Lieferando reduziert seine Flotte in Deutschland drastisch. Man müsse im knallharten Wettbewerb bestehen, sagt der Chef.
2000 Angestellte betroffenLieferando verkündet großen Stellenabbau

Der Lieferdienst Lieferando reduziert seine Fahrerflotte in Deutschland um rund ein Fünftel. (Archivbild)
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Der Essens-Lieferdienst Lieferando plant deutschlandweit ab Ende des Jahres rund 2.000 Fahrerinnen und Fahrer zu entlassen, davon viele in Hamburg. Dies entspricht etwa 20 Prozent der gesamten Flotte des Unternehmens. Grund hierfür ist die verstärkte Zusammenarbeit mit Subunternehmen auf der sogenannten „letzten Meile“.
„Die Wettbewerbslandschaft und der Markt ändern sich immer rasanter und tiefgreifender“, sagte Deutschlandchef Lennard Neubauer der Deutschen Presse-Agentur. „Kunden erwarten zuverlässigen Service und kurze Bestellzeiten.“ Mancherorts könne dies mit den derzeitigen Strukturen nicht ausreichend sichergestellt werden.
Hamburg besonders betroffen
Insbesondere in kleineren Märkten, etwa Wiesbaden, Lübeck oder Bochum, werde Lieferando künftig deshalb mit spezialisierten Logistik-Unternehmen zusammenarbeiten, die die Auslieferung mit eigenen Fahrerinnen und Fahrern übernähmen, sagte Neubauer weiter. Aber auch in Hamburg gehe Lieferando diesen Weg. Aufgrund ihrer Größe werde der Stellenabbau die Hansestadt besonders stark treffen.

Bisher waren die Rider bei Lieferando fest angestellt - nun will das Unternehmen auch auf Subunternehmen setzen. (Archivbild)
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Über die Maßnahmen sollte am Nachmittag der Gesamtbetriebsrat informiert werden. „Die Verhandlungen über einen Sozialplan sollen bei der Schwestergesellschaft so schnell wie möglich beginnen“, betonte Neubauer. Ziel sei, den Prozess bis zum Ende des Jahres, spätestens im ersten Quartal 2026 abzuschließen.
Rider bisher bei eigener Tochter angestellt
Bisher waren die Fahrerinnen und Fahrer über eine Tochtergesellschaft fest bei Lieferando angestellt. Dies soll für die meisten auch weiterhin gelten, während etwa fünf Prozent des Lieferumfangs an spezialisierte Drittanbieter ausgelagert werden sollen. Die Auswahl der Partner erfolgt streng, um sicherzustellen, dass die Fahrer fest angestellt und angemessen bezahlt werden.

Auch Wolt und andere Wettbewerber setzen auf Subunternehmen bei der Auslieferung. (Archivbild)
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„Das ist so ziemlich die wichtigste und kritischste Komponente der ganzen Geschichte: Die Kriterien der Flottenpartner, mit denen wir zusammenkommen wollen“, sagte Neubauer.
Scheinselbstständigkeit in der Branche ein großes Problem
Lieferando verweist darauf, dass die Zusammenarbeit mit Subunternehmen im Markt gängige Praxis sei. Tatsächlich gehen auch Wettbewerber wie Uber Eats und Wolt so vor. Oft sind die Rider dabei selbstständig unterwegs, Arbeitnehmervertreter kritisieren ausbeuterische Verhältnisse und weit verbreitete Scheinselbstständigkeit. Das Problem ist EU-weit so groß, dass die EU-Kommission eine Plattformrichtlinie erlassen hat, um Scheinselbstständigkeit im Plattformgeschäft zu unterbinden. Diese muss auf nationaler Ebene noch umgesetzt werden.
Arbeitnehmervertreter haben die direkte Anstellung der Fahrer bei Lieferando gelobt. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) kämpft bereits seit langem für Tarifverträge und einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde für Lieferando-Beschäftigte. Mit der Auslagerung eines Teils des Liefergeschäfts an Drittanbieter dürfte die Gewerkschaft vor neuen Herausforderungen stehen. (dpa)