Wintereinbruch am Flughafen - bei Passagieren sind dann oft Geduld und Nerven gefragt. Künftig könnten Robo-Schneepflüge für freie Start- und Landebahnen sorgen. Doch nicht alle sind davon überzeugt.
LuftverkehrMachen selbstfahrende Schneepflüge den Flughafen sicherer?

Selbstfahrende Schneepflüge könnten nach Einschätzung eines großen Herstellers in einigen Jahren eingesetzt werden. (Archivbild)
Copyright: Marijan Murat/dpa
Winterdienst mitten im Sommer? Was die Flughäfen Stuttgart und Berlin schon vor einigen Jahren im Winter getestet haben, erprobt der Airport Leipzig/Halle nun erneut Ende Juni. Wie zuverlässig können selbstfahrende Winterdienstfahrzeugen helfen, die Pisten schnell und sicher zu räumen, damit der Flugverkehr laufen kann? Um diese Frage zu beantworten, braucht man keinen Frost, wie es am Airport heißt. Schließlich gehe es nicht ums Schneeschieben, sondern ums autonome Fahren.
Die Branche setzt große Hoffnungen auf die neue Technik. Flughäfen seien „besonders gut geeignete Einsatzorte für autonome Systeme, da sie ein klar abgegrenztes, kontrolliertes Umfeld bieten“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV, Ralph Beisel. „Wenn sich diese Systeme als zuverlässig und wirtschaftlich erweisen, könnten sie in den nächsten Jahren zum Standard werden.“
Der Vorteil: Die Robo-Schneepflüge können rund um die Uhr arbeiten und bei jedem Wetter. Und sie kommen dank GPS auch im Dunkeln oder bei Nebel nicht vom Kurs ab.
Hersteller: Durchbruch in drei bis vier Jahren
Auch der Schweizer Hersteller Aebi Schmidt, der die bisherigen Testfahrzeuge stellt, ist zuversichtlich. „Die ersten autonomen Geräte ohne Fahrer dürften in den nächsten drei bis vier Jahren kommen“, sagt Vorstandschef Barend Fruithof. Seine Firma im Schwarzwaldort St. Blasien stellt Großgeräte für Airports her. Flughäfen seien gut überwachbare und geschützte Räume - das sei ein Vorteil.
Technisch sei autonomes Fahren bereits möglich, ergänzt Fruithof, dessen Unternehmen nach eigenen Angaben bei Räumfahrzeugen für Start- und Landebahnen weltweit führend ist. Die Regulierung sei eine andere Frage: „Wenn man noch eingreifen kann, wer ist dann letztlich verantwortlich?“ Das müsse geklärt sein, bevor autonome Fahrzeuge dauerhaft unterwegs seien.

Einige Flughäfen in Deutschland wollen selbstfahrende Schneeräumfahrzeuge einsetzen. (Archivbild)
Copyright: Marijan Murat/dpa
Test mit Sicherheitsfahrer
Erste Tests von Aebi Schmidt gab es schon ab 2022 an den Flughäfen Stuttgart, Berlin und danach auch in Leipzig, wo jetzt ein erneuter Probelauf ansteht. Bisher war aber stets ein Sicherheitsfahrer hinterm Steuer, der notfalls eingreifen könnte. Was aber nach Angaben aus Berlin kein einziges Mal nötig wurde. Und getestet wurde meist nur kurz und abseits des laufenden Flugbetriebs, oft auch ohne Schnee.
Das Fazit der drei Test-Flughäfen fällt durchaus unterschiedlich aus: Während Leipzig/Halle jetzt noch einmal einen neuen Test startet, scheint in Stuttgart die anfängliche Euphorie für die neue Technik wieder verflogen zu sein. „Bislang hat es keine weiteren Projekte dieser Art hier bei uns gegeben“, teilt der Flughafen auf Anfrage mit. „Es sind aktuell auch keine absehbar.“
Berlin setzt auf Robo-Schneepflüge
Der Hauptstadtflughafen BER zeigte sich dagegen nach dem ersten Test voll überzeugt und begeistert - und nahm Ende 2024 ein erstes Fahrzeug mit Selbstfahrtechnik fest in seine Winterdienstflotte auf. Zwei weitere sind bestellt.
Bisher allerdings bleibe der Selbstfahrmodus ausgeschaltet, berichtet eine Sprecherin. Das erste Fahrzeug, 2024 geliefert, war zwar im vergangenen Winter regulär im Einsatz. Gesteuert wurde es aber ganz normal von einem Stammfahrer. Genutzt würden zunächst nur die Assistenzsysteme, die etwa warnen, wenn er von der Route abkommt, heißt es.
Das soll nur der Anfang sein. Ziel sei es, ganz ohne Fahrer auszukommen. „Langfristig könnten wir komplett eine Kolonne mit autonom fahrenden Groß-Schneeräumfahrzeugen einsetzen“, so die Sprecherin. Und der Testlauf habe gezeigt, dass dies grundsätzlich möglich sei. Probleme mit der Sicherheit sieht sie dabei nicht. „Das ist machbar und lösbar.“
Viel Personal bei Wintereinbruch nötig
Größter Vorteil: Der Winterdienst wäre bei einem plötzlichen Wintereinbruch jederzeit einsatzbereit, ohne dass erst Mitarbeiter aus der Bereitschaft gerufen werden müssen. „Bei Wintereinbrüchen ist ad hoc ein sehr hoher Personaleinsatz nötig“, so die Sprecherin. Und bei den wenigen Einsätzen im Winter könne sich kaum Routine entwickeln. „Daher ist eine Automatisierung sehr hilfreich.“
Aebi-Schmidt-Chef Fruithof verweist auf die USA, wo autonomes Fahren ebenfalls ein großes Thema ist. „Wenn es in Chicago schneit, sind 200 bis 250 Maschinen im Einsatz“, sagte er mit Blick auf den dortigen internationalen Flughafen O' Hare. „Die Leute müssen dafür bereitstehen - sie sind fast nicht mehr zu bekommen.“ (dpa)