Bäckerei FahlenbockWipperfürths letzter Backstube droht wegen Insolvenz das Aus

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Die Fassade der Bäckerei Fahlenbock.

Der Bäckerei Fahlenbock droht wegen Insolvenz das Aus.

Die Bäckerei Fahlenbock ist ein Familienunternehmen in der fünften Generation. 29 Mitarbeiter bangen nun um ihre Arbeitsplätze.

Seit fünf Generationen versorgt die Bäckerei Fahlenbock die Wipperfürther mit frischem Brot, knusprigen Brötchen, Kuchen und Torten. Doch damit könnte bald Schluss sein. Die Klaus Fahlenbock GmbH mit Sitz im Industriegebiet Klingsiepen ist pleite. 29 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zu denen auch mehreren Mini-Jobber gehören, bangen nun um ihre Arbeitsplätze.

Das Amtsgericht Köln hat ein Insolvenzverfahren wegen „Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung“ eröffnet. Gläubiger können nun bis zum 29. Mai ihre Forderungen anmelden. Betroffen davon sind die Backstube in Klingsiepen und die Verkaufsstellen in der Unteren Straße, an der Dorfstraße in Wipperfeld und an der Meinerzhagener Straße in Gummersbach.

Wipperfürth: Schwesterunternehmen von insolventer Bäckerei nicht direkt betroffen

Der Kölner Rechtsanwalt Dr. Jens Schmidt ist als Insolvenzverwalter für das laufende Geschäft und das geordnete Insolvenzverfahren zuständig. „Wir kämpfen noch“, sagt er. Zur Zeit würden Gespräche laufen. Es werde allerdings schwierig sein, eine Gesamtlösung für das Unternehmen zu finden. Aber für einzelne Standorte zeichne sich eine Lösung ab. Gute Chancen auf ein Weiterbestehen hat demnach vor allem die Verkaufsstelle in Wipperfeld.

Bäcker Klaus Fahlenbock, der vor vier Jahren früh verstarb, war vor zehn Jahren als Mieter in die neu erbaute Backstube in Klingsiepen eingezogen. Dabei wurde extra Wert gelegt auf einen sparsamen Umgang mit Energie, mit einer Brennwertheizung und Wärmerückgewinnung. Die neuartige, integrierte Teiggärung und Kühlung wurde vom Bundesumweltministerium mit 79 000 Euro gefördert, die Bäckerei Fahlenbock investierte insgesamt 264 000 Euro in die neue Technik.

Nur indirekt betroffen von der Insolvenz ist die „Bäckerei Fahlenbock GBR“, die Ulrike Karthaus, der Schwester des verstorbenen Klaus Fahlenbock, gehört und die von der Fahlenbock GmbH beliefert wird. Die Verkaufsstelle an der Bahnstraße, neben dem Penny-Markt, wird künftig von der Landbäckerei Bauer aus Hückeswagen ihre Waren beziehen. „Ich habe mich ganz bewusst für ein Familienunternehmen und gegen eine Kette entschieden“, sagt Karthaus.

Wipperfürth: Bäckereien leiden unter Corona und Fachkräftemangel

Aber die Entwicklung sei insbesondere für kleine Bäckereien sehr schwierig. Denn die Preise für Rohstoffe und Energie sind geradezu explodiert, „und es ist ganz schwierig, Mitarbeitende zu finden“, so Karthaus. Dazu hätten die Bäcker massiv unter der Corona-Pandemie gelitten. „Die Schulen sind weggefallen, es gab keine Hochzeiten mehr.“ Nun hofft auch Ulrike Karthaus, geborene Fahlenbock, dass zumindest Teile des Familienunternehmens erhalten bleiben .

„Den Namen ‚Bäckerei Fahlenbock‘ werde ich auf jeden Fall weiterführen“, sagt sie. Die Bäckereilandschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Früher gab es viele kleine inhabergeführte Betriebe mit einem Meister, seiner Frau und vielleicht noch einem Gesellen und einer Aushilfe. Heutzutage sind viele Bäckereien mittelständische Betriebe mit mehreren Verkaufsstellen.

Damit seien man breiter aufgestellt, gleichzeitig steige aber auch das unternehmerische und finanzielle Risiko, wie Markus Otto, der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft in Bergisch Gladbach, erklärt. Die Entwicklung lässt sich auch an den Zahlen ablesen. Zum 1. August 2008, als die Kreishandwerkerschaften aus Oberberg, Rhein-Berg und Leverkusen fusionierten, zählte man 88 selbstständige Bäckereien als Mitglieder, aktuell sind es 46. Nicht alle machen den Trend zu immer mehr Filialen mit. Die Bäckerei von Polheim in Hückeswagen, ein Familienunternehmen mit über 200-jähriger Tradition, hat nur eine Verkaufsstelle.

Bäckereien in Wipperfürth: Butter, Zucker und Mehl sind viel teurer geworden

Wie der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft erklärt, mussten die Bäcker in kurzer Zeit gleich drei Schocks verdauen. Erst kam die Corona-Pandemie, die gerade auch Betriebe mit einem angeschlossenen Café hart traf. Dann stiegen die Preise für Gas und Strom, der für die Kühlung benötigt wird, stark an. Und dann ging es mit den Rohstoffen weiter. „Getreide wurde um bis 70 Prozent teurer, bei Butter stieg der Preis um den Faktor drei, bei Zucker um den Faktor fünf“, sagt Otto. Höhere Preise für Brot und andere Produkte seien die direkte Folge.

Als wäre das nicht schon genug, fehlt es an Nachwuchs. Gar nicht einmal in der Backstube, sondern in erster Linie im Verkauf. „Bäckereifachverkäuferinnen zu finden, ist wahnsinnig schwer geworden“, sagt Otto. „Wer möchte schon samstags und sonntags am Verkaufstresen stehen?“ Doch trotz dieser Krisen gibt sich Otto zuversichtlich. „Die Bäcker in der Region sind gut aufgestellt“, betont er. Nach einer Phase der Konsolidierung sei die Zahl der Betriebe seit 2016/17 konstant geblieben, und es gebe im Bergischen viele tolle Bäcker mit kreativen Ideen.


9 607 Bäcker waren zum Stichtag 31. Dezember 2022 in Deutschland in die Handwerksrolle eingetragen, was einem Rückgang von 3,6 Prozent beziehungsweise 358 Betrieben entspricht. 2021 betrug der Rückgang 2,1 Prozent. Der Umsatz der Betriebe lag im Jahr 2022 bei 16,27 Milliarden Euro, was einer Zunahme von 9,4 Prozent entspricht.

Die Umsatzsteigerung ist nach Angaben des Zentralverbandes des Deutchen Bäckereihandwerks vor allem auf die allgemeinen Preissteigerungen zurückzuführen, die durch die hohe Inflation ausgelöst wurde. „Die meisten Betriebe konnten demzufolge die immense Steigerung der Energie- und Rohstoffkosten nicht im vollen Umfang auf die Produktpreise umlegen“, heißt es.

238 900 Menschen waren 2022 laut Zentralverband noch im Bäckerhandwerk beschäftigt, was einem Rückgang von 1,2 Prozent entspricht. Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl pro Betrieb liegt bei 24,8. (Quelle: Zentralverband des Deutschen Bäckereihandwerks)

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