Der 40-Jährige tritt mit RW Köln in der Bundesliga an. Im Interview spricht der Routinier über seine Ziele und seinen Sieg über Rafael Nadal.
Kölner Tennisspieler Dustin Brown„Ganz gut reingespielt, die Murmel“

Dustin Brown, Kölns erfahrener Doppel-Spezialist
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Während sich einige seiner Teamkollegen in London durch die Wimbledon-Qualifikation spielen, trainiert Tennis-Ruheständler Dustin Brown auf den Sandplätzen am Olympiaweg für die Bundesliga-Saison 2025. Für den 40-jährigen Doppelspezialisten des KTHC Stadion RW soll sich im deutschen Tennis-Oberhaus ein Kreis schließen. Zehn Jahre nach dem Sieg gegen Rafael Nadal spricht Brown über den herausragenden Erfolg und sein Leben nach der Profikarriere.
Herr Brown, Sie haben letztes Jahr Ihre aktive Profikarriere beendet. Vermissen Sie das Leben auf der Tour schon?
Nein, ich bin schon noch froh, zu Hause zu ein. Das Reisen ist das, was ich am wenigsten vermisse. Nicht mehr 40 Wochen im Jahr unterwegs zu sein, im eigenen Bett zu schlafen, das macht schon was. Jetzt kann ich einfach Pläne machen, kann ganz spontan sagen, wir gehen ins Kino, treffen uns zum Essen oder ich komme zu einer Hochzeit, zu einem Geburtstag. Sachen, die für normale Menschen normal sind.
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Normal ist Ihr Leben als Tennisprofi nicht verlaufen. Wie blicken Sie mit etwas Abstand auf die letzten 23 Jahre?
Ich schaue schon gerne zurück, aber es ist nicht so, dass ich durchs Leben laufe und das sage. Klar habe ich das Leben, das ich habe, weil ich früher gut Tennis gespielt habe, aber es ändert nichts, wenn ich in den Supermarkt gehe und für meine im März geborene Tochter einkaufe. Es ist nicht so, wie bei Roger Federer, dass ich nicht auf der Straße rumlaufen kann. Die Leute erkennen mich zwar teilweise. Aber so richtig Chaos entsteht nur, wenn ich in London, während Wimbledon rumlaufe.
Wenn es auf dem heiligen Rasen zur Sache geht, werden auch wieder Videos von Ihrem Sensationssieg gegen Rafael Nadal 2015 geteilt. Gehen Sie mit, wenn Sie online als „Tennis-Magier“ bezeichnet werden?
Zurecht, ja … (lacht). Nein, aber natürlich ist das schön. Ich gucke mir die Videos selber schon gerne an, wenn sie mir jemand schickt. Von da aus kann es dann in so einen Tunnel gehen und man findet ein neues Video von Highlights, die ich schon vergessen hatte. Dann gucke ich es mir an und denke: „Okay, schonmal ganz gut reingespielt, die Murmel.“ Auf der anderen Seite bin ich objektiv und weiß, dass es lang genug her ist.
Im Vorjahr haben Sie ihre Karriere vor allem wegen körperlicher Beschwerden beendet. Wie geht es Ihnen mit dieser Entscheidung heute?
Ich liebe immer noch Tennis und fühle mich echt gut, wenn ich auf dem Platz bin. Aber jetzt geht es um Regeneration und um den Körper. Da muss ich ein bisschen mehr vor und nach dem Training machen, zum Physio gehen und so weiter… Ich habe eben am Rücken die Stelle, wo mir 2023 in Stuttgart die Bandscheibe gerissen und in den Spinalkanal gelaufen ist. Damals konnte ich sechs Monate nicht richtig gehen. Dass ich jetzt nochmal in der Bundesliga spielen kann, mit den Jungs – Besser hätte es eigentlich nicht laufen können.
Ich liebe immer noch Tennis und fühle mich echt gut, wenn ich auf dem Platz bin
Einzel spielen Sie wegen zu hoher Verletzungsgefahr nur noch im Training. Im Doppel wollen Sie es als ehemalige Nummer 43 der Weltrangliste aber nochmal wissen?
Ja, ich habe mit Andrea Vavassori lange auf der Tour gespielt und jetzt gewinnt er Grand Slams. Genauso mit Jonathan Marray, der 2012 die Doppel-Konkurrenz von Wimbledon gewonnen hat. Auch Evan King war mein Doppelpartner und steht jetzt unter den ersten 20 der Welt. Da kann man sich vorstellen, dass ich auch jetzt noch einen eigenen Anspruch habe und nicht sage „Ich bin retired“, sondern in der Bundesliga schon noch die Matches gewinnen und die Leute schlagen will. Dafür stehe ich fast jeden Tag auf dem Platz, trainiere den Körper, um ihn einigermaßen fit zu halten.
Kein einfaches Unterfangen, wenn man sich die Entwicklung im Profitennis ausschaut. Wie nehmen Sie diese wahr?
