Bützche, Kölsch, KrankmeldungFastelovend am Arbeitsplatz: Das müssen Sie an Karneval beachten

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Karnevalisten feiern in der Altstadt die Eröffnung des Straßenkarnevals auf dem Alter Markt.

Mit Kostüm, Alkohol und Musik? Wer Fastelovend feiern möchte, sollte sich unbedingt beim Arbeitgeber informieren, wie das im Büro geregelt ist. (Symbolbild)

Wo sind die Grenzen der Narrenfreiheit? Ein Kölner Anwalt klärt über arbeitsrechtliche Irrtümer an Karneval auf.

Das Arbeitsrecht gilt an 365 Tagen im Jahr, auch in der fünften Jahreszeit. Aber was müssen Arbeitnehmer und -geber an Karneval besonders beachten? Muss ich an Weiberfastnacht und Rosenmontag arbeiten? Darf ich mich verkleiden und um 11.11 Uhr mit meinen Kolleginnen und Kollegen anstoßen? Der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel gibt Antworten.

Muss ich an Weiberfastnacht und Rosenmontag arbeiten?

Weiberfastnacht und Rosenmontag sind auch in Köln und dem Rheinland keine gesetzlichen Feiertage, daher gilt grundsätzlich Arbeitspflicht. Es handelt sich um sogenannte Brauchtumstage. „Das berechtigt Arbeitnehmer nicht dazu, von der Arbeit wegzubleiben. Wer feiern will, muss sich grundsätzlich Urlaub nehmen“, erklärt Görzel. Gleiches gilt für aktive Karnevalisten: Vereinssitzungen während der Session sind kein Grund zur Arbeitsbefreiung, man muss sich freinehmen.

Doch gerade im Rheinland ist es nicht unüblich, dass der Arbeitgeber an Rosenmontag den ganzen oder halben Tag freigibt. Dann handelt es sich um eine freiwillige Leistung. Tut der Arbeitgeber das mindestens dreimal in Folge ohne Vorbehalt, dann ist die Rede von einer betrieblichen Übung. Die Angestellten können also davon ausgehen, dass ihnen die Leistung dauerhaft gewährt wird. Daraus kann ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung entstehen. Um Irrtümern vorzubeugen, sollten Arbeitgeber also ihre Regelungen regelmäßig eindeutig kommunizieren.

Darf der gesamte Betrieb zu Hause bleiben, wenn das Kölner Büro „karnevalfrei“ bekommt?

Formell handelt es sich zunächst um eine Ungleichbehandlung, wenn die Kolleginnen und Kollegen in Berlin oder Hamburg arbeiten müssen, während die Kölner Kamelle fangen. Doch Görzel erläutert, dass kein Anspruch auf Arbeitsbefreiung der gesamten Belegschaft entsteht.

Das Verwaltungsgericht Berlin urteilte 2016 nämlich, dass „die überragende Bedeutung des Brauchtums Karneval im Rheinland“ die Sonderbehandlung der Kollegen in der Karnevalshochburg rechtfertigt. Görzel: „Der Chef muss den anderen Mitarbeitern rechtlich betrachtet nicht freigeben. Ob das unternehmenspolitisch gut ist, ist natürlich eine andere Frage.“

Darf man sich krankmelden und dann Karneval feiern?

Generell droht eine Abmahnung oder Kündigung, wenn man sich selbst beurlaubt. Auch die Androhung von Krankheit, falls man keinen Urlaub bekommt, sollte unterlassen werden. Doch Görzel erzählt von einem Fall, in dem eine fristlose Kündigung nicht ganz einwandfrei war. Eine Arbeitnehmerin hatte sich am 10. November krankgemeldet und am 11. auf der Kölner Uniwiese gefeiert. Fotos von der Party landeten auf Instagram. „Ein Arbeitnehmer darf alles während einer Krankmeldung machen, was den Heilungsverlauf nicht gefährdet“, betont der Arbeitsrechtler.

Die entscheidende Frage lautet also: Verhindert das Feiern die Genesung der Arbeitnehmerin? „Bei psychosomatischen Geschichten wird das vielleicht okay sein“, sagt Görzel: „Aber wenn man mit 40 Grad Fieber im Bett liegt, dann sollte man besser nicht feiern gehen.“

Darf ich wegen eines Katers eine Krankmeldung einreichen?

