Umweltkatastrophen kommen den Kölner Versicherer teuer zu stehen. Nicht nur deswegen warnt der CEO davor, das Thema aus den Augen zu verlieren.
„Größtes Risiko überhaupt“Kölner Zurich-Versicherung verschärft ihre Klimastrategie

Petra Riga-Müller, Vorstand Industrieversicherung, und Carsten Schildknecht, Vorstandsvorsitzender von Zurich Deutschland, auf der Terrasse der Kölner Unternehmenszentrale.
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„Nachhaltigkeit ist nicht mehr en vogue“, sagt Zurich-Deutschland-Chef Carsten Schildknecht und fährt fort: „Das ist falsch.“ Der Versicherungsmanager hat Journalistinnen und Journalisten im 150. Unternehmensjahr in die Kölner Zentrale in der Messecity geladen und eine zentrale Botschaft mitgebracht: „Der Klimawandel ist das größte Risiko für die Menschheit überhaupt.“ Daran ändere sich auch nichts durch die geringere Wahrnehmung des Themas in der Öffentlichkeit.
Schildknecht zeigt bei einer Präsentation Medienberichte, die belegen, dass Klimaschutz die Wählerinnen und Wähler bei der Bundestagswahl im Februar und die Öffentlichkeit insgesamt zuletzt nur nachrangig interessiert habe. Er stellt diesen die Wirklichkeit gegenüber: 2024 habe es weltweit verheerende Stürme und Starkregenereignisse gegeben, Dürren führten zu Waldbränden und richteten zum Beispiel in den USA verheerende Schäden an, schwere Überschwemmungen wurden in Spanien, Deutschland sowie Zentral- und Osteuropa beobachtet.
Jede Naturkatastrophe ist teuer für Zurich
Der Zurich-Chef macht damit deutlich, warum sich der Kölner Versicherer trotz des gesunkenen öffentlichen Interesses intensiv um den Klimaschutz bemühen möchte. Natürlich deckt sich Carsten Schildknechts ideelles Bemühen mit seinem großen wirtschaftlichen Interesse daran, dass Naturkatastrophen ausbleiben – und die Menschen sich besser darauf vorbereitet haben, für den Fall, dass sie doch eintreffen. Denn jede Naturkatastrophe kommt Zurich teuer zu stehen: je größer der Schaden durch Starkregen, Tornados und Hagel, desto schlechter die Bilanz.
„Auf lange Sicht könnten die Folgen eines fortschreitenden Klimawandels auch Wohlstand und Wirtschaftswachstum sowie das Geschäftsmodell der Assekuranz gefährden“, sagt Schildknecht, „nämlich dann, wenn bestimmte Risiken exponentiell zunehmen und nicht mehr versicherbar wären.“
Die Strategie der Zurich, Schäden zu mindern, ruht dabei auf zwei tragenden Säulen: Zum einen hat der Versicherer seine vier Jahre alte Nachhaltigkeitsstrategie aktualisiert, zum anderen beraten die Kölner Industrie- und Gewerbebetriebe präventiv zu Risiken durch Wetterereignisse.
Bei den Zielen der Nachhaltigkeitsstrategie ist Zurich seit 2021 deutlich vorangekommen: So seien die CO₂-Emissionen um 74 Prozent reduziert worden, berichtet Schildknecht. 2050 soll hier eine Netto-Null stehen – ganz ohne Treibhausgas-Emissionen gehe es nicht, aber sie sollen vollständig ausgeglichen werden. Angesichts von Greenwashing-Vorwürfen, die Kritiker des CO₂-Ausgleichs äußerten, versprach Schildknecht „maximale Transparenz“ bei den Projekten, mit deren Hilfe Zurich seine Emissionen auszugleichen gedenkt.
Dax-Unternehmen analysiert Risiken für Standorte
Jetzt will Zurich zusätzlich auch messen, wie hoch der Anteil der Vertragspartner ist, die Klimaziele definiert haben – 2030 soll er bereits 75 Prozent betragen. Zudem soll die CO₂-Belastung pro Quadratmeter bei Immobilieninvestitionen bis zu diesem Zeitpunkt um 45 Prozent gegenüber 2019 gesenkt werden, aktuell steht Zurich bei 30 Prozent Reduktion. Seine Kundschaft, vor allem solche mit hohen Emissionswerten, will der Kölner Versicherer künftig dazu motivieren, diese zu senken. „Als Versicherer helfen wir unseren Kunden dabei, Klimarisiken zu erkennen, zu mitigieren und Resilienzen entsprechend zu erhöhen“, sagt Schildknecht.
Resilienzen sind die zweite Säule der Strategie. Dazu gehören auch digitale Innovationen: Zurich hat aus Klimadaten und Datenmodellen ein digitales Tool entwickelt, mit dem Unternehmen einen Überblick über Klimarisiken an ihren Standorten erhalten. Sie können damit genau sehen: Wie hoch ist für dieses Gebäude das Risiko, von Hagel getroffen zu werden? Oder: Wie wahrscheinlich ist es, dass meine Produktionshallen überflutet werden? Spezialisierte Klimarisiko-Ingenieure von Zurich liefern Empfehlungen für Anpassungsmaßnahmen gleich mit. Mit diesem Werkzeug habe erst kürzlich ein Dax-Unternehmen sämtliche seiner Standorte analysiert, berichtet Petra Riga-Müller, Vorständin Industrieversicherung.
„Wenn wir nachhaltige Erfolge sichern möchten, müssen wir uns vom kurzfristigen Quartals- oder Jahresdenken lösen“, sagt Zurich-Chef Schildknecht. Aber natürlich sind Zahlen wichtig, und auch über sie spricht der Manager am Donnerstag. In Summe lagen die Versicherungsbeiträge der Zurich Deutschland im vergangenen Jahr bei 5,88 Milliarden Euro, damit stagnierten sie gegenüber 2023 beinahe. Dabei gab es bei Schaden- und Unfallversicherungen ein Plus von 9,4 Prozent auf 3,14 Milliarden Euro, während die Lebensversicherung mit 2,74 Milliarden Euro 7,4 Prozent weniger beitrug. Die Kapitalanlagen stiegen um 2,7 Prozent auf 52,67 Milliarden Euro.