Höchster Stand seit 40 JahrenWas sind die Folgen der Inflation?

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Nahrungsmittel wurden im März im Vergleich zum Vorjahresmonat 5,8 Prozent teurer.

Köln – Ein altes Schreckgespenst ist zurück: Die Inflation in Deutschland hat den höchsten Stand seit 40 Jahren erreicht. Das Statistische Bundesamt hatte am Mittwoch die Inflationsrate für den März veröffentlicht, sie liegt voraussichtlich bei 7,3 Prozent. Zum Vergleich: Vor einem Jahr lag die Inflationsrate im Land unter 1,5 Prozent. Vor allem Energie wurde im Vorjahresvergleich drastisch teurer. Ein Überblick, wen es wie hart trifft.

Was wurde alles teurer?

Haupttreiber der Teuerung sind die Energiepreise. Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Preise für Kraftstoffe bis Ende Februar um 25,8 Prozent (alle Werte gegenüber Vorjahresmonat). Dieser Wert dürfte im März noch einmal zugelegt haben. Strom und Gas wurden fast 21 Prozent teurer. Nahrungsmittel legten 5,8 Prozent zu. Allerdings ist nicht absehbar, wie stark sich die gestiegenen Kraftstoffpreise etwa auf die Logistik und damit mittelbar auf Lebensmittelpreise auswirken werden. Gemüse jedenfalls wurde gegenüber dem Februar bereits zehn Prozent teurer.

Was fordern die Gewerkschaften?

Angesichts des erneuten Sprungs der Inflation fordern mehrere Gewerkschaften kräftige Lohnsteigerungen für ihre Beschäftigten bei den nächsten Tarifrunden. Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Freddy Adjan, sagte der „Bild“-Zeitung vom Donnerstag: „Die Löhne müssen jetzt schnell und deutlich steigen.“ Denn die viel zu schnell steigenden Lebenshaltungskosten seien gerade für Beschäftigte mit niedrigen Löhnen ein Riesenproblem. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte der Zeitung, nötig sei ein Lohnplus von zehn Prozent. Der Lohnzuwachs müsse schließlich nicht nur die Inflation ausgleichen, „sondern deutlich überkompensieren“. Ulrich Silberbach, Chef des Deutschen Beamtenbundes, verlangte ein Plus von mehr als sechs Prozent. Es müsse „reale Einkommenszuwächse“ geben, die gebe es „erst oberhalb der Inflationsrate“, sagte Silberbach der „Bild“.

Droht eine Lohn-Preis-Spirale?

Befürchtet wird von vielen Ökonomen eine Lohn-Preis-Spirale: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fordern höhere Löhne und um diese zu bezahlen, erhöhen in der Folge Unternehmen die Preise für ihre Produkte, was weitere Lohnforderungen nach sich zieht. „Auch weil die Renten um sechs Prozent steigen, könnten die Gewerkschaften auf deutliche Tariferhöhungen drängen mit dem Argument: „Warum sollen wir den Preis allein zahlen“, sagte Justus Haucap, Volkswirtschaftsprofessor und ehemaliges Mitglied der Monopolkommission, im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Für die Wirtschaft würde es angesichts der ständig steigenden Preise dann immer schwieriger, Investitionsentscheidungen zu treffen.

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Wie wahrscheinlich ist eine solche Lohn-Preis-Spirale?

Hagen Lesch, Leiter des Kompetenzfelds Tarifpolitik beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, dämpft die Sorge vor einer solchen Steigerungsspirale. „Bislang fielen viele Tarifabschlüsse verhältnismäßig moderat aus, etwa in der Druckindustrie zwei Prozent mehr in diesem und weitere 1,5 im nächsten Jahr, ähnlich niedrig im Öffentlichen Dienst mit 2,8 Prozent zum Jahresende“, sagte der Volkswirt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. In der Gastronomie seien die jüngsten Abschlüsse zwar deutlich höher ausgefallen, das sei aber der langen Lockdown-Pause geschuldet. Auch der Mindestlohnanstieg mache sich bemerkbar, ebenso der Fachkräftemangel. „Die entscheidende Frage ist: Ist das nur ein temporärer Anstieg der Inflation oder ein dauerhafter. Noch gehen die meisten Gewerkschafter wohl von nur kurzfristiger Teuerung aus“, sagt Lesch. Erst wenn sich diese Einschätzung ändere, komme es zu einer Lohn-Preis-Spirale. Das sei noch nicht zu erkennen.

Was könnte die Inflation dämpfen?

„Die EZB ist nun gefordert, einer solchen Einschätzung durch eine straffere Geldpolitik entgegenzuwirken“, sagt IW-Experte Lesch. Straffe Geldpolitik bedeutet, das Geld zu verknappen, um die Inflationsrate zu verlangsamen. Konkret hieße das, die Europäische Zentralbank müsse die Zinsen erhöhen. „Bis Ende des Jahres kann ich mir eine Erhöhung des Leitzinses durch die EZB vorstellen“, sagt Ökonom Justus Haucap.

Wen träfe eine Zinserhöhung?

Alle die, die Schulden haben oder aufnehmen wollen. Am härtesten davon getroffen wären hoch verschuldete Immobilienkäufer. Auch die Investitionsbereitschaft der Unternehmen würde gedrosselt, was am Ende das ohnehin schon schrumpfende Wirtschaftswachstum zusätzlich bremsen könnte. Zum Problem könnten höhere Zinsen auch für Länder mit hohen Schulden und schwacher Bonität werden, wie zum Beispiel Italien. (mit afp)

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