Viktorias Sportvorstand Wunderlich„Die Liga zu halten, wird brutal schwer“

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Franz Wunderlich

  • Nach Aufstieg und gutem Saisonstart ist der FC Viktoria Köln in der Dritten Liga in eine tiefe Krise gerutscht.
  • Sportvorstand Franz Wunderlich spricht im Interview über die Gründe, Maßnahmen im Winter und den anstehenden Abstiegskampf.

Köln – Herr Wunderlich, konnten Sie trotz zuletzt zwölf siegloser Drittliga-Spiele des FC Viktoria Köln an Weihnachten etwas abschalten vom Fußball?

Natürlich braucht man erst einmal ein paar Tage, um runterzukommen. Aber es ist ja auch nicht so, dass wir nicht stresserprobt wären.

Wie fällt Ihr Zwischenfazit nach 20  Partien in der neuen Liga aus?

Oberste Priorität war und ist es, die Klasse zu halten und sich erst einmal im Profifußball zurechtzufinden. Dass wir dann auf Anhieb mit so vielen Verletzungen zu kämpfen haben, konnte niemand ahnen. Das ist, ebenso wie die Tatsache, dass wir zwölf Mal in Folge nicht gewinnen konnten, schon ein Problem.

Zur Person

Franz Wunderlich (56), geboren in Köln, ist seit Juli 2014 Sportvorstand des FC Viktoria Köln. In seiner aktiven Karriere spielte er unter anderem  für Viktoria Köln, 1.FC Köln, Winfriedia Mülheim und Jülich 10. Für den FC absolvierte Wunderlich in der Saison 1990/91 zwei Spiele in der Fußball-Bundesliga. Von 2011 bis 2014 war der Ex-Profi Sportlicher Leiter des FC Viktoria. Wunderlichs Sohn Mike ist Kapitän von Viktorias Drittliga-Team. (ol)

Bis zum 14. September hat die Mannschaft stolze 16 Punkte eingefahren, bis zur Winterpause aber nur noch fünf weitere  geholt. Warum?

Auch diesen Umstand muss ich auf die Verletztenmisere zurückführen. Uns sind ja nicht nur Spieler wie Mesenhöler, Kyere, Fritz oder Holthaus mit langfristigen Geschichten ausgefallen, sondern auch diverse Jungs mit kürzeren Verletzungspausen. Ich spreche Leute wie Lars Dietz, Marcel Gottschling, Tobias Willers, Patrick Koronkiewicz und auch meinen Sohn Mike an. Die Qualität dieser Spieler ist enorm. Das kannst du irgendwann nicht mehr kompensieren.

Wäre es sinnvoller gewesen, den Kader im Sommer breiter aufzustellen?

Sie können schon davon ausgehen, dass der ein oder andere neue Spieler auch wegen unseres Trainers Pavel Dotchev zu uns gekommen ist. Aber natürlich hat uns der späte Aufstieg die Kaderplanung erschwert. Trotzdem haben wir uns im Sommer dazu entschieden, so in die Saison zu gehen –  ohne natürlich zu wissen, wie viele Spieler sich anschließend verletzen.

Wird es im Winter personelle Nachverpflichtungen  geben?

Uns sind schon genügend Spieler angeboten worden, und wir setzen alle Hebel in Bewegung, dass die Mannschaft verstärkt wird, um in der Breite bei möglichen weiteren Verletzungen besser aufgestellt zu sein. Man darf aber auch nicht vergessen, dass das Transfergeschäft im Winter kompliziert ist.

Wie ist ein solch enormes Verletzungspech zu erklären?

Das ist einfach Schicksal. Zum Beispiel Moritz Fritz und Bernard Kyere: Bei Moritz liegt eine Funktionsstörung der Muskulatur vor, er war sogar drei Mal bei Dr. Müller-Wohlfahrt (Mannschaftsarzt von Bayern München, die Red.) in Behandlung. Auch Kyere kam nach seinem Adduktorenabriss aus einer langen Verletzung zurück; da ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Spieler besonders sensibel ist und öfter in seinen Körper hineinhört. Im neuen Jahr haben wir hoffentlich mehr Glück.

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Wo liegen sportlich die Hauptunterschiede zwischen Regionalliga und Dritter Liga?

Der größte Unterschied ist die Spielanlage der Mannschaften: Alle Teams sind körperlich unfassbar robust und selbst nach einer 2:0-Führung  kannst du dir nie sicher sein, ob du als Sieger vom Feld gehst. Das Spieltempo ist außergewöhnlich. In der Dritten Liga gibt es Vollgas ohne Ende.

Nach dem Aufstieg sprachen Sie von Festtagen, die die Viktoria künftig erwarten würden. Sind Sie immer noch so begeistert?

Definitiv, denn die Liga macht richtig viel Spaß. Volle Stadien mit überragender Atmosphäre, das fühlt sich schon ein wenig nach Bundesliga an. Fakt ist aber auch, dass wir uns die vergangenen Monate etwas anders vorgestellt haben.

Die Situation ist kritisch. Muss sich Viktoria Köln auf Abstiegskampf einstellen?

Alles andere wäre doch Augenwischerei. Wir wussten vor der Saison, dass wir von Beginn an in der Verlosung um die unteren Ränge dabei sind. Die Liga zu halten, wird ein brutal schweres Brett.

Was würde ein Abstieg für den Verein bedeuten?

Wir sind ja nicht der einzige Klub in der Liga, der sich mit solchen Gedanken befassen muss. Ehrlich gesagt, liegen mir solche Vorstellungen aber fern. Wir werden uns im neuen Jahr straffen und auf das Wesentliche fokussieren.

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Pavel Dotchev

Mit Pavel Dotchev haben Sie einen Kenner der Dritten Liga und einen höchst erfahrenen Trainer nach Köln gelotst. Wie bewerten Sie seine bisherige Arbeit?

Pavel ist einfach wunderbar und seine ganze Präsenz schlicht bewundernswert. Er ist ein Vollprofi, extrem souverän und behält stets die Nerven. Das ist sehr wichtig für uns alle im Klub, zumal wir ja Aufsteiger sind.

Aber auch Pavel Dotchev ist an der Serie von sieglosen Spielen  ja nicht unbeteiligt. Gibt es ein Ultimatum für ihn?

Nein. Der Trainer genießt unser volles Vertrauen und unsere komplette Unterstützung. Und weil auch das Verhältnis zur Mannschaft stimmt, bin ich mir sicher, dass wir gemeinsam die Kurve kriegen –  mit Pavel Dotchev.

Wie lautet das Ziel für die verbleibenden 18 Spiele?

Eindeutig Klassenerhalt. Das einzige, was am Ende der Saison zählt, ist, über dem Strich zu stehen.

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