Die Tour ist generell professioneller geworden. Selbst auf der Future-Tour siehst du Leute mit Konditionstrainer, dies, das. Das war bei uns damals nicht so. Jetzt wird viel mehr verdient, vom Preisgeld her. Als ich das erste Mal bei einem Grand Slam in New York die US-Open gespielt habe, da habe ich 17.500 US-Dollar bekommen. Jetzt gibt es für „Erste Runde verlieren“ 66.000. Das ist viel mehr Geld, aber es sind jetzt auch viel mehr Leute dabei, neben den Trainern auch die Frau, teilweise Kinder. Es hat sich viel geändert. Alle spielen viel besser, aber das Spiel ist langsamer geworden und deswegen werden die Körper anfälliger, wenn die Matches länger dauern. Da hat Tennis viel mehr mit Fitness zu tun, weil alle ein sehr, sehr hohes Level spielen.
Zur Person: Dustin Brown (40), geboren in Celle, ist ein deutsch-jamaikanischer Tennisspieler. Er erreichte sein Karrierehoch mit Platz 64 im Einzel (10. Oktober 2016) und Platz 43 im Doppel (14. Mai 2012). Er gewann ca. 3,13 Mio. US-Dollar Preisgeld und triumphierte u. a. mit zwei ATP-Doppeltiteln (Metz 2010, Casablanca 2012). Besonders bekannt sind seine sensationellen Siege gegen Rafael Nadal (Halle 2014, Wimbledon 2015). Aktuell ist er im Doppel für KTHC Rot‑Weiss Köln in der deutschen Bundesliga aktiv. (red)
Dieses wollen Sie auch mit den RW-Herren in der Bundesliga erreichen. Wie schätzen Sie Ihre Rolle im Team ein?
Erstmal bin ich der Älteste, das merkt man halt, dass die anderen Sachen fragen. Ich spiele zwar nur noch Doppel, aber die Jungs fragen und hören dann auch auf das, was ich sage. Das macht mir Spaß, mit ihnen zu arbeiten und auch mal, so wie Ralph (Grambow, Cheftrainer; Anm. d. Red.), auf der Bank zu sein. Ich habe einfach extrem viel Tennis gesehen und breche mir keinen Zacken aus der Krone, wenn ich technische oder taktische Tipps gebe. Die Jungs können alle Tennis spielen und viele haben ein höheres Einzel-Ranking als ich es gehabt habe (Nummer 64 der Welt, d. Red.), aber wenn man von außen guckt, sieht man Sachen, die man im Match nicht mitbekommt. Das ist ja Sinn der Sache, dass die Mannschaft gewinnt.

Jubelschrei nach dem Sieg über Rafael Nadal in Wimbledon: Dustin Brown
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Schon zu Profizeiten haben Sie das RW-Team als „Familie“ bezeichnet. Wie würden Sie diesen Spirit, der auch von Ihnen seit zehn Jahren aufrechterhalten wird, beschreiben?
Ich finde einfach, dass alle sich sehr wohlfühlen und auf die gemeinsame Zeit zwischen den Turnieren freuen. Sussi (Sussan Karimi, Teammanagerin, d. Red.) und alle anderen machen das auch wirklich gut, dass wir zusammen essen gehen, Spaß haben, dass es sich für die Jungs wie eine Auszeit anfühlt. Die sind viele Wochen weit weg, in Südamerika, Amerika oder Australien, unterwegs und freuen sich, eine Anlaufstation zu haben. Auch wenn es erst am 6. Juli losgeht, muss Sussi in der WhatsApp-Gruppe jetzt schon manchmal die Ohren zumachen.
Wenn Ihre letzte Bundesliga-Saison hoffentlich mit dem Klassenerhalt abgeschlossen ist, gibt es schon einen Plan für die Karriere nach der Karriere?
Der ist noch nicht richtig ausgeklügelt. Ich werde sicher weiter Tennis spielen. Als Coach möchte ich nicht arbeiten, nur wenn meine Tochter sich das wirklich antun möchte und irgendwann auf die Damen-Tour gehen möchte (lacht)… Was mir aber immer Spaß gemacht hat, auch während der Karriere, sind Immobilien, da zu investieren. Außerdem mache ich Beratung, in Richtung Management. Das habe ich auch schon die letzten Jahre begonnen, mit ein paar Spielern zusammen. Es geht darum, Sachen, die ich hart, auch durch Fehler, lernen musste, jetzt weiterzugeben.
Nicht im Detail, aber allgemein gesprochen: Was wäre Ihr Ratschlag für jüngere Spieler?
Dass man an seine Träume glaubt. Egal was andere sagen, immer weitermacht. Wenn man sich zum Beispiel meine Anfänge auf Jamaika vor Augen führt, wo meine Familie herkommt, wie wir dort gewohnt haben und wie wir da mit alten Bällen, auf Tennisplätzen, die völlig runtergerockt waren und man froh sein konnte, dass die Bälle überhaupt springen, dann ist das sehr, sehr weit weg vom Wimbledon-Centercourt. Es hat bei mir oft nicht so ausgesehen, aber ich habe immer weitergemacht und dran geglaubt.