Kommentar zur DFB-ElfFlick bleiben 15 Monate, damit die Heim-EM kein Debakel wird

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Bundestrainer Hans-Dieter Flick gestikuliert im Spiel gegen Belgien an der Seitenlinie.

Bundestrainer Hans-Dieter Flick gestikuliert im Spiel gegen Belgien an der Seitenlinie.

Das 2:3 gegen Belgien hat gezeigt, dass die deutsche Mannschaft derzeit nicht in der Verfassung ist, um um Titel zu spielen. 

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist am Dienstag nur knapp einem Debakel entgangen. Das enge Resultat von 2:3 mag darüber hinwegtäuschen, doch was Belgien gerade in der ersten halben Stunde auf dem Rasen von Müngersdorf veranstaltete, war eine brutale Offenlegung der deutschen Schwäche. Mit ein wenig Glück wäre für Flicks Auswahl in der Schlussphase mehr drin gewesen als die knappe Niederlage, jubelte der Stadionsprecher zwar nach dem Abpfiff. Doch umgekehrt galt ebenso: Mit etwas Pech hätte es zur Halbzeit gut und gerne 0:4 stehen können.

Beide Trainer wurden hinterher zum Grad ihrer Überraschung gefragt. Hansi Flick sagte nach der ersten Niederlage im neuen Jahr, er habe durchaus erwartet, dass der Weltranglisten-Vierte seiner Mannschaft Schwierigkeiten bereiten werde. Und auch Domenico Tedesco fand, dass die 42 000 im ausverkauften Stadion keine wirkliche Sensation erlebt hatten. Die deutsche Schwäche sei eben auch mit der belgischen Stärke zu erklären.

Eine für beide Trainer komfortable Deutung, daher hört man sie grundsätzlich oft nach Fußballspielen, in denen die eine Mannschaft überragt hat und die andere nicht: Guter Gegner, kann passieren.

Keine Bereitschaft, sich dem Gegner zu stellen

Doch so einfach ist das nicht, denn die deutsche Mannschaft spielt sich auf eine Heim-EM ein, die derzeit mehr Bedrohung als Verheißung ist. Dieses 2:3 von Köln wird in die Geschichte der deutschen Elf eingehen als das Spiel, in dem der zarte Aufwärtstrend nach mehreren schwachen Turnieren jäh gebrochen wurde. Von einer deutschen Elf, die eine halbe Stunde lang jede Bereitschaft vermissen ließ, sich mit dem Gegner zu duellieren.

Es war ein unangenehmer Auftritt der Deutschen, die personell am Dienstag womöglich schwächer besetzt waren als der Gegner. Die aber auch bei weitem nicht das körperliche, taktische und kämpferische Niveau aufbrachten, um Belgien auf Augenhöhe zu begegnen.

Auch früher gab es dürre Auftritte in Testspielen, die deutsche Elf war berüchtigt dafür und erspielte sich auch auf diese Weise den Ruf einer Turniermannschaft: Denn sobald es um Titel ging, gab es Leistung; ganz gleich, was vorher gewesen war. Doch nach Serien mittelmäßiger Auftritte und ausbleibender Siege kam die deutsche Elf zuletzt auch bei Turnieren nicht mehr auf Temperatur. Am Ende heißt es dann wie am Dienstag nach dem gnädigen 2:3 gegen Belgien, dass nur das Glück gefehlt habe.

Doch das stimmt nicht. Die strukturelle Abwesenheit von Glück ist Unfähigkeit. Der deutschen Elf bleiben bis zur Heim-EM 15 Monate Zeit, sich wieder in eine Position zu bringen, aus der Glück zu erzwingen ist. Denn was hätte sein können, zählt nach einem Turnier nicht. Diese Erfahrung will der deutsche Fußball in anderthalb Jahren nicht schon wieder machen müssen. 

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