„Herzstück der Verkehrswende“Bündnis fordert deutlich mehr Geld für den Nahverkehr

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Die S-Bahn-Gleise am Kölner Hauptbahnhof waren am Samstagnachmittag gesperrt.

Düsseldorf/Berlin – Im Speckgürtel rund um Düsseldorf zwischen Kaarst, Neuss, Mettmann und Wuppertal zählt die S 28, die von der Regiobahn betrieben wird, seit mehr als 20 Jahren zum Rückgrat des Nahverkehrs.

Damals kämpfen die Bürger vehement gegen die Stilllegungspläne. Mit Erfolg: Die Strecke blieb erhalten, wurde um acht Stationen erweitert. Heute nutzen täglich mehr als 23.000 Pendler das Zugangebot, das im Dezember 2020 durch die Verlängerung von Mettmann Stadtwald bis nach Wuppertal noch erweitert wurde. Der nächste Schritt ist schon geplant. Die Trasse soll elektrifiziert werden.

Angebotsoffensive gefordert

Der Interessenverband Allianz pro Schiene, ein gemeinnütziges Verkehrsbündnis, das sich für einen höheren Marktanteil des Schienenverkehrs in Deutschland einsetzt, fordert von der neuen Bundesregierung eine Angebotsoffensive im Nahverkehr.

„Im Schienenverkehr sind 95 Prozent der Fahrgäste mit Nahverkehrsbahnen unterwegs“, sagte Geschäftsführer Dirk Flege am Mittwoch in Berlin. „Das ist das Herzstück der Verkehrswende.“ Man sei enttäuscht über das Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP. „Es fällt zurück hinter die Ziele der bisherigen Regierung, die die Fahrgastzahlen bis 2030 verdoppeln wollte“, so Flege. Die Aussage der Ampel-Koalitionäre, den Nahverkehr zu stärken und auszubauen, sie viel zu unverbindlich: „Das ist kein Aufbruch, das ist verkehrspolitischer Stillstand.“

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Das Beispiel des Erfolgs der S 28 rund um Düsseldorf ist nur eines von zehn, das die Allianz pro Schiene als Beleg dafür aufgelistet hat, dass die Menschen durchaus bereit sind, auf die Bahn umsteigen. „Der Nahverkehr hat zwischen den Jahren 2000 und 2019 ein Wachstum von mehr als 50 Prozent erreicht. Mann muss die Menschen nicht aus Klimaschutzgründen zwingen, mit dem Zug zu fahren. Sie kommen von allein, wenn das Angebot stimmt“, sagt Flege.

Ausgaben müssten verdoppelt werden

Man erwarte von der neuen Bundesregierung eine Verdoppelung der Mittel für den Ausbau der Infrastruktur auf drei Milliarden Euro pro Jahr, die auch in den Streckenausbau und die Reaktivierung stillgelegter Bahnlinien auf dem Land fließen müssen. Derzeit seien nur 61 Prozent des Streckennetzes in Deutschland elektrifiziert. „Dieser Anteil muss bis 2030 auf 75 Prozent erhöht werden“, so Flege.

Auf den restlichen Strecken müsse man vom Diesel auf alternative Antriebe wie Batteriestrom oder Wasserstoff umsteigen. Auf der Rurtalbahn im Kreis Düren hat es im Februar einen ersten Test mit einem Wasserstoffzug gegeben.

Mehr Regionalisierungsmittel

Einig ist sich die Allianz pro Schiene mit den Verkehrsministern der Länder, dass die Regionalisierungsmittel um 1,5 Milliarden Euro pro Jahr aufgestockt werden müssen. Das sind die Gelder, die vom Bund an die Länder fließen, mit denen diese den Nahverkehr bezahlen.

Die zweite Finanzierungsquelle sind die Fahrpreise, die nicht immer weiter steigen dürften. Auch müsse es 2022 einen Corona-Ausgleich durch den Bund geben. Die Fahrgastzahlen stiegen zwar deutlich an, aber das Niveau des Jahres 2019 werde auch im kommenden Jahr nicht erreichen. Bund und Länder sind sich einig, dass der Nahverkehr trotz Corona in vollem Umfang aufrechterhalten bleiben soll.

„Die Vision einer klimaneutralen Mobilität ist im Schienenpersonennahverkehr keine Utopie mehr, sondern greifbar nahe“, sagt Flege. „Die Schiene kann schon bald als erster motorisierter Verkehrsträger komplett CO2-frei werden.“

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