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Sportler des JahresStrahlende Zukunft der deutschen Leichtathletik

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Die Stars des Abends: Malaika Mihambo und Niklas Kaul im Kursaal Baden-Baden 

Baden-Baden – Eigentlich, sagte Malaika Mihambo grinsend, sei es „ganz einfach“. Lachen und Applaus schallten durch das Kurhaus Baden-Baden, als Deutschlands frischgekürte Sportlerin des Jahres von ihrem gewaltigen, wunderschönen und titelbringenden Weitsprung auf 7,30 Meter bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Doha berichtete. Während die Moderatoren Katrin Müller-Hohenstein und Rudi Cerne bei ihrem besten Moment des Abends ein Maßband durch den Gala-Saal vorbei an drei Tischen und diversen Stühlen spannten, um die immense Dimension dieses Sprungs zu verdeutlichen, erklärte Mihambo in ihrem golden funkelnden Kleid: „Ein kräftiger Absprung, ein guter Anlauf, viel Geschwindigkeit und dann ausfliegen.“ Ganz einfach also.

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Leichtathletik schlägt Triathlon

Die weltbeste Weitspringerin und Olympia-Hoffnung für Tokio 2020 war bei der Journalisten-Wahl die logische Gewinnerin, auch wenn die schiere sportliche Wucht der Leistung von Ironman-Siegerin Anne Haug vielleicht noch höher zu bewerten ist – die 36-Jährige landete in Baden-Baden auf Platz zwei. Wohl, weil die 25 Jahre alte Mihambo mit ihrem sympathischen Auftreten und ihrem natürlichen Charisma das neue Aushängeschild der deutschen Leichtathletik ist, zusammen mit ihrem nicht minder beeindruckenden männlichen Gegenpart bei der Sportlerwahl: Zehnkämpfer Niklas Kaul, 21 Jahre, ebenfalls Weltmeister in Doha. Mihambo triumphierte erwartbar. Doch Kaul lief, sprang, warf und stieß sich sensationell zu 8691 Punkten und Gold. So musste auch bei den Männern der Triathlon der Leichtathletik den Vorzug lassen. Ironman-Weltrekordler Jan Frodeno wurde Zweiter.

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Malaika Mihambo

Für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) war es ein schillernder Abend in Baden-Baden. Erstmals seit 2013, als Diskus-Ass Robert Harting und Speerwerferin Christina Obergföll ausgezeichnet wurden, gab es wieder einen Doppelsieg. „Es war ein deutliches Lebenszeichen der Leichtathletik. Das ist eine sehr hohe Anerkennung, und ich denke, das ist auch ein Versprechen für die Zukunft“, sagte DLV-Präsident Jürgen Kessing und lobte Kaul und Mihambo: „Beide haben jetzt schon eine Ausstrahlung, die unglaublich ist. Sie kommen authentisch rüber und haben die Bodenhaftung nicht verloren. Ich glaube, das spüren die Menschen, deshalb schlägt ihnen auch die Sympathie entgegen.“

Cerne vs. Müller-Hohenstein

Tatsächlich wurde die gesamte Veranstaltung vor allem von den Auftritten der beiden getragen. Das Moderatoren-Duo hatte sich etwas in Frotzeleien verrannt (Cerne vor Showbeginn über Müller-Hohenstein: „Die wird hinten noch in ihr Kostüm gebracht“ und  später über ihr schulterfreies Kleid: „Ich wünsche dir sehr, dass es hält die nächsten 90 Minuten“). Mihambo und Kaul fanden hingegen frische und richtige Worte, auf der Bühne und beim Pressegespräch. Die Leichtathleten sorgen sich um die Vielfalt im deutschen Sport, die durch die Übermacht des Fußballs gefährdet ist. „Es sollten viele Sportarten neben dem Fußball existieren und Aufmerksamkeit bekommen“, sagte Kaul, Mihambo fügte an: „Es ist enorm wichtig, dass die tolle sportliche Vielfalt, die Deutschland zu bieten hat, auch gezeigt wird. Es ist beispielsweise in der Leichtathletik schon bedenklich, dass Meetings wie die Diamond League in Deutschland nicht gezeigt werden – nicht einmal im Livestream.“

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Erzwungene Einlage: Skispringer Markus Eisenbichler schuhplattlert.

In einer lange erfrischend fußballfreien Veranstaltung hielt der Volkssport Nummer eins dann doch zweimal Einzug – in ausgesprochen dämlichen Kontexten. So wurde Bayern-Patriarch Uli Hoeneß im Rücktritts-Segment erwähnt, an der Seite von Basketball-Legende Dirk Nowitzki. Später wurden dann noch Grundlagen-Phrasen aus dem Handbuch für Motivationscoachs von Liverpools Trainer Jürgen Klopp zitiert – als Einstimmung auf die Bekanntgabe der Mannschaft des Jahres. Warum? Das schien niemand genau zu wissen. Auch nicht die siegreichen Skispringer. Liverpool ist nicht teilnahmeberechtigt und Double-Sieger FC Bayern schaffte es nicht unter die besten zehn Teams. Skisprung-Weltmeister und Vorzeige-Oberbayer Markus Eisenbichler wurde dann von Moderator Cerne zum Abschluss noch zu einem Schuhplattler verdonnert. Er lieferte souverän. Es sei allerdings kein echter gewesen, wie Eisenbichler einräumte: „Weil i koi Lederhosen anghabt hab.“ Sonst wäre auch das mit Sicherheit ganz einfach gewesen.