KinderarmutZahl der Betroffenen steigt in Deutschland auf 4,4 Millionen

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Ein Kind hält ein paar Münzen in der Hand.

Knapp 2,9 Millionen Kinder und Jugendliche sowie 1,55 Millionen junge Erwachsene im Alter von 18 bis 25 Jahren gelten als armutsgefährdet.

Die Lage der von Kinderarmut betroffenen jungen Menschen hat sich laut einer aktuellen Bertelsmann-Studie nicht nur strukturell verfestigt, sie hat sich weiter verschlechtert. 

Von einem Langzeitskandal spricht der Kölner Armutsforscher Professor Christoph Butterwegge – als „Schande für ein so reiches Land wie Deutschland“ bezeichnet Bundesfamilienministerin Lisa Paus die Kinderarmut in unserem Land.

Wie eine neue Studie der Bertelsmann Stiftung bestätigt, hat sich die Lage von betroffenen Kindern und Jugendlichen nicht nur strukturell verfestigt – sie hat sich weiter verschlechtert. Hierzulande ist mehr als jedes fünfte Kind und jeder vierte junge Erwachsene von Armut bedroht, weil er oder sie in einer Familie lebt, die unter anderem über weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Haushaltseinkommens verfügt.

Besonders gefährdet sind Kinder aus Alleinerziehenden-Haushalten

Das bedeutet, dass knapp 2,9 Millionen Kinder und Jugendliche und weitere rund 1,55 Millionen junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren betroffen sind – auch aus der Mittelschicht, vor allem aber aus Alleinerziehenden-Haushalten und Familien mit drei und mehr Kindern. Die große Betreuungsverantwortung und fehlende Betreuungsplätze mache es den Eltern in diesen Fällen oft unmöglich, voll erwerbstätig zu sein.

„Kinderarmut ist sowohl für die Betroffenen selbst als auch für die Gesellschaft als Ganzes untragbar
Anette Stein, Bertelsmann Stiftung

Dass rund 4,4 Millionen junge Menschen täglich unter Mangel, Verzicht und Scham leiden, sie schlechte Bildungs- und Teilhabe-Chancen haben und deutlich schlechtere Zukunftsaussichten, ist, wie Anette Stein betont, „sowohl für die Betroffenen selbst als auch für die Gesellschaft als Ganzes untragbar“. Die Studien-Leiterin der Bertelsmann Stiftung fordert deshalb, dass die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kindergrundsicherung, die ab 2025 greifen soll, jetzt schnellstmöglich beschließt.

Aus Holschuld der Betroffenen wird Servicepflicht des Staates 

Mit ihr soll das Leistungsniveau der Finanzhilfe erhöht und mehr Familien und ihre Kinder mit Unterstützungsbedarf erreicht werden. Bisher seien die staatlichen Leistungen zu unübersichtlich, viele Familien wüssten nicht, auf welche Sozialleistungen sie Anspruch haben, weshalb bis zu 70 Prozent der berechtigten Familien sie nicht wahrnehmen. Deshalb soll laut Lisa Paus „aus der Holschuld der Betroffenen künftig eine Servicepflicht des Staates“ werden. Das bedeutet auch, dass finanzielle Unterstützung – wie Kindergeld, Sozialhilfezahlungen für Kinder, Kinderzuschlag und Teile des Bildungs- und Teilhabepakets gebündelt werden.

Grundsicherung und Garantiebetrag für junge Menschen

Geplant ist, dass die Kindergrundsicherung aus zwei Teilen besteht: Ein Garantiebetrag, der das Kindergeld ersetzt, soll unabhängig vom Einkommen der Eltern und für jedes Kind in gleicher Höhe ausgezahlt werden. Hinzukommt eine Grundsicherung, die einen altersgestaffelten Zusatzbeitrag beinhaltet, bei dem die Höhe des Einkommens der Eltern einfließt. Die Stiftung fordert von der Regierung weitere Maßnahmen, um die Lage armutsgefährdeter junger Menschen zu verbessern, wie eine Reform des „Bafög“ sowie die Einführung einer Ausbildungsgarantie. Beide Projekte seien unerlässlich.

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