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Saisonstart der Virtuellen BundesligaKöln ist das deutsche Zentrum des E-Sports

Lesezeit 7 Minuten
Medienrunde bevestor Virtual Bundesliga 1. FC Koeln 25.03.2022 Trainingseinheiten in der neuen eSports Lounge im RheinEnergie Stadion: Tim TheStrxngeR Katnawatos mit Headset, Denis Denis Mueller und Lukas Idealz Schmandt Coach, stehend Medienrunde bevestor Virtual Bundesliga 1. FC Koeln eSports Lounge RheinEnergie Stadion, Koeln *** Media round bevestor Virtual Bundesliga 1 FC Koeln 25 03 2022 training sessions in the new eSports Lounge at RheinEnergie Stadion Tim TheStrxngeR Katnawatos with headset , Denis Denis Mueller and Lukas Idealz Schmandt Coach, standing Media round bevestor Virtual Bundesliga 1 FC Koeln eSports Lounge RheinEnergie Stadion, Koeln Copyright: xBEAUTIFULxSPORTS/Wunderlx

Die E-Sports-Profis des FC in ihrem Element: Tim „TheStrxngeR“ Katnawatos (mit Kopfhörern) und Denis „Denis“ Müller (rechts). Lukas „Idealz“ Schmandt (hinten) hat den FC inzwischen verlassen.

Die neue VBL-Saison startet mit einem Offline-Spieltag in Lukas Podolskis Soccerhalle in Mülheim. Was erhoffen sich FC und Bayer 04?

Fußball, Eishockey, American Football, Hockey – Köln ist eine mit Topteams aus verschiedensten Sportarten gespickte Stadt. Doch nicht nur auf dem Rasen oder Eis geht es hochklassig zur Sache. Im digitalen Bereich ist der Stellenwert der Stadt noch größer: Köln ist das Zentrum des deutschen E-Sports. Nicht nur wegen der „IEM Cologne“, dem weltweit größten Counter-Strike-Turnier, das jährlich die Lanxess-Arena füllt.

Denn auch der wichtigste deutsche Wettbewerb im Bereich der Sportsimulationen hat sein Zuhause hier gefunden. Wann immer die Virtual Bundesliga (VBL) in den vergangenen Jahren zu Präsenz-Events geladen hat, haben diese in Köln stattgefunden.

In Lukas Podolskis „Strassenkicker-Base“ in Köln-Mülheim finden regelmäßig Offline-Spieltage der VBL statt.

In Lukas Podolskis „Strassenkicker-Base“ in Köln-Mülheim finden regelmäßig Offline-Spieltage der VBL statt.

Zuletzt kamen im Mai mehr als 1000 Fans in Lukas Podolskis „Strassenkicker Base“ in Mülheim zusammen, als beim zweitägigen Abschlussturnier der Deutsche Meister der VBL unter allen Einzelspielern ermittelt wurde. Auch der Weltmeister selbst war schon bei E-Sports-Veranstaltungen in seiner Soccerhalle vor Ort. Der Auftakt der neuen Saison findet am Wochenende als „Offline-Spieltag“ ebenfalls in Mülheim statt.

DFL und EA Sports gründeten die VBL 2012

Rückblick: 2012 hatte die Deutsche Fußball-Liga (DFL) zusammen mit Videospiel-Hersteller EA Sports – dessen Deutschland-Zentrale ebenfalls in Köln liegt – als erste Profiliga-Organisation einen eigenen E-Sport-Wettbewerb ins Leben gerufen: die Virtual Bundesliga. Darin treten zumeist junge Menschen online mit virtuellen Bundesliga-Teams in der weltweit millionenfach verkauften Videospiel-Reihe „EA Sports FC“ gegeneinander an, die bis vor kurzem noch „EA Sports Fifa“ hieß, aber mangels einer Einigung zwischen dem Videospiel-Giganten und dem Fußball-Weltverband auf eine Verlängerung der Kooperation umbenannt wurde.

Die VBL startet in ihre zwölfte Saison – es ist eine besondere Spielzeit. Denn zum ersten Mal greift eine Entscheidung, die die 36 Klubs der Bundesliga und Zweiten Liga fast einstimmig getroffen haben, um den Wettbewerb weiter zu professionalisieren: Die Lizenzierungsordnung der DFL sieht jetzt eine Teilnahme aller Vereine an der VBL Club Championship (siehe unten) vor.

