Düsseldorfer ProjektentwicklerGerchgroup stellt Insolvenz-Antrag – was wird aus dem Kölner Laurenz-Carré?

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Die Baustelle des Laurenz-Carré in der Kölner Innenstadt im Juni 2023

Die Baustelle des Laurenz-Carré in der Kölner Innenstadt im Juni 2023

Der Düsseldorf Projektentwickler Gerchgroup hat einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht gestellt. Unklar ist, wie es beim Kölner Laurenz-Carré weiter geht.

Der Düsseldorfer Projektentwickler Gerchgroup hat beim Amtsgericht einen Insolvenzantrag gestellt. Entsprechende Marktgerüchte bestätigte das Amtsgericht Düsseldorf am Mittwoch dem „Handelsblatt“. 

Verschiedenen Brancheninsidern zufolge haben zunächst die Holdinggesellschaften der Bauträger Anträge auf „Insolvenz in Eigenregie“ gestellt. Die Eigenverwaltung bedeutet, dass der Schuldner die Verfügungsgewalt über sein Unternehmen behält und so mehr oder weniger Herr des Geschehens bleibt.

Anders als im herkömmlichen Insolvenzverfahren, in dem die Unternehmensführung die Kontrolle an den Insolvenzverwalter abgibt, bleibt bei der Insolvenz in Eigenverwaltung die Verfügungsgewalt und Finanzhoheit bei der Geschäftsführung. Sie erhält einen Sachwalter an die Seite gestellt, der eher eine überwachende Funktion hat.

Operative Firmen nicht betroffen

Die operativ tätigen Projektgesellschaften, denen also die Bauprojekte selbst gehören, sind Insidern zufolge nicht von der Pleite betroffen. Finanziell sind sie zwar von der Muttergesellschaft abhängig. Für sie sollen aber Alternativen gefunden werden. So könnte eine Erhöhung der Kreditlinien durch die finanzierenden Banken der Gesellschaften möglich sein, hieß es aus Branchenkreisen.

Vorläufer der Gerchgroup wurden 2015 von Mathias Düsterdick und Christoph Hüttemann gegründet. Das Unternehmen ist bundesweit tätig und hat seinen Sitz in Düsseldorf. Erst vor gut einem Jahr bezogen die rund 50 Mitarbeiter ihr neues Hauptquartier am Düsseldorf Gustaf-Gründgens-Platz.

In Köln durch das „Laurenz Carré“ bekannt

In Köln wurde die Gerchgroup durch das Projekt Laurenz-Carré bekannt. Es liegt am Roncalliplatz im Norden der Altstadt unweit vom Hauptbahnhof. Es soll bei Fertigstellung über 33.000 Quadratmeter Fläche bieten, die als gemischt genutztes Quartier für Wohnen und Gewerbe (Büro, Hotel, Einzelhandel, Gastronomie) vorgesehen sind. 

„Sollten Holding-Gesellschaften der Gerchgroup einen Insolvenzantrag in Eigenverwaltung gestellt haben, so bedauern wir das sehr“, sagte Baudezernent Markus Greitemann sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger am Mittwoch. „Wir halten weiter engen Kontakt mit der Gerchgroup.“ Weil die Insolvenz nicht die operativen Projektgesellschaften betrifft, ist auch das Laurenz-Carré derzeit zumindest nicht unmittelbar betroffen. Greitemann zeigte sich optimistisch, was dessen Zukunft betrifft: „Wir sind zuversichtlich, dass das Projekt in absehbarer Zeit wieder Fahrt aufnimmt, denn bei dem Grundstück handelt es sich deutschlandweit um ein echtes Sahnestück.“

Erst am 10. Juli 2023 hatte der Hauptausschuss der Stadt Köln den entsprechenden Bebauungsplan unter dem Arbeitstitel „Westlich Unter Goldschmied“ beschlossen. Zuvor hatte die Ankündigung der Gerchgroup, anders als angekündigt doch keine Wohnungen auf dem Gelände bauen zu wollen, für Diskussionen gesorgt. Im Bebauungsplan waren dann zumindest weiterhin Wohnungen vorgesehen.

Ankermieter Boston Consulting Group

Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) hatte im Frühjahr für das Laurenz Carré einen großen Mietvertrag für 7400 Quadratmeter Fläche für die Etagen eins bis sechs inklusive der Dachterrasse unterzeichnet. Im ersten Halbjahr 2026 sollte sie einziehen. Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wollte sich die BCG zunächst nicht zu der Insolvenz äußern.

Die Gerchgroup entwickelt deutschlandweit Projekte. Nach Angaben auf der Internetseite der Firma haben sie ein Volumen von vier Milliarden Euro. Zu den aktuellen Projekten zählen unter anderem der Umbau eines ehemaligen Bahngeländes in Augsburg und ein Wohn- und Behördenzentrum in Nürnberg.

In einer Pressemitteilung am späten Mittwochabend teilte die Gerchgroup mit, dass sie durch „externe Faktoren in die Krise geraten“ sei. Aufgrund „des Ukraine-Kriegs, der Inflation und des aktuell weitgehend zusammengebrochenen Transaktionsmarkts“ stecke die gesamte Bau- und Projektentwicklerbranche in Schwierigkeiten. Außerdem stellten die angestiegenen Zinsen und die Zurückhaltung auf dem Finanzierungsmarkt Unternehmen vor Probleme.

Tatsächlich leiden viele Projektentwickler unter gestiegenen Zinsen und dramatisch gesunkenen Immobilienpreisen bei gleichzeitig steigenden Baukosten.

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