Bayer-Anleger kritisieren ZeitpunktWerner Baumanns ungewöhnliche Vertragsverlängerung

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Werner Baumann bleibt an der Spitze von Bayer.

Werner Baumann bleibt an der Spitze von Bayer.

Köln/Leverkusen – Werner Baumann ist Architekt einer der umstrittensten Übernahmen der deutschen Wirtschaftsgeschichte und war bei Bayers Hauptversammlung 2019 der erste amtierende Dax-Chef, der von den Aktionären nicht entlastet wurde. Auch die sicher geglaubte, milliardenschwere Einigung im Rechtsstreit über das Pflanzengift Glyphosat wackelt noch. Und dennoch hält Bayers Aufsichtsrat an ihm fest: Wie der Konzern am Donnerstagabend bekanntgab, hat das Aufsichtsgremium der Leverkusener den 2021 endenden Vertrag mit Baumann bis 2024 verlängert.

Die übliche Vertragslaufzeit bei Bayer beträgt vier Jahre, die kürzere Laufzeit ist laut Pressemitteilung das Ergebnis eines Wunsches Baumanns. Dies komme seiner persönlichen Lebensplanung entgegen. „Ich werde meinerseits alles dafür tun, Bayer in den nächsten Jahren zum Wohle unserer Eigentümer, Belegschaft und übrigen Stakeholdergruppen erfolgreich und nachhaltig zu führen“, sagte Baumann. Der Aufsichtsrat sei fest davon überzeugt, dass Baumann die richtige Person sei, um die umfassende Transformation des Konzerns voranzutreiben, wurde dessen Vorsitzender Norbert Winkeljohann zitiert.

Auseinandersetzungen um Glyphosat belasten Börsenwert bis heute

Nach der Abspaltung der Spezialchemie- und der Kunststoffsparte konzentrierte sich Bayer in den vergangenen Jahren zunehmend auf Pharma und Agrarchemie. Mit der Übernahme von Monsanto wurde Bayer 2018 zum weltgrößten Produzenten von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln, holte sich aber auch Tausende Klagen krebskranker Nutzer von Monsantos Pflanzengift Glyphosat ins Haus. Die Auseinandersetzungen belasten bis heute den Börsenwert der Leverkusener, der nach Urteilen gegen Bayer stark eingebrochen war.

Nach der letzten Phase des Konzernumbaus mit dem Verkauf der Tiermedizinsparte und des Mehrheitsanteils am Chemieparkbetreiber Currenta sieht sich Bayer mit dem Fokus auf die Themen Ernährung und Gesundheit gut für die nächsten Jahrzehnte aufgestellt. Aufsichtsratschef Winkeljohann führte nun Baumanns „tiefgreifende Kenntnis der Märkte, Geschäfte, Organisation und Stärken von Bayer“ als wesentliche Gründe für die Vertragsverlängerung an. Baumann hat seit Abschluss seines Studiums 1988 nie für ein anderes Unternehmen gearbeitet.

Baumann muss „Karren jetzt aus dem Dreck ziehen“

Winkeljohann schickte aber auch einen deutlichen Hinweis an den Vorstandschef: „Wir erwarten zudem, dass der Rechtskomplex Glyphosat in einer für das Unternehmen zufriedenstellenden Weise gehandhabt wird, die wirtschaftlich sinnvoll und so strukturiert ist, dass mögliche künftige Fälle effizient geregelt werden können.“ Der Vorschlag für die Lösung möglicher künftiger Glyphosatklagen, den Bayer Ende Juni der Öffentlichkeit vorgestellt hatte, war vom zuständigen US-Richter kritisiert worden. Daraufhin zog ihn der Konzern zurück, statt eines Endes der Glyphosat-Querelen gibt es weiter eine Hängepartie um die milliardenschwere Beilegung der US-Klagen.

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Mit der Vertragsverlängerung verkündete Bayer nun, dass das Unternehmen mit den Klägeranwälten Fortschritte bei einem überarbeiteten Konzept für einen Vergleich erzielt habe. Der Plan stehe „im Einklang mit der seit langem bestehenden Position von Bayer, dass das Unternehmen eine Beilegung in Betracht zieht, solange sie zu angemessenen finanziellen Bedingungen erreicht werden kann und sowohl aktuelle als auch mögliche künftige Ansprüche berücksichtigt“, teilte der Konzern mit, blieb darüber hinaus aber vage. Die Details würden in den kommenden Wochen finalisiert.

„Werner Baumann muss den Karren jetzt aus dem Dreck ziehen“, sagte Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Wir erwarten dass der Glyphosat-Streit endlich beigelegt wird.“ Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka Investment kritisierte den Zeitpunkt der Vertragsverlängerung, „da bisher keine signifikante Rechtsstreitigkeit beigelegt werden konnte. Die Rechtsrisiken bestehen weiterhin und belasten den Aktienkurs.“

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