Nur Union Berlin verweigert eine Teilnahme an der VBL

„Das ist ein Meilenstein für den Wettbewerb“, sagt Jörg Höflich, der bei der DFL für die Virtual Bundesliga verantwortlich ist, im Gespräch mit dieser Zeitung. „Dieser Schritt trägt dem seit Jahren wachsenden Interesse Rechnung und bietet ganz neue Möglichkeiten, den Wettbewerb weiterzuentwickeln.“ 35 von 36 Mannschaften sind dabei, zum ersten Mal auch der BVB und der FC Bayern.

Nur Union Berlin verzichtet. E-Sport sei nicht Teil der Ausrichtung des Klubs, hatten die Köpenicker zuletzt erklärt. Da es sich bei der VBL-Teilnahme nur um ein B-Kriterium der DFL-Lizenzvergabe handelt, muss Union keinen Lizenzentzug befürchten – wohl aber eine schmerzhafte Geldstrafe.

Wer im E-Sport unterwegs ist, wird immer wieder mit Stereotypen konfrontiert. Doch das Klischee von unbeweglichen jungen Männern in dunklen Kellerräumen voller Chipstüten und Energydrinks entspricht nicht der Realität. So bietet Bayer 04 Leverkusen seinen Fifa-Spielern beispielsweise ein Fitnesstraining und eine Ernährungsberatung an. Sie dürfen auch die „Werkstatt“, das moderne Trainingszentrum der Fußballprofis in der Bay-Arena, nutzen.

Die E-Sports-Lounge im Osten der Bay-Arena

Heimspielstätte der Leverkusener Gamer: Die E-Sports-Lounge im Osten der Bay-Arena

Inzwischen gibt es eine fast 50-seitige, offizielle Spielordnung, die den Verlauf einer Saison in der Virtual Bundesliga detailliert regelt: von der Zusammensetzung der Teams über den Ablauf eines Spieltags bis zu Spielkleidung, Spielstätten, einem Wettverbot und der Verpflichtung zur Durchführung von Schulungen zur Prävention von Spielmanipulation.

Leverkusener Fifa-Spieler unter den Top 20 der Welt

„Die Jungs sind Vorbilder für viele junge Menschen. Darüber müssen sie sich bewusst sein. Und sie vertreten Bayer 04“, sagt Josua Lehr, Leiter des E-Sports beim Werksklub. Leverkusens Team besteht aus einem E-Sport-Manager und drei Spielern: Mario Lovrinovic (20), Marc Landwehr (21) und Sean Landwehr (20). Letzterem ist in London kürzlich die Qualifikation für eine Liga der Top-20-Fifa-Spieler weltweit gelungen.

Unsere Spieler sind alle Jungs aus der Region, da legen wir Wert drauf
Leverkusens E-Sport-Chef Josua Lehr

„Unsere Spieler sind alle Jungs aus der Region, da legen wir Wert drauf“, sagt Lehr. „Natürlich müssen wir für Außenstehende vieles erklären. Aber das Verständnis kommt in der Regel schnell: Wir können Zielgruppen bedienen, die der traditionelle Fußball nicht mehr so leicht erreicht.“

Über das Videospiel werden Fans zu Bayer 04 gelockt, um dann im Idealfall Anhänger der echten Fußballer der Werkself zu werden. „Diesen Doppelpass zwischen virtuellem und grünen Rasen wollen wir spielen“, sagt Lehr. In der neuen VBL-Saison peilt Bayer 04 die Playoffs an. „Wenn wir einen richtig guten Lauf haben, dann ist alles möglich“, so Lehr.

E-Sport als weiterer Marketing-Kanal für die Bundesligisten

Der 1. FC Köln ist ähnlich ambitioniert. „Wir haben in vergangenen Jahren immer die Endrunde der besten sechs Teams erreicht und wollen uns auch dieses Jahr wieder qualifizieren. In den Finals ist dann immer alles möglich. Wir haben an unserem Team wenig verändert. Unsere Jungs gehören zu den erfahrensten in der VBL“, sagt Geschäftsführer Markus Rejek im Gespräch mit dieser Zeitung.

Aber auch für den FC ist E-Sport vor allem ein weiterer Marketing-Kanal mit einer besonders jungen Zielgruppe. „Wir stellen fest, dass es eine wachsende Zielgruppe gibt, die sich zwar mit FC identifiziert, denen aber das klassische Stadionerlebnis weniger wichtig ist. Dieser Zielgruppe machen wir mit dem E-Sport ein attraktives Angebot. Wir geben ihnen ein Spielfeld, um sich auf ihre Weise mit dem Fußball und dem FC zu verbinden“, sagt Rejek.

