Equal Pay Day„Glückwunsch, morgen werden Sie erstmals in 2020 fürs Arbeiten bezahlt“

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  • Auch im Jahr 2020 verdienen Frauen im Schnitt rund 20 Prozent weniger als Männer.
  • Umgerechnet bedeutet das: Sie arbeiten 77 Tage im Jahr quasi unbezahlt.
  • Um das zu ändern, müssen viele kleine Rädchen ineinandergreifen. Unsere Autorin kommentiert.

Köln – Wenn Sie diesen Text am heutigen Equal Pay Day lesen und noch dazu eine Frau sind, dann ist zunächst eine Gratulation angebracht: Herzlichen Glückwunsch, der morgige Mittwoch wird der erste Tag in diesem Jahr sein, an dem Sie für Ihre Arbeit bezahlt werden.

Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen in Deutschland liegt auch im Jahr 2020 noch bei 21 Prozent – das entspricht dem Vorjahreswert und unterbietet den europäischen Durchschnittswert von 16 Prozent um fünf Prozentpunkte. Rechnet man diese Differenz auf Tage im Jahr um, dann ergeben sich daraus 77 Tage, die Frauen im Gegensatz zu Männern nicht für ihre Arbeit bezahlt werden.

Komplexes Problem mit einfachem Kern

Diese Rechnung mag verkürzt und ein wenig polemisch sein, im Kern aber ist sie richtig. Frauen verdienen im Schnitt deutlich weniger Geld als Männer. Und das muss sich ändern. Die Gründe für die Lohnlücke sind vielfältig. Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit oder als geringfügig Beschäftigte, sie kümmern sich häufiger um Familie und Haushalt, arbeiten in schlechter bezahlten Branchen.

Aber wer nun glaubt, dass sich das Problem lösen ließe, wenn einfach mehr Frauen Programmiererinnen und Ingenieurinnen würden, der irrt: Studien haben gezeigt, dass die Bezahlung in einer Branche sich verschlechtert, sobald der Frauenanteil dort über 60 Prozent steigt. Es sind also nicht allein der Job und die Zahl der Stunden, die den Ausschlag geben – aus irgendeinem irrationalen Grund ist es auch das Geschlecht. Bereinigt man die Lohnlücke von 21 Prozent so, dass nur noch vergleichbare Tätigkeiten berücksichtigt werden, verdienen Frauen noch immer sechs Prozent weniger als Männer.

Ein Blick auf diese Verflechtungen macht es bereits deutlich: Veränderung wird erst dann möglich, wenn viele kleine Rädchen ineinandergreifen. Wenn die Betreuungsmöglichkeiten für Kinder ausgebaut werden. Wenn mehr Frauen in Führungspositionen aufsteigen (und ja, das gerne auch mit einer Quote). Wenn wir uns daran erinnern, dass es ein Entgelttransparenzgesetz gibt, das es uns ermöglicht, die Gehälter von Kollegen und Kolleginnen in vergleichbaren Positionen zu erfragen. Und natürlich: Wenn der Kulturwandel unsere Köpfe erreicht – egal, ob es nun männliche oder weibliche Köpfe sind.

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