Mitarbeiter in Köln und Leverkusen in SorgeGaleria will bis zu 90 Filialen schließen

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Menschen stehen in einer Schlange vor dem Eingang von Galeria Kaufhof in Köln.

Eine Warteschlange vor Galeria Kaufhof im Winter 2021.

Mitten im Weihnachtsgeschäft erfahren Mitarbeiter, dass möglicherweise noch deutlich mehr Filialen geschlossen werden sollen. Ein Überblick.

Der finanziell gebeutelte Warenhaus-Konzern wird womöglich deutlich mehr Filialen dichtmachen, als bisher angenommen. Rund 131 Geschäfte sind es, ein Viertel davon soll geschlossen werden. Nun könnten es jedoch doppelt so viele sein. Die wichtigsten Fragen im Überblick.

Wie ist der aktuelle Stand?

Laut einem internen Dokument könnten bis zu 90 der 131 Geschäfte geschlossen werden. In einer E-Mail des Gesamtbetriebsrats (GBR) an die Beschäftigten heißt es, dies sei aus den bisherigen Gesprächen mit der Arbeitgeberseite hervorgegangen. Dabei stünden vor allem Doppelstandorte unter besonderer Beobachtung. Zuerst hatte das Branchenmagazin Lebensmittelzeitung (LZ) darüber berichtet.

Noch vor einigen Wochen hatte Galeria-Chef Miguel Müllenbach von „mindestens einem Drittel“ der 131 Filialen gesprochen. Zudem könnten laut LZ bis zu 30 Prozent der Stellen in den verbleibenden Warenhäusern abgebaut werden. Die Personalkostenquote pro Haus solle deutlich gesenkt werden, heißt es. Damit würden auch betriebsbedingte Kündigungen drohen. Galeria hat derzeit noch rund 17.000 Beschäftigte.

Welche Bereiche sind noch gefährdet?

Dem Vernehmen nach soll nach dem Willen des Managements im Bereich des Service Centers die Hälfte des Personals abgebaut werden. Auch im Bereich Facility-Management könnte es deutliche Kürzungen geben, ebenso wie im Reisebereich. Dabei sind offenbar auch Ausgliederungen im Gespräch. Die endgültige Entscheidung des Managements stehe allerdings noch aus.

Auf  Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ schrieb Galeria: "Welche Häuser geschlossen werden, steht heute noch nicht fest. Wir gehen derzeit in Gespräche mit den Vermietern. Hier geht es neben der Miete selbst auch um weitere Fragen wie z. B. Flächennutzung, energetische Sanierungen, Modernisierungs- und Baumaßnahmen usw. Ob ein Standort erhalten bleiben kann wird auch stark von diesen Gesprächen abhängig sein."  Von der Gewerkschaft Verdi hieß es: „Die Menschen sind zutiefst verunsichert, deshalb beteiligen wir uns nicht an Spekulationen“, so Daniela Arndt vom Landesfachbereich Handel im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Wie ist die wirtschaftliche Ausgangslage?

Galeria (ehemals Karstadt Kaufhof) musste Ende Oktober zum zweiten Mal Insolvenz anmelden. Die 680 Millionen Euro Finanzhilfen, die der Bund 2020 zahlte, reichten nicht, um den Warenhauskonzern wieder auf Kurs zu bringen. Bei der Sanierung im Jahr 2020 waren bereits rund 40 Filialen geschlossen, etwa 4000 Stellen abgebaut und mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden gestrichen worden.

Woher könnte frisches Kapital kommen?

Mit Blick auf weitere Staatshilfen oder Kreditgarantien zeigt man sich in der Politik offenbar zurückhaltend. Konnte man im ersten Corona-Jahr die schlechte Geschäftslage noch mit den pandemiebedingten Schließungen erklären, wird die Argumentation seitens der Galeria-Führung heute schwieriger.

Denn trotz Krieg, gestiegenen Lebenshaltungs- und Energiekosten zeigen im Handel längst nicht mehr alle Parameter nach unten. Offenbar ist aber Réne Benko, zu dessen Signa-Konzern Galeria gehört, bereit, das Unternehmen aus eigenen Mitteln zu stützen. Das berichtete der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz im November.

Wer könnte Filialen übernehmen?

Das Feld potenzieller Investoren dürfte angesichts der Lage überschaubar sein. Öffentlich Interesse bekundet hat derzeit nur Markus Schön von Buero.de. Gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ nannte er 47 Filialen in ganz Deutschland, die er übernehmen und unter dem Namen „Schön hier“ mit Warenhaus-typischem Sortiment weiterführen wolle.

Der Chef des Detmolder Onlinehändlers will auch das Personal übernehmen und hat vor allem Standorte in mittelgroßen Städten im Blick. Jüngst präzisierte Schön die Pläne für die 47 Standorte. Dass Schön das Onlineangebot auch in Kooperation mit Buero.de stärken will, ist bekannt, ebenso wie die angedachte Etablierung von Store-in-Store-Konzepten. Nun kündigte Schön an, fünf bis zehn Prozent der Fläche für regionale Angebote vorhalten zu wollen.

„Da aus unserer Sicht die Mitarbeitenden den größten Schatz des Unternehmens darstellen, würden wir bei der Umsetzung der Übernahme schnellstmöglich in den Tarifvertrag Einzelhandel zurückkehren“, sagte der Manager dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). So würde engagierte „und bei unserem Konzept auch sehr erfolgversprechende“ Arbeit angemessen bezahlt werden.

Schön nannte einen dreistelligen Millionenbetrag als Investition für das Gesamtprojekt, ließ jedoch offen, wie er dies finanzieren will. Auch vor diesem Hintergrund haben Insider Zweifel. Vollmundige Ankündigungen seien das eine, der Betrieb einer angeschlagenen Warenhauskette mit großem Investitionsstau sei das andere, heißt es.

Welche Standorte in NRW könnten von der Schließung bedroht sein?

In Nordrhein-Westfalen gibt es noch 31 Niederlassungen. Besonders besorgt sind die Mitarbeiter in den Filialen, die nach der ersten Insolvenz im Jahr 2020 für eine Schließung im Gespräch waren, dann aber doch erhalten blieben. In der Region beträfe das etwa den Kaufhof in Leverkusen. Wann ist mit Klarheit über die Sanierungspläne zu rechnen?

Erst Anfang nächsten Jahres ist mit einer Entscheidung darüber, welche der 131 Filialen weitergeführt werden, zu rechnen. „Welche Häuser geschlossen werden, steht heute noch nicht fest“, sagte der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz vor einigen Wochen. „Wir gehen davon aus, dass es im Laufe des Januars des kommenden Jahres Klarheit darüber geben wird.“

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