Corona-PandemieAuf Hofläden und Wochenmärkten läuft das Geschäft besonders gut

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Irene van Geldern und Lothar Tolksdorf vom Biohof Bursch bei ihren Tomaten-Pflanzen.

Irene van Geldern und Lothar Tolksdorf vom Biohof Bursch bei ihren Tomaten-Pflanzen.

  • Seit Ausbruch der Corona-Pandemie kämpfen viele Branchen und Geschäfte um Kunden und Umsatz.
  • Anders sieht es in Hofläden und auf Wochenmärkten aus, die sich seitdem deutlich beliebter geworden sind.
  • Woran liegt das? Wir haben nachgefragt.

Köln – Petra Baum bindet Kamille, Ehrenpreis und Orientalischen Mohn zu einem Strauß und windet rosafarbenes Papier darum. Es ist sieben Uhr morgens in Köln-Riehl und der Wochenmarkt hat gerade eröffnet. Die Inhaberin der Düsseldorfer Gärtnerei und Blumenwerkstatt Baum hat viel zu tun, so wie an jedem Markttag, seit die Corona-Pandemie ausgebrochen ist. „Es läuft sehr viel besser“, sagt Baum. Ihr Umsatz habe sich zwischenzeitlich nahezu verdoppelt. Aber auch der Arbeitsaufwand ist gestiegen: Früher reichten mittwochs zwei Verkäuferinnen, jetzt arbeiten sie zu dritt oder zu viert.

Dass die Wochenmärkte in Corona-Zeiten beliebter sind, beobachtet auch Andrea Faßbender, die Marktleiterin der Stadt Köln. Sie ist verantwortlich für 66 Märkte an 39 Standorten. „Teilweise sind die Märkte viel voller als vorher“, sagt sie – eine Herausforderung, dabei auch noch die Abstandsregelungen durchzusetzen. Die Stadt hatte deshalb sogar von April bis Ende Juni einen Sicherheitsdienst engagiert, der kontrollierte, dass nicht zu viele Kunden gleichzeitig auf die Märkte strömten. „Ich vermute, dass sich die Leute im Freien sicherer fühlen“, sagt Faßbender.

Das legt auch eine repräsentative Umfrage nahe, die der Digitalverband Bitcom im April in Auftrag gab. Knapp zwei Drittel der Befragten sagten, dass sie beim Betreten eines Supermarkts ein mulmiges Gefühl hätten. 43 Prozent der Verbraucher gaben an, seit Ausbruch der Corona-Pandemie auf Wochenmärkten einkaufen zu gehen – ein Plus von sechs Prozentpunkten. Auch der Anteil der Verbraucher, der Lebensmittel in Hofläden kauft, stieg von 23 auf 27 Prozent.

Jeder einzelne Kunde gibt mehr Geld aus

Irene van Geldern und Lothar Tolksdorf spazieren über die Felder des Biohofs Bursch in Bornheim. Van Geldern ist die Geschäftsleiterin, Tolksdorf ist zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und bietet Hofführungen an. Es geht vorbei an Paprika, Tomaten, Ingwer und Kurkuma-Pflanzen – nur vier der rund 60 Obst- und Gemüsesorten, die der Biohof anbaut. Die Ware verkauft der Betrieb im Hofladen und auf 17 Wochenmärkten in der Region.

Die Beiden haben anstrengende Monate hinter sich. Zwar haben sie im Gegensatz zur Kölner Marktleiterin nicht den Eindruck, dass mehr Kunden kommen. „Das wirkt nur so, weil die Schlangen wegen der Abstandsregelungen länger sind“, vermutet Tolksdorf. Trotzdem verkauft der Biohof mehr Produkte als früher: Hofladen und Wochenmärkte laufen überdurchschnittlich gut. Denn der einzelne Kunde gibt jetzt mehr Geld aus. „Die Menschen kochen mehr zuhause und kaufen teilweise auch für andere ein“, sagt van Geldern.

Immenser Mehraufwand für Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln

Eine Entwicklung, von der alle Direktvermarkter profitieren, also diejenigen, die ihre Ware auf dem eigenen Hof oder Marktstand verkaufen. Torsten Wolf ist Gartenbauberater der Landwirtschaftskammer NRW und berät die Gärtner und Landwirte aus der Region. „Der Direktabsatz läuft sehr gut“, bestätigt er. Deswegen versuchen die Händler nun mehr Produkte über diesen Weg zu verkaufen, denn dort ist der Gewinn höher. Das liegt daran, dass niemand zwischengeschaltet ist, zum Beispiel ein Supermarkt, und die Wertschöpfung im Betrieb bleibt. Beispielsweise liegt der Umsatz für einen Kilo Tomaten im Direktabsatz bei 1,50 Euro, im Großhandel dagegen nur bei 80 Cent. Normalerweise verkaufe ein Betrieb 50 bis 60 Prozent seiner Ware im Direktabsatz, erklärt Wolf: „Jetzt sind es 70 bis 80 Prozent.“

Ob Direktvermarkter langfristig die großen Gewinner der Corona-Krise sind, lässt sich aber noch nicht sagen. „Das ist nur eine Momentaufnahme“, sagt van Geldern vom Biohof Bursch. Wie die Situation in einigen Monaten sein wird, ist offen. Und was ist zum Beispiel, wenn sich einer der Angestellten mit dem Corona-Virus infiziert? Dann wäre der Betrieb mit 140 Mitarbeitern möglicherweise lahmgelegt. „Da schmilzt das Plus ganz schnell weg“, sagt van Geldern.

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Dazu kommt noch die Bemühung für die Betriebe, die Hygiene- und Abstandsregelungen einzuhalten. „Das ist ein immenser Mehraufwand“, sagt van Geldern. Auf dem Biohof ist die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden laut den Betreibern um zehn Prozent angestiegen. Zum Teil haben Mitarbeiter ihre Stundenzahl aufgestockt, einige hat der Biohof neu eingestellt.

Auch Gärtnerin und Blumenhändlerin Petra Baum muss jetzt mit doppelt so viel Personal auf dem Markt verkaufen und darauf achten, alle Regeln einzuhalten. Die breiten Verkaufstische hat sie zusammengeschoben, um die Distanz zu den Kunden zu wahren: eine Barriere aus Löwenmäulchen, Dill und Duftgeranien.

Den Markthändlern und Landwirten bleibt nur zu hoffen, dass die Kunden trotz des Mehraufwands bleiben. Seit die Beschränkungen gelockert wurden, ist der Kundenstrom schon etwas abgeflaut. Marktleiterin Faßbender wünscht sich, dass die Wochenmärkte so beliebt bleiben: „Ich hoffe, dass die Menschen nicht vergessen, dass die Wochenmärkte ihnen in Corona-Zeiten geholfen haben.“

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