Bundesbank-StudieBargeld wird es auch 2037 noch geben – aber viel seltener akzeptiert

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Zahlreiche Euro-Banknoten liegen auf einem Tisch.

Zahlreiche Euro-Banknoten liegen auf einem Tisch. Deren Nutzung geht immer weiter zurück.

Die Bundesbank hat Szenarien aufgestellt, wie es mit dem Bargeld in 15 oder 20 Jahren aussieht. Tendenz: Die Nutzung nimmt in allen Szenarien weiter ab.

Die Deutschen hängen am Bargeld wie keine andere europäische Bevölkerung. In Deutschland sind Scheine und Münzen weiterhin das am häufigsten genutzte Zahlungsmittel, allerdings gewinnen unbare Zahlungen immer mehr an Gewicht. Das geht aus einer Studie der Deutschen Bundesbank zum Zahlungsverhalten in Deutschland für das Jahr 2021 hervor.

Die Befragten beglichen insgesamt 58 Prozent ihrer Bezahlvorgänge für Warenkäufe und Dienstleistungen mit Banknoten und Münzen, in der letzten großen Erhebung der Bundesbank aus dem Jahr 2017 waren es noch 74 Prozent. Der geringere Bargeldeinsatz beruhte vor allem auf der Zunahme von Einkäufen im Internet in der Corona-Pandemie. „Weder Digitalisierung noch Pandemie konnten das Bargeld verdrängen. Wenn es um’s Bezahlen geht, ist Bargeld in Deutschland nach wie vor mit Abstand am beliebtesten“, hieß es von der Notenbank bei der Präsentation der Zahlen.

69 Prozent wollen weiter bar zahlen

Auch wenn Bargeld im Laufe der Pandemie seltener zum Einsatz kam, hielten viele Befragte es für zuverlässig, schätzten den Schutz der Privatsphäre und den guten Ausgabenüberblick. Gemessen am Umsatz betrug der Bargeldanteil noch 30 Prozent. Im Durchschnitt hatten Privatpersonen rund 100 Euro im Portemonnaie und damit fast genauso viel wie vor vier Jahren (103 Euro). Die große Mehrheit der Befragten (69 Prozent) gab an, auch zukünftig unverändert mit Bargeld bezahlen zu wollen.

Aber was ist mit Bargeld in ferner Zukunft? Viele Deutsche fürchten die schleichende, aber irgendwann vielleicht vollständige Abschaffung von Scheinen und Münzen. Die starke Zunahme von Kartenzahlungen oder der Einsatz des Smartphones zum Bezahlen lassen diesen Schluss ja grundsätzlich zu.

Die Deutsche Bundesbank geht in einer weiteren aktuellen Studie der Frage nach, wie Bargeld in der Zukunft genutzt wird. Dazu skizziert die mehr als 140 Seiten lange Studie drei unterschiedliche Szenarien für das Bezahlen mit Bargeld im Jahr 2037. „Diese Szenarien sind keine Prognosen, es sind mögliche Zukunftsbilder. Wir wollten eine Vorstellung davon erhalten, in welchem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umfeld Bargeld zukünftig eingebettet ist, um daraus Handlungsoptionen ableiten zu können“, erklärte Burkhard Balz, Mitglied im Vorstand der Bundesbank.

In einem Szenario ist Bargeld aus dem Alltag verschwunden

Die Zukunftsszenarien sollten einen Beitrag dazu leisten, dass die richtigen Weichenstellungen vorgenommen werden, damit Bargeld auch künftig ein attraktives, allgemein verfügbares und akzeptiertes Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel sei, ergänzte Balz. Die Bundesbank hat den gesetzlichen Auftrag, in Deutschland jederzeit ausreichend Euro-Bargeld bereitzustellen.

Das Szenario „Die hyperdigitale Bezahlwelt“ beschreibt eine sehr digitalisierte Welt, in der Bargeld aus dem Alltag der meisten Menschen beinahe verschwunden ist, es nur noch wenige Bankfilialen oder Geldautomaten gibt und auch das Geldabheben an der Ladenkasse nicht mehr möglich ist, da man im Handel kaum noch bar bezahlen kann.

Das Szenario „Die Bezahlwelt in der Bargeld-Renaissance“ beschreibt eine teilweise Rückbesinnung auf das Bargeld und seine Vorzüge. Die Bargeldnutzung ist in diesem Szenario zunächst gesunken, stabilisiert sich aber in den 2030er Jahren.

In allen drei Szenarien ist der Anteil an Bargeld im Vergleich zu heute rückläufig
Burkhard Balz, Mitglied im Vorstand der Bundesbank

Das Szenario „Die verschwindende hybride Bezahlwelt“ spiegelt ein Umfeld wider, in dem die Nutzung von Bargeld sehr stark von den Lebensumständen der Menschen abhängt. Im Handel wird die Kundschaft zu bargeldloser Zahlung ermutigt. Der Zugang zu Bargeld verschlechtert sich stetig und die Bargeldnutzung schleicht sich aus.

In allen drei Szenarien ist der Anteil von Bargeld an den Gesamttransaktionen in den nächsten 15 bis 20 Jahren im Vergleich zu heute rückläufig. Der Rückgang ist aus verschiedenen, in den Szenarien dargestellten Gründen unterschiedlich stark. Bargeld verschwindet jedoch in keinem der drei Szenarien.

„In den Szenarien ‚Die hyperdigitale Bezahlwelt‘ und ‚Die verschwindende hybride Bezahlwelt‘ werden Dynamiken beschrieben, wie es dazu kommen kann, dass die Wahlfreiheit in Bezug auf Barzahlungen nicht mehr gewährleistet ist, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung sich diese wünscht“, so die Studie. 

Zugang zu Bargeld wird eingeschränkt

Wenn Zugang zu Bargeld und dessen Akzeptanz also eingeschränkt werden, verringere sich die Bequemlichkeit der Handhabung von Bargeld für die Verbraucher und die Bargeldnutzung sinkt. „Aufgrund des hohen Fixkostenanteils für die Bargeldinfrastruktur steigen die Kosten pro Transaktion. Infolgedessen könnten der Zugang zu Bargeld und die Bargeldakzeptanz weiter reduziert werden – eine Abwärtsspirale kommt in Gang“, heißt es darin weiter.

Das ist im Übrigen keine ferne Zukunftsmusik. Die Zahl der Bankfilialen sinkt stetig weiter. Die Kreissparkasse Köln schließt fast zwei Dutzend Filialen in ihrem Geschäftsgebiet. Das segnete der Verwaltungsrat der öffentlich-rechtlichen Bank in seiner Sitzung im Januar ab.

Auch die Sparkasse Köln-Bonn reduziert ihr Netz von Geschäftsstellen drastisch. Jede dritte stationäre Filiale soll geschlossen werden. Insgesamt handelt es sich um 22 Niederlassungen in den Gebieten der Städte Köln und Bonn.

Inzwischen reduzieren manche Banken auch die Zahl ihrer Geldautomaten insgesamt. Im Fall Sparkasse Köln-Bonn heißt das: Nur an einigen dieser Standorte wird es neben den temporären Filialbussen noch Geldautomaten geben.

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