Trotz stabiler Konjunkturwerte steht die Handwerkskammer zu Köln vor wichtigen Modernisierungsmaßnahmen. Der Fokus soll auf der Ausbildung liegen.
Kölner HandwerkskammerGeschäftsführer beklagt „desolate Zustände“ einiger Bildungsstätten

Seit einem halben Jahr im Amt: Thomas Radermacher, Präsident der Handwerkskammer zu Köln
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Auch wenn Thomas Radermacher bei seiner ersten Vollversammlung als Präsident der Handwerkskammer (HWK) zu Köln bemüht war, Zuversicht zu streuen – so richtig rosig geht es den Gewerken in der Region Köln/Bonn und in der gesamten Bundesrepublik nicht. Das ging aus seiner Rede am Dienstagvormittag hervor.
Zunächst das Positive: Im Handwerk stecke enorm viel Potenzial, sagte der Neue an der Spitze, der das Amt vor einem halben Jahr vom langjährigen Präsidenten Hans Peter Wollseifer übernommen hatte und sich erst einmal einen Überblick verschaffen musste.
Handwerk im Kammerbezirk Köln: Umsatz von 28 Milliarden Euro
Der Umsatz des Gesamthandwerks lag in Deutschland im vergangenen Jahr bei rund 770 Milliarden Euro. In Köln waren es der HWK zufolge etwa 28 Milliarden Euro. Die Herbstkonjunkturumfrage hätte gezeigt: „Wir sind mit einer bemerkenswerten Stabilität weiterhin die tragende Säule der regionalen Wirtschaft“, so Radermacher. Im Vorjahresvergleich hat sich die Lage laut Bericht zwar etwas verschlechtert, gegenüber dem Frühjahr aber leicht verbessert. „Ein Grund zum Jubeln ist das aber weiß Gott nicht“, sagte der Tischler. Die Handwerksbetriebe im Kölner Kammerbezirk stünden insbesondere wegen anhaltender Nachfrageschwäche und tendenziell rückläufiger Umsatzentwicklungen vor Herausforderungen.
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Dafür machte Radermacher primär die Bundes- und die EU-Politik verantwortlich. „Die Entscheidungen wirken oft zu sehr auf industrielle Großstrukturen zugeschnitten, während schnelle, wirksame Maßnahmen für das Handwerk ausbleiben.“ Er forderte eine Reduzierung von Bürokratie, die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung und entschlosseneres Handeln bei der Reform der Sozialsysteme. Auf kommunaler Ebene mahnte er, wie schon sein Vorgänger, den Verkehr in der Stadt, fehlende Parkflächen und die Verdrängung von Betrieben aus den Innenstädten als „wirkliche Schmerzpunkte“ an.
Desolate Zustände an Bildungsstandorten – Modernisierung geplant
Auch intern gebe es in der HWK Optimierungsbedarf. Einige Strukturen seien „defizitär“, ergänzte Geschäftsführer Erik Werdel, der mit eineinhalb Jahren ebenfalls noch recht frisch auf seinem Posten sitzt. Er habe den Anspruch, „Dinge, die noch nicht laufen, auf den Kopf zu stellen“, lobte Radermacher seinen hauptamtlichen Kollegen.
Und dieser übte Kritik an der Stadt, aber auch an der eigenen Kammer. Die hohen Zahlen im Bereich der Ausbildungsabbrüche könne man nicht nur auf die „verlorene Generation“ zurückführen. Zu sagen, die Jugend tauge nichts, sei unpünktlich oder faul, wäre zu kurz gedacht. Zum Gesamtbild gehörten noch andere Wahrheiten: Etwa seien einige Bildungsstätten, vor allem in Köln, „in desolatem Zustand“, sagte er mit Blick auf die Berufskollegs in Porz oder an der Ulrepforte. Für Lehrer und Schüler sei es attraktiver, auf andere Städte auszuweichen, statt die berufliche Zukunft in einer Bruchbude prägen zu lassen – oder eben im schlimmsten Fall die Ausbildung sausen zu lassen.
Der Standort Ossendorf steht deshalb vor einem Umbruch. Dort soll der Ausbildungs- und Meistercampus modernisiert werden. Hier soll eine moderne und leistungsfähige Ausbildungsstätte entstehen, und das, ohne den laufenden Schulungsbetrieb zu beeinträchtigen. Man darf sich also auf ein langes Projekt einstellen.
Zudem arbeite die HWK mit ihrer Verwaltung an einem besseren Service für Mitgliedsbetriebe. „So stellen wir uns intern strukturell und rechtssicher so auf, dass wir nach außen hin als moderner Dienstleister wahrgenommen werden“, sagte Werdel.
Die Handwerkskammer zu Köln ist die Interessenvertretung des Handwerks in der Region Köln/Bonn, mit Schwerpunkten auf Unternehmens- und Rechtsberatung, Ausbildung sowie Meister- und Gesellenprüfungen. Sie zählt 35.000 Mitgliedsbetriebe. 12.000 Menschen werden derzeit im Kammerbezirk in einem Handwerksbetrieb ausgebildet.

