Die 27-jährige Rennreiterin hat als erste Frau das Deutsche Derby gewonnen. Das ist ihre Geschichte.
Nach historischem Sieg im Galopp-DerbyNina Baltromei reitet nach ihrem traumhaften Aufstieg in Köln

Große Geste: Nina Baltromei widmet ihren Sieg beim 156. Deutschen Derby in Hamburg ihrem 2012 verstorbenen Vater Werner.
Copyright: IMAGO/Nordphoto
Es ist kein Wunder, dass die Rennreiterin Nina Baltromei in diesen Tagen manchmal noch glaubt, sie träume. „Ich habe langsam realisiert, was passiert ist. Aber es bleibt ein bisschen unwirklich“, sagt die 27-Jährige – einen knappen Monat nach dem Tag, an dem sie schlagartig berühmt wurde. Denn am 6. Juli in Hamburg schrieb sie Sportgeschichte – in rasanter Art, passend zum Tempo auf den Galopprennbahnen.
Ihr Sieg im 156. Deutschen Derby mit dem Hengst Hochkönig war der erste, den je eine Frau in dem Rennen für dreijährige Pferde im Sattel feierte. Und was für einer: 17 Starter, 2400 Meter – und ein Zielfoto-Entscheid, bei dem sie hauchdünn gegen den englischen Gast Convergent mit Clifford Lee gewann.
Nina Baltromei musste auf dem Weg zum Erfolg Täler durchschreiten
All das geschah, nachdem Baltromei erst am 16. Juni von den Amateurreitern zu den Profis gewechselt war und bei Trainerin Yasmin Almenräder auf ihrer Heimatbahn in Mülheim an der Ruhr eine Jockey-Ausbildung begonnen hatte. „Das Derby war ein richtig schöner Moment“, meint Baltromei. „Aber es ist vorbei, und es geht weiter.“
Seit dem Derby hat sie schon circa 30 Rennen bestritten, am Samstag wird sie auch beim Renntag in Köln-Weidenpesch (ab 11 Uhr) zu bewundern sein – unter anderem um 12.50 Uhr im Auktionsrennen für Zweijährige, in dem sie mit Henk Grewes Perito startet.
Es war auf der Zielgeraden so, als ob irgendeine andere Macht dabei war. Dass auf einmal alles wie gemalt aufging, es im Ziel so gereicht hat. Ich habe auf jeden Fall gespürt, dass er da war
Mit den englischen Vollblütern kennt sie sich aus, sie gehörten schon immer zu ihrem Leben. Nina Baltromei ist die Tochter des Galopptrainers Werner Baltromei, der im Mai 2012 im Alter von 49 Jahren einem Krebsleiden erlag. Ihm widmete Nina Baltromei ihren Derby-Triumph, als sie – nachdem sie in Hamburg zur Siegerin erklärt worden war – mit dem Finger gen Himmel zeigte, ein Motiv, das inzwischen ihre Autogrammkarten ziert. „Es war so ein Moment“, sagt sie – und erzählt: „Ich hatte vorher viel über ihn nachgedacht, er ist mein großes Vorbild. Es war auf der Zielgeraden irgendwie so, als ob irgendeine andere Macht dabei war. Dass auf einmal alles wie gemalt aufging, es im Ziel so gereicht hat. Ich habe auf jeden Fall gespürt, dass er da war.“ Und: „Schade, dass er nicht mehr da ist, das hätte er gern live miterlebt.“

Nina Baltromei küsst ihr Pferd "Hochkönig" nach ihrem Sieg beim Deutschen Derby.
Copyright: Marcus Brandt/dpa
Auf dem Weg zum Erfolg, der am Ende so glatt verlief, musste Nina Baltromei Täler durchschreiten. Sie war eine begabte junge Reiterin, knapp 14 Jahre alt, als der Tod des Vaters sie erschütterte. Bei Yasmin Almenräder, die 2014 dessen Stall übernahm, war sie danach als Arbeitsreiterin angestellt. Da am Stall beschäftigte Arbeitsreiter bis 2022 nicht als Amateurrennreiter tätig sein durften, bestritt sie keine Rennen. Sie suchte aber auch keinen Ausweg aus der Lage, denn sie hatte damals mit Problemen zu kämpfen. „Ich habe auch aus Gewichtsgründen aufgehört mit den Rennen. Mein Körper hat es nicht zugelassen, er hat blockiert, es hat nichts gebracht, es zu erzwingen“, berichtet sie.
Sie habe deshalb zwischenzeitlich den Standort gewechselt, war von 2017 bis 2020 im Kölner Stall von Henk Grewe engagiert. Offenbar half es ihr. „Dann kam ich zurück nach Mülheim, und es lief mit dem Gewicht ganz gut. Es hat mich wieder gepackt. Dass es dann so verläuft, damit habe ich nicht gerechnet. Ich habe mit einem eigenen Pferd angefangen, es hat Spaß gemacht. Es kam gut an, die Trainer und Besitzer haben mich sehr gefördert und gut aufgenommen. Dann hat es seinen Lauf genommen.“
Ihr absolutes Gewichtsminimum beträgt seither 56 Kilo – bei einer Größe von 1,68 Metern. „Ich habe mich mit meiner Chefin entschieden, dass ich mit 57 Kilo reite, damit ich noch genug Kraft habe“, sagt Baltromei, die 2024 Champion der Amateurreiterinnen war. Bis Juni 2025 gelangen ihr 45 Siege, bevor sie die Ausbildung bei den Profis begann. Der Unterschied: Während Amateure ohne Bezahlung und meist nebenberuflich starten, reiten Profijockeys hauptberuflich, mit Lizenz und Honorar – auch in hochdotierten Rennen wie dem Derby.
Apropos Derby: Am Sonntag ist Baltromei in Düsseldorf im Stuten-Derby, dem Preis der Diana, für Grewe im Einsatz – im Sattel der Stute Meeresbrise (Start: 15:40 Uhr). Das Pferd sei zwar nur Außenseiter, meint die Reiterin. „Aber es regnet viel, und ich glaube, dass sie mit weichem Boden gut zurechtkommt.“