Trotz VerkehrswendeCarsharing-Anbieter in Deutschland laut Studie unter großem Druck

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Ein Fahrzeug des Carsharing-Anbieters Miles steht an einer Straße in der Innenstadt. Der Berliner Carsharing-Anbieter Miles übernimmt das Konkurrenz-Angebot Weshare vom Volkswagen-Konzern. +++ dpa-Bildfunk +++

Ein Fahrzeug des Carsharing-Anbieters Miles steht an einer Straße.

Dass sich Menschen Autos teilen, galt vor rund zehn Jahren als Geschäftsmodell der Zukunft. Nun macht sich Ernüchterung breit.

In ihren Anfängen vor rund zehn Jahren galten Carsharing-Dienste als große Hoffnungsträger der Verkehrswende. Die Idee, dass sich vor allem in den Städten Menschen Autos teilen, statt selbst welche zu besitzen, schien den Nerv der Zeit zu treffen. Weniger Autos, weniger Emissionen, weniger Parkplatznot, bessere Klimabilanz – so die Erwartungen damals. Fahrzeuge einfach mit Chipkarte oder Smartphone spontan anzumieten und auf ein eigenes Auto zu verzichten – das versprach Milliardenumsätze.

Der Markt ist deutlich geschrumpft

Branchenriesen wie Daimler (Car2go), BMW (Drive Now) oder VW (We Share) starteten ab 2011 mit eigenen Angeboten. Mittlerweile ist die Euphorie verflogen, viele Autobauer sind nach herben Verlusten ausgestiegen, der Markt ist deutlich geschrumpft. Offensichtlich fällt es den deutschen Autofahrern doch nicht so leicht, auf ein eigenes Fahrzeug zu verzichten.

Das zeigt auch die Entwicklung des Kfz-Bestands in Deutschland. Laut einer Auswertung vom Umweltbundesamt auf Grundlage von Zahlen des Kraftfahrtbundesamt (KBA) gab es 2008 landesweit 41,2 Millionen Pkw. Die Zahl legte seitdem immer weiter zu. 2023 werden 48,8 Millionen für den Verkehr zugelassene Pkw gezählt. Mehr Autos gibt es auch in den Städten, wo die Hoffnung auf einen Autoverzicht besonders groß war.

Nur wenige Anbieter werden überleben

Überleben werden am Ende nur einige hoch spezialisierte Anbieter, das ist eine der zentralen Aussagen einer neuen Studie des Centers of Automotive Management (CAM). „Für Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen schlägt die Stunde der Wahrheit“, sagt Studienleiter Stefan Bratzel. Die Hoffnung einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz und Nutzung von Sharing-Angeboten hätten sich allenfalls in Teilbereichen erfüllt. So sei es nur wenigen Akteuren gelungen, ein profitables Geschäftsmodell auf die Beine zu stellen. Und die Zeiten, in denen Investoren dank globaler Nullzinsen und aussichtsreicher Wachstumsprognosen für geteilte Mobilitätskonzepte in Geduld geübt gewesen sein, gingen zu Ende.

„Vieles spricht dafür, dass sich der Konsolidierungsprozess bei Mobilitätsdienstleistern weiter beschleunigt“, sagt Bratzel. Insgesamt, so der Autoexperte, bleibe das Geschäftsmodell mit geteilten Pkw ein weitestgehend europäisches Phänomen mit überwiegend linearem Wachstum auf noch niedrigem Niveau. Doch auch hierzulande haben etablierte Anbieter mit hohem Kostendruck und überschaubaren Einnahmen zu kämpfen. Selbst der führende Anbieter Miles, der nach eigenen Angaben bereits 2021 den Break-Even-Punkt erreichte, fuhr im vergangenen Jahr nur knapp einen Gewinn ein.

In Summe gibt es also nur noch wenige relevante Akteure. Beim Carsharing dominieren die Anbieter Miles und ShareNow/Free2move (Free-floating), Cambio und zipcar (stationsbasiert) sowie Turo und getaround (Peer-to-Peer). Bei der sogenannten Micromobility, also etwa dem Angebot mit E-Scootern und -rollern teilen die Akteure DiDi Chuxing, Meituan und Hello in China, Tier, Bolt und Lime in Europa sowie Lime und Bird in den USA den Markt unter sich auf.

Super-Apps als Zukunftschance

Um am Markt zu bestehen, entwickeln immer mehr Anbieter sogenannte Super-Apps mit einem weitreichenden Service-Angebot. Das heißt, Nutzer bekommen ein breites Portfolio an unterschiedlichen Dienstleistungen, einschließlich der Abwicklung von Zahlungen und Finanztransaktionen. Fahrdienstanbieter wie etwa Uber bieten mittlerweilee neben ihren Beförderungsdienstleistungen auch Essens-, Lebensmittel- oder Paketlieferungen an. Dadurch stünden den Kunden mit einem Nutzeraccount verschiedene Angebote zur Verfügung, während mit den Fahrzeugen und Fahrern in auslastungsschwachen Zeiten Zusatzverdienste erzielt werden könnten.

In diesen Super-Apps, die die Nutzer auf den Plattformen halten, sieht die CAM-Studie einen wesentlichen Erfolgsfaktor für die dauerhafte Profitabilität von Mobilitätsdienstleistern.

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