Elektro-TransporterStreetscooter-Hersteller ist insolvent

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Streetscooter der Deutschen Post und DHL

Streetscooter der Deutschen Post und DHL

Knapp 250 Mitarbeitende sind von der Pleite an den Standorten Aachen und Düren betroffen. Nun hofft die einstige Post-Tochter auf einen Neustart. 

Es hatte lange das Potenzial für eine große Erfolgsgeschichte — Elektromobilität fernab der deutschen Autobauer von einem kleinen Pionier, gegründet in Aachen. Schon 2010, als die Autowelt noch an eine lange Zukunft des Verbrenners glaubte, entwickelten zwei Professoren der RWTH einen vollelektrischen Kleintransporter für den Einsatz im Paketzustelldienst. Erster Kunde des neuen Street Scooters war die Deutsche Post DHL. Gebaut wurden die Fahrzeuge bislang in Aachen und Düren.

Produktion des Street Scooters eingestellt

Trotz zuletzt noch vielversprechender Zahlen ist das Unternehmen nicht mehr zahlungsfähig. Der Automobilhersteller B-ON, der die Firma im Januar 2022 übernommen hatte, musste beim Amtsgericht Aachen Insolvenz anmelden. Die Produktion des Street Scooters wurde vorerst eingestellt. Warum genau es zu der Schieflage kommen konnte, ist noch nicht abschießend klar. Der Betriebsratsvorsitzende Jürgen Müller sagte gegenüber der „Aachener Zeitung“, das Unternehmen habe Aufträge gehabt, und auch die Geschäftszahlen für das vergangene Jahr hätten vielversprechend ausgesehen. Im April hatte B-ON einen Umsatz von umgerechnet 114 Millionen Euro sowie Verträge und Absichtserklärungen für den Verkauf von insgesamt 11.000 Fahrzeugen im Jahr 2022 gemeldet. Zudem seien Verhandlungen für weitere 30.000 Fahrzeuge im laufenden Jahr weit fortgeschritten gewesen, hieß es noch im Frühjahr.

Post machte nach Übernahme Verluste

Mit dem plötzlichen Produktionsstopp stehen nun rund 170 Street Scooter-Mitarbeiter im Dürener Werk ohne Arbeit da. Von der Insolvenz sind zudem 78 Beschäftigte der B-ON GmbH betroffen. Der Betriebsrat setzt sich dafür ein, die Produktion in Düren zu erhalten und hofft auf Unterstützung von der Deutschen Post. Diese hatte das damals noch junge Unternehmen im Jahr 2014 mit dem Ziel übernommen, selbst ein Zustellfahrzeug zu entwickeln. Frühere Versuche, gemeinsam mit etablierten Autoherstellern ein Fahrzeug auf den Markt zu bringen, waren gescheitert. Die Post machte mit der Produktion der Elektro-Transporter in den folgenden Jahren Verluste, weshalb die Entscheidung zum Verkauf fiel.

B-ON hat dann 2022 die Produktionsrechte und das geistige Eigentum für den Elektrolieferwagen von der Deutschen Post DHL Group übernommen. Im vergangenen Mai wurde dann eine ergänzende Reihe von Elektrifizierungsdienstleistungen eingeführt. B-ON beschreibt seine Entwicklung vom Erstausrüster zum umfassenden Anbieter von E-Fahrzeuglösungen auf seiner Webseite. Ziel sei es dabei gewesen, Flottenbesitzern den Umstieg auf E-Fahrzeuge so einfach wie möglich zu gestalten – etwa durch die Bereitstellung von E-Fahrzeugen, Lade- und Energiemanagement sowie Service und Wartung über eine einzige Anlaufstelle für den Kunden. Der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich in Luxemburg, und es ist mit eigenen Dependancen auch in Großbritannien, der Schweiz, Deutschland, Japan und Lateinamerika aktiv.

Lieferengpässe führten zur Pleite

Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Dirk Wegener von der Bonner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dhpg bestellt. Lieferengpässe bei Bauteilen führten nach Angaben von Wegener zum Produktionsrückgang und damit in der Folge zu Zahlungsschwierigkeiten. „Die Produktion soll kurzfristig wieder aufgenommen werden. Hierzu haben wir bereits erste Gespräche mit Kunden und Lieferanten geführt, die in den nächsten Tagen intensiv fortgesetzt werden“, sagte Wegener.

Vom Bonner Post-Konzern DHL hieß es, der eigene Elektrifizierungskurs sei durch die Insolvenz nicht gefährdet. Man beziehe schon seit einigen Jahren E-Fahrzeuge von verschiedenen Herstellern, sagte ein DHL-Sprecher. „Wir bedauern aber, dass es B-ON nicht gelungen ist, das Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.“ DHL hat in Deutschland rund 25.000 Stromer im Einsatz, die meisten sind Streetscooter. Beim Verkauf an B-ON wurde vereinbart, dass die ehemalige Tochter weiterhin Stromer für DHL baut. Wie viele das seither waren, ist nicht bekannt.

B-ON-Manager Jörg Hofmann betonte, dass sich das Unternehmen durch das Insolvenzverfahren neu ausrichten wolle. Es sei weiter das Ziel, B-ON „als führenden Anbieter von e-Mobility-Lösungen in Europa zu etablieren“. (mit dpa)

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