„So bauen wir eine Bindung zu einer Community auf, die sich auch über die Konsole hinaus weiterentwickelt. Es ist eine Community, die ihre Verbindung zum FC zunehmend über Lifestyle auslebt. Das erlaubt uns auch, unseren Horizont zu erweitern und gemeinsam alternative Projekte und neue Prozesse auszuprobieren. Das bietet nicht nur einen Mehrwert für den FC, sondern auch für unsere Partner, die einen Zugang zu dieser Zielgruppe suchen.“ In der VBL geht der FC mit den Profis Tim Katnawatos (24) und Denis Müller (21) in der VBL an den Start, unterstützt wird das Duo von Spielertrainer Peter Schwab.

18 Millionen Deutsche beschäftigen sich mindestens einmal pro Woche mit Gaming

E-Sport und auch die Virtual Bundesliga finden nicht mehr in einer Nische statt. Was als netter Schnickschnack für Fußballfans mit Videospiel-Affinität begann, ist für die Liga und Klubs heute ein wesentlicher Bestandteil ihrer Digitalstrategien.

Liga-Chef Höflich verweist auf Studien, die unter anderem zeigten: Mehr als 18 Millionen Deutsche beschäftigen sich mindestens einmal pro Woche mit Gaming. Fast die Hälfte aller deutschen Bundesliga-Fans interessiert sich für E-Sport. Die VBL Open (siehe unten) haben in der Vergangenheit bis zu 130.000 Teilnahmen pro Saison verzeichnet. Viele Vereine stünden heute mit Unternehmen in Kontakt, die Sponsorings extra im Bereich E-Sport anfragen.

Was dahinter steckt, ist offensichtlich: Für die DFL, die teilnehmenden Klubs und für Sponsoren ist die VBL ein Weg, um junge Fans zu erreichen, die in einer digitalisierten Welt aufgewachsen sind, eine andere Mediennutzung haben als ältere Generationen. Für viele von ihnen ist E-Sport Teil ihres Alltags und auch ihrer Fußballkultur. Junge Menschen zunächst für die Virtual Bundesliga zu begeistern und darüber für den aktiven Vereinsfußball und die Bundesliga – ein logischer (Marketing)-Plan. Und auch in der neuen VBL-Saison wird die junge Zielgruppe erneut in Köln zusammenkommen.


Wie funktioniert die Virtuelle Bundesliga?

In der Virtual Bundesliga (VBL) gibt es zwei Teil-Wettbewerbe: Die „VBL Open“ sind seit 2012 als Jedermann-Wettbewerb für alle Einzelspieler direkt in das Videospiel von EA Sports integriert. Im Jahr 2018 hat die DFL zudem die „VBL Club Championship“ ins Leben gerufen – dort treten die Klubs der Bundesliga und 2. Bundesliga mit E-Football-Teams gegeneinander an.

Grand Final der Virtual Bundesliga 2023 Antonio Radelja AntonioRadelja, Eintracht Franfurt mit Meisterschale der Grand Final der Virtual Bundesliga 2023 Grand Final der Virtual Bundesliga 2023, Koeln, Strassenkickerbase, 10.06.2023 *** Grand Final of the Virtual Bundesliga 2023 Antonio Radelja AntonioRadelja, Eintracht Franfurt with championship trophy of the Grand Final of the Virtual Bundesliga 2023 Grand Final of the Virtual Bundesliga 2023, Koeln, Strassenkickerbase, 10 06 2023 Copyright: xBEAUTIFULxSPORTS/Buriakovx

VBL-Titelverteidiger Antonio Radelja

Am Ende der VBL Club Championship, die am 18./19. November in Köln in die Saison 2023/24 startet, wird unter den teilnehmenden Klubs der „Deutsche Club-Meister im E-Football“ ausgespielt. Zusammengeführt wird alles beim Abschlussturnier „VBL Grand Final“, für das sich Einzelspieler aus beiden Teilwettbewerben qualifizieren können. Dort wird unter allen Teilnehmenden der „Deutsche Meister im E-Football“ gekürt. Titelverteidiger ist Antonio Radelja, der das Turnier für Eintracht Frankfurt gewann und anschließend zum VfB Stuttgart wechselte.

Die Profi-Klubs haben für die Saison 2023/24 125 Spielerinnen und Spieler gemeldet, ein Rekordwert. Gespielt wird auf der Playstation 5. Der 1. FC Köln und Bayer 04 Leverkusen treten in der Nord-West-Staffel an. Zum Auftakt trifft der FC am Samstag auf den VfL Osnabrück. Bayer 04 bekommt es mit Borussia Mönchengladbach zu tun (jeweils 15.30 Uhr). Die Partien werden auf den Twitch- und Tiktok-Kanälen der VBL sowie den teilnehmenden Vereinen live übertragen.