Marcus Steegmann im Interview„Wir müssen uns noch strecken, um oben reinzurutschen“

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Marcus Steegmann

Marcus Steegmann, Sportlicher Leiter des FC Viktoria

  • Der Sportliche Leiter von Viktoria Köln blickt auf die erste Drittliga-Saison zurück.
  • In seinem Resümee erkennt er zwei wesentliche Gründe für den Klassenerhalt.
  • Im Gespräch skizziert er die langfristigen Ambitionen des Klubs.

Herr Steegmann, seit drei Wochen ist die Saison in der Dritten Liga beendet. Wie fällt das Fazit zur Premiere des FC Viktoria im Profi-Fußball aus? Ich würde das erste Jahr als schwierig bezeichnen. Wir mussten uns als Neuling an die Liga gewöhnen, sind dann mit ordentlich Euphorie gestartet, hatten aber ab Herbst auch eine sehr schwierige Zeit mit 13 sieglosen Spielen am Stück.

Was ist gut, was ist weniger gut verlaufen? Mir hat gerade zu Saisonbeginn unsere spielerische Leichtigkeit unheimlich imponiert. Und über das gesamte Jahr hinweg ist es uns gelungen, in der Offensive eine große Wucht zu entfalten. Zudem waren wir auf den Re-Start in der Corona-Zeit vorzüglich vorbereitet, waren körperlich sehr fit und hatten einen enormen Spirit im Team. Nicht so erfreulich war natürlich unsere nicht enden wollende Sieglos-Serie bis zur Winterpause.

Zur Person

Marcus Steegmann (39), geboren in Köln, spielte von 1993 bis 2003 für den 1.FC Köln in der Jugend und  in der  U 23. Weitere Stationen: Hamburger SV, Borussia Dortmund, VfR Aalen, SpVgg Unterhaching, TuS Koblenz und Darmstadt 98.  Der Angreifer absolvierte fünf Bundesliga-Spiele für  Dortmund. Seit  2018  Sportlicher Leiter bei Viktoria. (ol)

Was hat dieser Negativ-Lauf in den Köpfen von Viktorias Verantwortlichen ausgelöst? Diese Zeit war richtig schwierig. Stellen Sie sich einmal vor, dass wir im September gegen Münster den letzten Sieg einfahren konnten und dann bis Januar gar nichts mehr geholt haben. Selbst Testspiele konnten wir nicht gewinnen, im Pokal gegen Hennef sind wir auch rausgeflogen. Die Entwicklung damals war schon bedenklich.

Trotzdem hat Viktoria Köln an Pavel Dotchev festgehalten. Gab es im Verein damals eine Trainer-Debatte? Klares Nein. Wir sind ruhig geblieben und haben die sportliche Situation in aller Ruhe analysiert. Und letzten Endes wussten wir ja auch, wo wir die Hebel ansetzen mussten: Uns fehlte in der Breite die Qualität, wir hatten viel zu viele verletzte Spieler, also haben wir nachjustiert.

Und mit den Neuverpflichtungen kam der Erfolg zurück. Sind Sie im Nachhinein stolz darauf, Pavel Dotchev weiter vertraut zu haben? Zunächst muss man sich schon darüber im Klaren sein, dass der Druck in dieser Liga unfassbar hoch ist: Viele wollen aufsteigen und in die finanziell lukrativere Zweite Bundesliga hochgehen, entsprechend zahlreich waren die Entlassungen von Trainern in der letzten Saison. Ich bin natürlich froh, dass wir die Nerven behalten haben, denn Kontinuität, auch auf dem Trainer-Posten, ist die Grundlage für jeglichen Erfolg im Fußball.

In der Rückrundentabelle belegte der FC Viktoria Rang sechs. Warum lief es im neuen Jahr deutlich besser? Mir fallen zwei Ursachen ein. Erstens: Die Zugänge Weis, Carls, Hajrovic und Lewerenz haben sofort eingeschlagen. Zweitens haben wir uns früh auf die Corona-Krise eingestellt. Ich glaube, wir waren einer der ersten Klubs, die wieder mit dem Training begonnen haben.

Lewerenz (1)

In den starken Winterzugängen wie Steven Lewerenz (links) sieht Steegmann einen wesentlichen Erfolgsfaktor. 

Für die am 18. September beginnende Saison wurden bereits zwei Transfers getätigt. Mit wie vielen Neuverpflichtungen ist noch zu rechnen? So um die sechs Zugänge werden es wohl noch werden. Wir werden definitiv einen Torwart unter 23 Jahre hinzu holen, einen Links- und einen Innenverteidiger, dazu noch einen Stürmer sowie Spieler für die offensiven Außenbahnen.

Wird die Viktoria für die zweite Drittliga-Spielzeit sportlich ambitioniertere Ziele vorgeben? Die letzte Saison mit unserem Negativlauf sollte allen Warnung genug sein. Entscheidend ist, dass wir es schaffen, mehr Konstanz rein zu bekommen. Dann können wir uns sicher weiter entwickeln und den Abstand nach unten auch vergrößern. Favoriten sind aber mit Sicherheit andere als wir.

Wäre das Ziel „Zweitliga-Aufstieg“ in den kommenden Jahren zu hoch gegriffen? Schauen Sie sich doch mal die Konkurrenz in Liga drei an: Ingolstadt zum Beispiel ist strukturell und finanziell auf Bundesliga-Niveau. Die verfügen über so viel Power, schon alleine durch ihren Sponsor Audi. Wir müssen uns also schon noch ein wenig strecken, um ganz oben rein zu rutschen.

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Aktuell wird viel über das Aufstiegsrecht von zweiten Mannschaften eines Bundesligisten gesprochen, etwa Bayern München II, die Meister geworden sind. Was halten Sie von solchen Gedanken? Für mich wäre ein solches Szenario der falsche Weg, weil die Schere zwischen reichen und sagen wir einmal Vereinen mit schmalerem Budget immer weiter auseinander gehen würde. Der Unterschied in finanzieller Hinsicht ist doch schon jetzt viel zu groß. So etwas kann nicht im Sinne eines gerechten Wettbewerb-Gedankens sein, dass die Bayern oder auch Borussia Dortmund noch mehr und noch bessere Spieler an sich binden.

Derzeit ist die Viktoria hinter dem FC die Nummer zwei im Kölner Fußball. Sind Sie dem ewigen Stadtrivalen Fortuna inzwischen enteilt? Sportlich haben wir sie schon überholt, das ist ja nun einmal Fakt. Aber natürlich respektiere ich die Fortuna ungemein, und mit Alex Ende haben sie einen neuen Trainer geholt, der gute Ideen hat. Sie werden bestimmt eine ordentliche Rolle in der Regionalliga spielen.

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