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Job-KolumneWarum wir dringend aus der Opferhaltung rausmüssen

3 min
Es lief schonmal deutlich besser für die deutsche Wirtschaft. Das liegt auch daran, dass Tesla und andere deutlich veränderungsbereiter sind.

Es lief schonmal deutlich besser für die deutsche Wirtschaft. Das liegt auch daran, dass Tesla und andere deutlich veränderungsbereiter sind.

Veränderung beginnt dort, wo wir unsere Komfortzone verlassen. Und das ist für alle Lebensbereiche wichtig – Arbeitswelt, erklärt der Kölner Coach Sohrab Salimi.

 2016, Workshop bei einem der großen deutschen Autobauer. Ich erwähne Tesla als Beispiel für radikale Veränderung. Einige Manager lachen: „Die Autos sind schlecht verarbeitet. Reichweite? Kein Vergleich.“ Mein Tesla fuhr damals schon 400 Kilometer am Stück. Mir wurde klar: Solange Veränderungswille fehlt, bringen selbst die besten Workshops nichts. Dieser Wille kommt von innen. Heute sehen wir: Keiner der deutschen Hersteller – weder VW, noch Mercedes, noch BMW – hat eine überzeugende Strategie für die Zukunft. Alle Mitarbeitenden entlassen, ihre Zulieferer gerieten unter Druck. Währenddessen wächst Tesla trotz aller Diskussionen um Elon Musk weiter - und chinesische Unternehmen ziehen ebenfalls vorbei.

Vor zehn Jahren hatte der deutsche Hersteller die Weltspitze fest im Griff. Heute ist keiner mehr in den Top 5. Das Problem betrifft nicht nur die Autoindustrie. Deutschlands Innovationskraft bröckelt. Unser Bildungssystem, die Infrastruktur und vieles andere sind nicht mehr geführt. Ein Patient meiner Frau brachte es kürzlich zum günstigsten Preis auf den Punkt. Er kam begeistert aus China zurück und sagte: „Ich komme gerade aus der Zukunft.“ Dort erlebt man Digitalisierung, Infrastruktur und Mobilität in einer Geschwindigkeit, die bei uns unvorstellbar ist.

Die Frage ist: Nutzen wir solche Beobachtungen, um ambitionierter zu werden oder bleiben wir beim Fingerzeigen? Denn genau das passiert häufig: Während andere Länder mutig investieren, suchen wir Ausreden. Wir sagen: „In China geht das nur wegen der politischen Verhältnisse.“ Aber das ist nichts anderes als Opferhaltung. Statt zu gestalten, rechtfertigen wir Stillstand. Warum tun wir uns so schwer? Die Macht der Gewohnheit ist ein Teil der Antwort. Doch es ist mehr: fehlende Ambition, keine Neugier, keine Dringlichkeit. Veränderung ist unbequem, sie verlangt Energie und Mut. Aber wer sie verweigert, verliert – im globalen Wettbewerb, in Unternehmen und auch persönlich.

Als Gesellschaft müssen wir aufhören, Ausreden zu pflegen.

Es sollte nicht nur die Angst vor Krisen sein, die uns bewegt, sondern die Hoffnung auf eine bessere Zukunft für unsere Kinder. Wir brauchen eine Bildung, die auf morgen vorbereitet ist, eine Verwaltung, den digitalen Gedanken und eine Infrastruktur, die uns nicht bremst, sondern antreibt. Unternehmen müssen wieder das werden, was ihr Name verspricht: Orte des Unternehmertums. Nicht alte Strukturen verwalten, sondern Neues schaffen. Kreativität entsteht nicht durch PowerPoint-Folien oder endlose Abstimmungen, sondern durch Menschen, die mutig handeln. Mitarbeitende müssen nicht auf die „große Transformation“ von oben warten. Veränderung beginnt im Kleinen: ineffiziente Meetings abschaffen, Ideen ausprobieren, Mitstreiter gewinnen. Wer gestalten will, braucht keine Erlaubnis – nur den ersten Schritt.

Und wir als Einzelne? Veränderung beginnt dort, wo wir unsere Komfortzone verlassen. Austausch mit Menschen, denen wir nicht in allem zustimmen. Routinen bewusst verändern, um neue Impulse zu setzen. Statt Diskussionen: mutig ausprobieren, Entscheidungen treffen, Feedback geben und einfordern. Veränderung wird nicht delegiert – sie wird gelebt. Veränderungswille ist wie ein Muskel. Wer ihn nie benutzt, baut ihn ab.

Wer ihn trainiert, macht ihn stärker. Mit jedem Mal wird es leichter, Neues auszuprobieren, Unsicherheit auszuhalten und Grenzen zu verschieben. Genau das ist der Schlüssel: Wir dürfen uns nicht im Bekannten einrichten. Stillstand wirkt bequem – in Wahrheit ist er Rückschritt. Die gute Nachricht: Veränderung ist möglich. Sie beginnt mit Neugier, Disziplin und der Entscheidung, Gestalter zu sein – kein Opfer. Von nichts kommt nichts. 

Zur Person und Kolumne

Sohrab Salimi

Sohrab Salimi

Sohrab Salimi ist Gründer und CEO der Agile Academy . Er hat über 20 Jahre Berufserfahrung als Trainer für kleine bis sehr große Unternehmen. Sohrab Salimi lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Köln. Im „Kölner Stadt-Anzeiger“ schreibt er in seiner Kolumne „Von nichts kommt nichts“ einmal im Monat über Fragen und Themen rund um die Arbeitswelt.