmen ist es sehr wohl unser Anspruch
Rouzbeh Gharehkhani

Für die Defensivarbeit ist Kapitän und Anführer Keyvan Baei nicht zuständig. Die Auftritte des eher schmächtigen Mannes mit der Rückennummer 7 verheißen allerdings regelmäßig Spektakel. Nicht immer hat dies mit einer gelungenen Aktion zu tun. Nach einem vergleichsweise harmlosen Körperkontakt geht der iranische Stürmer auch gerne mal in die Horizontale über und dürfte mit seinem von Schmerz getragenen Aufschrei am Sonntagmorgen so manch einen aus dem Schlaf gerissen haben.

Keyvan Baei ist Arminias Freigeist mit dem Hang zur Theatralik

Nach wenigen Sekunden geht es aber in aller Regel weiter. Mit „Ein bisschen Spaß muss sein“ könnte Schlagbarde Roberto Blanco womöglich auch Leute wie Keyvan Baei im Sinn gehabt haben.

Nicht ganz so amüsant fand Gharehkhani hingegen die Halbzeitzigarette, die sich der Freigeist nach 45 Minuten im Spiel bei Nippes 78 II gegönnt und auf einem Bild in dieser Zeitung zu sehen war. „Das geht natürlich nicht. Als Spieler auf einer Sportanlage zu rauchen, ist nicht in Ordnung und nicht zu akzeptieren. Das habe ich allen gesagt und es wird nicht wieder vorkommen. Wir mögen als Fußballer keine Vorbilder sein, aber mit unserem Auftreten und Benehmen ist es sehr wohl unser Anspruch“, meint Gharehkhani.

Arminia 09 führt das Fairplay-Ranking souverän an

Auch hier bestätigt das Zahlenwerk das Gesagte und das vorbildliche Verhalten der Arminia, die in diesem Punkt der Konkurrenz längst enteilt ist. Die erste Gelbe Karte im laufenden Spielbetrieb gab es am achten Spieltag. Mit bislang erst neun Gelben Karten und ohne weitere Verwarnungen führt das Team von der Fritz-Hecker-Straße in Raderthal somit das Fairplay-Ranking souverän an.

Beinahe überflüssig zu erwähnen, dass sich die Spielvereinigung auch im ersten Testspiel des Jahres ebenso wie Croatia Köln in vorbildlicher Weise dem Regelwerk unterordnete. Dass am Ende erneut eine Niederlage zu Buche stand, ist allenfalls eine Randnotiz.

KStA abonnieren