Konferenz in KölnDas war der letzte Pirate Summit – NRWs beste digitale Start-ups gekürt

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Die weltweit beachtete Start-up-Konferenz Pirate Summit findet zum letzten Mal in Odonien statt: Menschen an Stehtischen unter Sonnenschirmen in der Ehrenfelder Kutlurstätte.

Die weltweit beachtete Start-up-Konferenz Pirate Summit findet zum letzten Mal in Odonien statt.

Risikokapitalgeber in verstaubten Sneakern treffen auf Jungunternehmer mit Augenklappe: Was Start-ups auf der Kölner Konferenz antreibt.

Mit Augenklappe, Piratenhut und staubbedeckten Sneakern haben sich Gründerinnen und Gründer zum letzten Mal beim Pirate Summit im Szeneclub Odonien präsentiert und bei Risikokapitalgebern um Investments geworben. Die Start-up-Konferenz, die europaweit als eine der besten gilt und 2011 erstmals stattfand, wird es nächstes Jahr nicht mehr geben.

Gründer: Ende des Pirate Summit wird große Lücke hinterlassen

Die Start-up-Gründenden schätzten am Konzept, sich nicht in Uniformen pressen zu müssen, sondern ihren und den Stil des Unternehmens ungeschminkt zeigen zu dürfen: „Dieses authentische Flair bringt Leute zusammen“, sagt Gründer Martin Peters, das Ende des Pirate Summit werde „eine große Lücke hinterlassen.“

Drop-Friends-Gründer Martin Peters und Mitarbeiterin Johanna Haerther bei der weltweit beachteten Start-up-Konferenz Pirate Summit im Odonien. Sie tragen Hawaii-Hemden und lehnen an einem Stehtisch mit Flyern.

Drop-Friends-Gründer Martin Peters und Mitarbeiterin Johanna Haerther bei der Start-up-Konferenz Pirate Summit.

Peters war schon häufig beim Pirate Summit, dieses Jahr zum ersten Mal mit seinem eigenen Unternehmen. Im Hawaii-Hemd zwischen bunten Flyern – ein Anzug hätte hier wahrlich nicht gepasst – zeigt der Produktentwickler seine App Drop-Friends, die es ermöglicht, dass Privathaushalte zu kleinen Paketshops in der Nachbarschaft werden.

„Köln steht für uns sehr stark für Diversität und Inklusion“, sagt Peters. Der Pirate Summit habe bewiesen, dass in diesem Umfeld lockerere, aber nicht weniger zielführende Gespräche mit Investorinnen und Investoren entstehen als bei anderen Start-up-Konferenzen.

Das treibt Start-ups auf dem Pirate Summit in Köln an: Sozialer und ökologischer Impact

Der soziale und ökologische Einfluss sind Faktoren, die für viele Start-ups auf dem Pirate Summit eine zentrale Rolle spielen, auch auf Seite der Investorinnen und Investoren, wie ihre Nachfragen bei Pitches auf der Konferenz-Bühne zeigen. Ohne Nachhaltigkeit geht es nicht, sie ist ein Wirtschaftsfaktor geworden, das wird hier sehr deutlich.

Sozialer und ökologischer Impact als Geschäftsmodell auf der Start-up-Konferenz Pirate Summit: Die Kölner Reloon-Gründer Sebastian Bimmers und Klaus Paleit.

Sozialer und ökologischer Impact als Geschäftsmodell auf der Start-up-Konferenz Pirate Summit: Die Kölner Reloon-Gründer Sebastian Bimmers undKlaus Paleit.

Ein junges Unternehmen aus Köln, das noch in einer frühen Phase steckt, hat sich die Nachhaltigkeit gleich als Geschäftsmodell gesucht: Reloons produziert wiederverwendbare Ballons aus Naturkautschuk. Bis zu 15 Mal können die Ballons aufgeblasen werden. Sebastian Brimmers, der als junger Vater seinen hohen Ballon-Verbrauch beklagte und mit dem eigenen Unternehmen das Problem lösen will, sucht im Odonien nach finanzieller Unterstützung. Sein nächstes Ziel: Mit Reloons den Karneval nachhaltiger zu gestalten.

In diesen Branchen agieren die meisten Start-ups: Medizin und Informationstechnologie

Die Branchen, in denen hier die meisten Start-ups agieren, sind die Medizin sowie Informations- und Kommunikationstechnologie, häufig in Verbindung. So auch Uma von Mirjam Peters. Die Kölnerin ist Hebamme und arbeitete viele Jahre in der Forschung, bis sie 2021 die Uma-App entwickelte, um an der schwierigen Versorgungslage für Frauen im Wochenbett etwas zu verändern.

Die App ist als Medizinprodukt vom Tüv zertifiziert, und Peters freut sich, hier Start-ups mit einem ebenso hohen qualitativen Anspruch kennenzulernen. „Sich mit anderen Gründerinnen zu verbinden – das motiviert“, sagt sie auf dem Summit.

Zum Beispiel mit Charlotte Walther. Die Psychologin ist Content Createrin bei Lemin, einer Coachingsoftware für Persönlichkeitsentwicklung, die mit Künstlicher Intelligenz automatisiert Konzepte verschiedenen psychologischen Typen am Arbeitsplatz zuordnet. Die inhaltlichen Grundlagen sind freilich von menschlichen Expertinnen wie Walther entwickelt.

„Out of the Box“-Award des Wirtschaftsministeriums NRW: Dritter Preis für Kölner Start-up

Im abendlichen Odonien, bei inzwischen feuerspeienden Robotern, verleiht das NRW-Wirtschaftsministerium den „Out of the Box“-Award für das beste digitale Start-up des Landes. In der Jury sitzen international tätige Investorinnen sowie Vertreter der NRW-Bank und des Ministeriums.

Den ersten Platz und damit 25.ooo Euro gewinnt Syte aus Münster. Co-Gründer David Nellessen bezeichnet die KI-gestützte Software für die Entwicklungspotenziale von Grundstücken und Gebäuden in seinem Vortrag als „Estate Tinder“. Mit ihr können Planer und Behörden schnell recherchieren, wo es durch Aufstockungen möglich ist, neuen Wohnraum zu schaffen.

Den zweiten Platz mit 15.000 Euro Preisgeld belegt das Düsseldorfer Start-up Elona Health für die Entwicklung digitaler Werkzeuge für Psychotherapie. Co-Gründer Magnus stellte sein Unternehmen mit nun mehr als 1000 teilnehmenden Therapeutinnen und Therapeuten vor, die über Elona Health ihre Patientinnen und Patienten auch außerhalb von Sitzungen begleiten können.

Der dritte Platz, dotiert mit 10.000 Euro, geht nach Köln: Tim Breker überzeugt die Jury mit seinem Pitch des Mehrwegsystems Vytal. In drei Jahren habe das Unternehmen ein „bemerkenswertes“ Wachstum und einen „starken“ ökologischen Impact gezeigt, so die Begründung der Jury.

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