Interview mit Franz Wunderlich:„100 Prozent zufrieden bin ich nicht“

Lesezeit 4 Minuten
bucco_2020_35

Franz Wunderlich möchte mit dem FC Viktoria Köln zwischen Platz sechs und zehn landen. 

Herr Wunderlich, das Ziel vor dieser Saison war unmissverständlich formuliert: Die Viktoria wollte sich sportlich verbessern. Ist dieses Vorhaben bislang geglückt? Wenn man nur tabellarisch denkt, ist die Situation im Moment natürlich wenig aussagekräftig. Die Tabelle ist schief, einige Mannschaften haben noch Nachholspiele zu bestreiten. Das erste Halbjahr war zudem durch Corona, ständige Verletzungen und Rote Karten beschwerlich für uns. Zu 100 Prozent zufrieden bin ich jedenfalls nicht.

Nach 17 Spielen rangiert der FC Viktoria auf Rang elf. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus? Dass wir aktuell im Mittelfeld stehen, hat ja durchaus Gründe: Wir mussten neue Spieler integrieren, entsprechend waren und sind die Automatismen noch nicht so ausgeprägt. Abgesehen davon hat der ein oder andere mit Sicherheit auch noch Luft nach oben.

Der Trend der Mannschaft zeigte zuletzt eher nach unten. Dieser Fakt lässt sich nicht leugnen. Entscheidend ist, dass sich jeder Einzelne selbst hinterfragt und sich aus dem Team heraus eine gewisse Eigendynamik entwickeln muss. So etwas geschieht natürlich nicht von heute auf morgen. Aber es ist schon so, dass die Mannschaft ein gewisses Phlegma in sich trägt und auch die Körpersprache in einigen Spielen nicht gestimmt hat. Ich betone es immer wieder: Es geht nicht um die Aufstellung, sondern um die Einstellung.

Alles zum Thema Fußball-Bundesliga

Dabei verfügt der Kader über enorme individuelle Qualität. Ist es kompliziert, aus den einzelnen Aktiven eine homogene Mannschaft zu bilden? Uns war vor der Saison bewusst, dass dieses Projekt kein einfaches ist. Aber ich sage es noch einmal: Wir mussten immer wieder experimentieren, weil andauernd Spieler ausgefallen sind. Da hat man kaum Möglichkeiten, eine Mannschaft zu werden.

Wesentlich für den sportlichen Erfolg verantwortlich ist Ihr Trainer Pavel Dotchev. Wie bewerten Sie seine Arbeit im zweiten Drittliga-Jahr? Na ja, in der Verantwortung stehen wir alle gemeinsam, sportliche Leitung und Trainer. Was Pavel angeht, so muss ich ihm attestieren, dass er tagtäglich alles gibt und wirklich alles aus der Truppe herauszuholen versucht. Aber klar: Leicht ist das nicht immer. Und aufgrund der vielen notwendigen Improvisationen in der Aufstellung ist es auch schwierig, das erste Halbjahr seriös einzuschätzen.

Im Sommer läuft der Vertrag von Pavel Dotchev in Köln aus. Es wäre aus meiner Sicht verfrüht, zum jetzigen Stand über Vertragsmodalitäten zu sprechen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir ein äußerst vertrauensvolles Verhältnis miteinander haben, das von großer Loyalität geprägt ist. Entscheidend aber ist der sportliche Erfolg, alles weitere wird sich zeigen.

Steht im kommenden Sommer denn erneut ein personeller Umbruch an? Gerade Leistungsträger wie Ihr Sohn Mike oder auch Albert Bunjaku sind nicht mehr die Allerjüngsten.

Das könnte Sie auch interessieren:

Mit möglichen Transfers beschäftigen wir uns ja über das ganze Jahr hinweg. Wir sondieren ständig den Markt und nehmen die Konstellationen im Kader natürlich auch wahr. Ich drücke es mal so aus: Wir haben die Dinge im Auge.

Wird denn schon in dieser kurzen Winterpause personell nachjustiert? Aktuell ist der Kader zu groß, um Spieler nachzuverpflichten, und von der Qualität ist die Mannschaft eigentlich auch gut genug. Nur im Falle, dass sich in unseren Reihen noch etwas tut, können wir über Transfers im Winter nachdenken.

Zur Person

Franz Wunderlich (57), geboren in Köln, ist seit Juli 2014 Sportvorstand des FC Viktoria Köln. In seiner aktiven Karriere spielte er u.a. für Viktoria Köln, 1. FC Köln, Winfriedia Mülheim und Jülich 10. Für den FC absolvierte er in der Saison 1990/91 zwei Spiele in der Fußball-Bundesliga. Von 2011 bis 2014 war der Ex-Profi Sportlicher Leiter des FC Viktoria. Wunderlichs Sohn Mike ist Kapitän von Viktorias Drittliga-Mannschaft. (ol)

Ein kurzer Ausblick: Welche Ansprüche haben Sie an die Mannschaft – sowohl sportlich als auch charakterlich? Uns geht es darum, dass die Mannschaft in die Pflicht genommen werden muss, keine Albis sucht und sich nicht hinter anderen versteckt. Wir haben eine gute Truppe beieinander, aber nur dann, wenn jeder bereit ist, sein positives Ego hervorzuholen und sich selbst reflektiert. Wer sich beim in den Spiegel schauen dabei ertappt, nach rechts oder links zu gucken, hat schon verloren.

Auf welchem Platz wird die Viktoria am Saisonende in der Tabelle einlaufen? Wir haben uns zum Ziel gesetzt, zwischen Rang sechs und zehn zu landen. An diesem Plan hat sich nichts geändert.

KStA abonnieren