Grafik der WocheWie wichtig ist Karneval für die Kölner Wirtschaft?

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Mehr als eine Million Besucher kommen für den Rosenmontagszug nach Köln

  • Millionengeschäft Karneval: Die fünfte Jahreszeit ist im Rheinland und besonders in Köln ein Wirtschaftsfaktor.
  • Mehr als eine halbe Millarde Euro werden pro Session umgesetzt. Es entstehen 6500 Jobs.
  • Weitere Zahlen rund um den Kölner Karneval finden Sie in der Grafik der Woche.

Köln – Der Karneval in Köln ist nicht nur Kulturgut, sondern auch ein entscheidender Wirtschaftsfaktor für die Millionenstadt. Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Festkomitee Kölner Karneval bei der Unternehmensberatung Boston Consulting Group und der Rheinischen Fachhochschule Köln in Auftrag gegeben hat. 

Die Wirtschaftskraft des Kölner Karneval ist der Studie zufolge, die sich auf die Session 2017/2018 bezieht, auf mehr als 600 Millionen Euro angestiegen. Im Vergleich dazu lag die Wirtschaftskraft im Jahr 2008 noch bei nur 460 Millionen Euro. Der Anstieg von 29 Prozent sei vor allem auf die Zunahme von Karnevalsveranstaltungen wie der Lachenden Kölnarena, auf mehr Besucher über alle Karnevals-Formate hinweg sowie auf einen deutlichen Anstieg der Verkäufe in der Textilbranche zurückzuführen – für die Karnevalstage im engeren Sinne werden rund 1,6 Millionen Kostüme gekauft oder gebastelt.

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„Die Untersuchungen belegen, wie wichtig der Karneval für Köln und die gesamte Region ist“, sagte Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, zur Veröffentlichung der Studie. „Gastronomie, Hotelgewerbe und Einzelhandel profitieren vom stetigen Zulauf karnevalsbegeisterter Feiernder aus Köln, dem rheinischen Umland und ganz Deutschland.“ Zu Karnevalsumzügen kommen demnach 2,1 Millionen Besucher, an Sitzungen und Bällen nehmen 835 000 Karnevalisten teil und auch der Tourismus boomt: An Karneval gibt es 385 000 Übernachtungen in der Stadt. 

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In der Unterteilung in die Bereiche Sitzungen und Bälle, Umzüge sowie Kneipenkarneval verteilen sich die Umsätze in etwa gleiche Teile. Die Veranstaltungen wie Sitzungen und Bälle haben seit 2008 mit 38 Prozent die spürbar größte Entwicklung hingelegt.

Beim Ticketverkauf ist der Umsatz im Vergleich zum Beobachtungszeitraum 2008 mit 46 Prozent am deutlichsten angestiegen und liegt bei 40 Millionen Euro. Das Hotelgewerbe verzeichnete der Studie zufolge ein Plus von 43 Prozent auf 63 Millionen Euro. Auch die Textilindustrie hatte einen großen Umsatzzuwachs von ungefähr 41 Prozent: Sie erwirtschaftete rund 110 Millionen Euro. Apropos Kostüme: Die lassen sich die Jecken gerne etwas kosten. Im Schnitt 53 Euro geben sie pro Session aus – die Männer übrigens mehr als die Frauen: 59 versus 48 Euro. Das ergab eine Studie des deutschen Bankenverbands aus dem Jahr 2017.

Den größten Anteil am Umsatz haben aber die Gastronomie und der Verzehr mit 257 Millionen Euro – das sind rund 34 Prozent mehr im Vergleich zum Jahr 2008. Innerhalb von fünf Tagen macht manches Altstadt-Lokal laut Bankenverband in den Hochburgen wie Köln, aber auch Mainz, Düsseldorf oder Mönchengladbach bis zu einem Drittel seines Jahresumsatzes.

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Im Sessionsmonat Februar werden umgerechnet laut Geschäftsführer des Kölner Brauerei-Verbandes, Christian Kerner, allein 80 Millionen Gläser Kölsch getrunken. „Wir haben noch nicht alle Zahlen, aber die, die wir haben, zeigen, dass der Kölschabsatz weiterhin stabil ist“, sagt Christian Kerner weiter.

Doch trotzdem sei Karneval viel mehr als Feiern und Konsumieren, sagt Komitee-Präsident Christoph Kuckelkorn. „Das zeigen auch die Daten zum ehrenamtlichen Engagement und die Spendensammlungen der im Festkomitee organisierten Karnevalsgesellschaften.“ Rund zwei Millionen Euro werden demnach von den ehrenamtlichen Helfern pro Jahr für soziale Zwecke gesammelt.

Balance zwischen Wirtschaftsfaktor und Kulturgut Karneval

Es bleibe laut Kuckelkorn ein wichtiges Ziel für die Zukunft, die Balance zwischen dem Wirtschaftsfaktor und dem Kulturgut Karneval zu halten. „Wir brauchen finanziell ein sicheres Fundament, um die Vielfalt unseres Festes zu erhalten und beispielsweise Nonprofit-Veranstaltungen zu finanzieren“, sagt Kuckelkorn. Gleichzeitig müssen aber kontinuierlich Aufklärungsarbeit geleistet und Menschen für den eigentlichen Kern des Festes begeistert und gewonnen werden, damit für Nachwuchs im Karneval gesorgt sei.

Es geht jedoch nicht nur um Frohsinn und Geld bei der fünften Jahreszeit in Köln, sondern überraschenderweise auch um Energie. Geht man davon aus, dass wieder wie vor einigen Jahren ungefähr 9500 Pferde im Kölner Rosenmontagszug mitgehen, hat das auch eine Kehrseite.

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Laut Institut für Agrartechnik der Universität Hohenheim hinterlassen sie 16 Tonnen Pferdemist. Daraus könnte man nach Berechnungen der Wissenschaftler in einer Biogasanlage 2100 Kubikmeter Biogas erzeugen. Das würde reichen, um mehr als 1200 Liter Diesel oder Heizöl zu ersetzen. Mehr Dreck als die Pferde aber hinterlassen die feiernden Menschen selbst. Geschätzt fallen jedes Jahr 111 Tonnen Müll beim Kölner Rosenmontagszug an. In einer Restmüllverbrennungsanlage der Stadt können daraus 67 000 Kilowattstunden Strom erzeugt werden – das reicht für den Bedarf, den 20 Zwei-Personen-Haushalte ein Jahr lang benötigen.

Eines haben aber weder Universitäten noch Verbände errechnet. Und das ist der volkswirtschaftliche Schaden durch den Karneval. Denn nicht wenige haben nach den tollen Tagen einen „Karnevalsschnupfen“ oder sind dank Katerstimmung weniger leistungsfähig. Und auch das Aufräumen kostet bekanntlich Geld.  

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