Ja, grundsätzlich trifft den Arbeitnehmer kein Verschulden für Erkrankung – auch dann nicht, wenn zu viel gefeiert wurde. Der Rechtsexperte erklärt: „Wenn ich zu viel gefeiert habe, einen Kater habe und nicht aus dem Bett komme, dann ist das juristisch betrachtet eine Arbeitsunfähigkeit.“ Görzel empfiehlt verkaterten Arbeitnehmern, sich lieber krankzumelden. Denn verursacht man wegen des Katers etwa einen Unfall, dann droht eine Abmahnung. Wichtig ist aber die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, auch schon am ersten Tag.

Darf ich an Karneval am Arbeitsplatz Alkohol trinken?

In Deutschland ist Alkohol am Arbeitsplatz grundsätzlich erlaubt. Das heißt, um 11.11 Uhr darf mit einem Kölsch oder Sekt angestoßen werden. Es sei denn, der Arbeitgeber verbietet es ausdrücklich im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsordnung oder über einen Aushang. Görzel betont dabei: „Dem Verbot muss auch der Betriebsrat zustimmen, wenn es einen gibt. Nur dann ist es wirklich verboten. Wenn es im Unternehmen nirgends vorher geregelt ist, dass Alkohol trinken verboten ist, dann ist es erlaubt und ein Arbeitgeber darf nicht abmahnen.“

Die kritische Grenze des Alkoholkonsums ist erst dann erreicht, wenn dieser die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. „Da sind die Grenzen im wahrsten Sinne des Wortes fließend“, sagt Görzel – je nachdem, wie viel unterschiedliche Personen vertragen würden.

Darf ich mich im Büro verkleiden und Musik hören?

Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Job tragen, was sie wollen, erklärt Görzel: „Ob ich heute im Skianzug ankomme oder im Hochsommer in Shorts, dann ist das erstmal meine Sache. Wer also mit Krätzchen zur Arbeit kommen will, darf das tun.“ Dienstkleidungen, wie für Pflegefachkräfte oder Bankberater, sind Ausnahmen. Pflicht ist auch das Tragen von Schutzkleidung, wie Helme, wenn diese vorgeschrieben ist.

Grundsätzlich ist es auch erlaubt, Karnevalsmusik bei der Arbeit laufen zu lassen. Außer, die Arbeit wird beeinträchtigt oder das kollegiale Umfeld fühlt sich dadurch gestört. Auch hier kann der Arbeitgeber – in Absprache mit dem Betriebsrat – eine entsprechende Regel aufstellen. Görzel fasst zusammen: „Wichtig ist immer die Frage, ob die Verkleidung oder Musik mich oder andere bei der Arbeit stört.“

Darf ich die Krawatte eines Arbeitskollegen abschneiden?

In Karnevalshochburgen schneiden Frauen an Weiberfastnacht Krawatten ab. Das dürfen sie rechtlich nur mit Erlaubnis der Krawattenträger. Denn: Wenn es keine Einwilligung gibt, dann ist es Sachbeschädigung. Dazu verweist Görzel auf ein Urteil des Amtsgerichts Essen aus dem Jahr 1988, das dem Geschädigten Schadensersatz zusprach.

Sind Bützche am Arbeitsplatz erlaubt?

Ein Bützche oder Kuss auf die Wange erfordert rechtlich das Einverständnis beider Personen. Denn dabei handelt es sich um einen Eingriff in die Intimsphäre. Das ist durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geregelt, erklärt Görzel: „Man kann nicht aufgrund von Karneval, Alkohol oder Verkleidung davon ausgehen, dass eine Einwilligung zum Kuss vorliegt.“ Solche Fälle hätte sich in der jüngsten Vergangenheit gehäuft, sagt der Anwalt. Auch anzügliche Witze können grenzüberschreitend wahrgenommen werden.

Um sich zu wehren, steht Betroffenen „das ganze Repertoire“ zur Verfügung, unterstreicht Görzel, von Umsetzung in einen anderen Arbeitsbereich über Abmahnung bis hin zur fristlosen Kündigung. Der Kölner unterstreicht in diesem Zusammenhang die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers: „Es müssen Schutzmaßnahmen getroffen werden, damit keinerlei solcher Belästigungen entstehen. Das sieht das Gesetz ausdrücklich vor.“

Darf mein Arbeitgeber Fotos von der betrieblichen Karnevalsfeier veröffentlichen?

Nein. Die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verbietet die Veröffentlichung solcher personenbezogenen Daten, außer es liegt eine Erlaubnis vor. Diese kann der Arbeitnehmer etwa in einer Einwilligungserklärung für Werbezwecke des Unternehmens bereits gegeben haben. 

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