HilfsorganisationenVertrauen ist gut, Siegel ist besser
Eine Privatperson hat kaum die Möglichkeit, eine Schule in Kenia zu bauen, auch wenn diese dort dringend gebraucht wird. Wer helfen will, ist in der Regel auf Hilfsorganisationen angewiesen, die Bildungsprojekte vor Ort professionell realisieren. Und dafür kann jeder spenden. Doch wer Geld uneigennützig ausgibt, möchte auch wissen: Wie viel kommt am Ende beim Projekt an?
"Die große Mehrzahl der Spendenorganisationen arbeitet seriös", sagt Christel Neff, stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen. Das DZI prüft jährlich Organisationen, die das Spendensiegel haben möchten. Anhand von sieben Kriterien prüft das DZI wirtschaftliche, rechtliche und ethische Kriterien. Derzeit tragen 227 Organisationen dieses Gütesiegel.
Erst dieses Jahr hat auch der Deutsche Spendenrat ein Spendenzertifikat erstellt. Die 66 Mitgliedsorganisationen werden von Wirtschaftsprüfern auf deren zweckgerichtete, wirtschaftliche und sparsame Mittelverwendung hin überprüft. Werbungs- und
Verwaltungskosten Bei Organisationen, die das Spendensiegel des DZI tragen, dürfen die Werbungs- und Verwaltungskosten pro Spende die Obergrenze von 30 Prozent nicht überschreiten. Von 100 Euro gehen also immer mindestens 70 Euro an das konkrete Projekt. "Gut gemachte Arbeit braucht eine gute Verwaltung", sagt Neff. "Spendenorganisationen müssen auf sich aufmerksam machen, ohne Werbung gibt es keine Spendeneinnahmen."
Im Schnitt würden die Werbungs- und Verwaltungskosten der Organisationen, die das Siegel tragen, 13 bis 14 Prozent betragen. "Liegt eine Organisation darüber, bedeutet das aber nicht, dass diese unseriös wirtschaftet", sagt Neff. Ist eine Organisation weltweit aktiv, braucht sie einen gewissen Verwaltungsapparat. "Darüber hinaus kann es am Förderzweck liegen, dass eine Organisation mehr Werbekosten braucht als andere", sagt Neff. Der Deutsche Spendenrat setzt keine Obergrenze bei den Werbungs- und Verwaltungskosten. Den Grund erklärt Daniela Geue, Geschäftsführerin des Dachverbandes. "Es kann immer mal Ausreißer geben, etwa eine umfangreiche Werbekampagne nach einer plötzlich auftretenden Katastrophe. Uns ist vor allem wichtig, dass die Ausgaben gut begründet, nachvollziehbar und transparent gemacht werden
Weniger streuen Wer spenden will, kann mit ein paar Tricks auch selbst dafür sorgen, dass die Verwaltungskosten gering bleiben. So ist es zum einen sinnvoller, ein oder zweimal im Jahr einen größeren Betrag zu spenden, anstatt diesen monatlich zu stückeln. Denn jede Überweisung ist mit Verwaltungskosten verbunden.
Das Gleiche gilt für die Streuung der Spende an verschiedene Organisationen. "Es ist sinnvoller, an zwei Organisationen 50 Euro zu geben, als an zehn Organisationen jeweils zehn Euro", sagt Neff. Damit entstehen prozentual weniger Verwaltungskosten und mehr Geld kommt an.
Eine Dauerförderung, also eine vertragliche jährliche Abbuchung, helfe, Projekte langfristig zu planen. "Organisationen können so Strukturen aufbauen und mit dem Geld planen", sagt Geue.
Solch eine Situation gab es etwa 2015, als Hunderttausende Flüchtlinge in Deutschland Schutz suchten. Hierbei handelte es sich nicht um eine punktuell auftretende Not, wie etwa eine Überschwemmung, bei der es in erster Linie um die finanzielle Hilfe zum Wiederaufbau geht. In diesem Fall mussten erst einmal Strukturen geschaffen werden, um den Flüchtlingszuzug auf lange Sicht zu bewältigen.
Bei einer Dauerförderung ist allerdings darauf zu achten, dass Spender jederzeit das Recht haben zu kündigen, damit die Freiwilligkeit gewahrt bleibt.
"Wir können zudem sehr gut nachvollziehen, dass Spender genau wissen wollen, für was das Geld verwendet wird", sagt Neff. "Letztlich ist es aber die optimale Variante, der Hilfsorganisation zu vertrauen, dass das Geld dort eingesetzt wird, wo es am meisten gebraucht wird", sagt Christel Neff vom DZI. Das hat folgenden Hintergrund: Ist eine Spende zweckgebunden, darf sie auch für nichts anderes verwendet werden, im ungünstigsten Fall entstehen an der einen Stelle Überkapazitäten und an anderer Stelle wird die Not größer.
So war es zum Beispiel nach dem Tsunami 2004 im Indischen Ozean, erinnert sich Christel Neff. Aus Deutschland kamen Rekordspenden. Doch wurde letztlich mehr Geld für Fischerboote gespendet als gebraucht wurde. Und um die Infrastruktur des Landes wieder aufzubauen, war dagegen zu wenig da. Bei Sachspenden entstehen zusätzlich Transportkosten. Kauft die Hilfsorganisation die benötigten Produkte hingegen vor Ort, wird zudem die dortige Wirtschaft gestärkt.
Ethische Kriterien Wie geworben wird, ist letztlich auch Teil der Prüfung, um das Siegel verliehen zu bekommen. Mitunter sollen Schockbilder zum Spenden animieren, etwa Fotos von Gefolterten oder von abgemagerten Kindern. Doch bei solchen Aufrufen ist Vorsicht geboten. "Eine Spendenwerbung, die emotional unter Druck setzt, verhindert, dass sich Menschen über die Organisation informieren, wofür genau das Geld eingesetzt wird", kritisiert Neff.
Von der Steuer absetzen
Pro Jahr spenden die Deutschen laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung etwa fünf Milliarden Euro, das heißt, jeder Einzelne spendet im Schnitt 35 Euro.
Spenden an eine gemeinnützige Organisation sind bis zu einer Grenze von 20 Prozent des Einkommens steuerlich absetzbar. Sie können als Sonderausgaben geltend gemacht werden und mindern so das zu versteuernde Einkommen. Eine Quittung ist erst ab 200 Euro nötig. Bei niedrigeren Beträgen reichen die Überweisungsbelege.