Kölner reden über Geld„Ich habe 2100 Euro netto zur Verfügung“

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Köln – Alina S. ist 29 Jahre alt und arbeitet als Logopädin im Kölner Umland. Mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat sie über die Herausforderungen sozialer Berufe gesprochen, wie viel sie verdient und dass Logopäden mehr als nur lispelnde Kinder behandeln.

Ich bin vor fast zehn Jahren für meine Ausbildung nach Köln gekommen und war an einer Ausbildungsschule mit theoretischem und praktischem Unterricht. Die Ausbildung zur Logopädin läuft nicht direkt über eine Praxis – das ist anders als bei Handwerksberufen zum Beispiel. Das Ganze hat drei Jahre gedauert. 2015 habe ich mein Staatsexamen gemacht und seitdem arbeite ich in diesem Beruf.

Einen Ausbildungsplatz zu finden war nicht leicht. Zu der Zeit gab es in Nordrhein-Westfalen nur vier staatliche Schulen. Die Wahrscheinlichkeit, dort genommen zu werden, war gering. Ich habe mich zum Beispiel in Essen beworben, da betrug die Wartezeit drei Jahre. Ich bin dann auf eine Privatschule gegangen. Dort musste ich ein Schulgeld von 590 Euro im Monat bezahlen.

Eltern haben unterstützt

Meine Eltern haben mich in dieser Zeit unterstützt, alleine hätte ich das nicht geschafft. Zumal ich während der Ausbildung kein Gehalt bekommen habe. Insgesamt habe ich so ungefähr 23 000 Euro Schulden angesammelt, die ich meinen Eltern zurückzahle. Beim Thema Schulgeld hat sich aber seitdem Einiges getan. In vielen Bundesländern werden die Kosten seit 2018 vollständig oder anteilig vom Bund erstattet und die Ausbildung wird mittlerweile – zumindest an staatlichen Schulen – vergütet.

Nach meinem Examen habe ich halbtags in einer Praxis gearbeitet, da ich zusätzlich berufsbegleitend Sprachtherapie studiert habe. Damals habe ich für 25 Wochenstunden 1345 Euro brutto bekommen. Mittlerweile arbeite ich Vollzeit als logopädische Leitung in einem Zentrum für Intensivtherapien.

"Bin zufrieden mit meinem Gehalt"

Mit sechs Jahren Berufserfahrung verdiene ich 3300 Euro brutto. Netto habe ich monatlich rund 2100 Euro zur Verfügung. Davon bezahle ich 550 Euro Miete und nochmal 200 bis 300 Euro im Monat für Lebensmittel, Strom, Internet und was man sonst noch braucht. Da ich außerhalb von Köln arbeite, bin ich außerdem auf ein Auto angewiesen. Ich bin zufrieden mit meinem Gehalt und komme gut damit aus. Erst vor kurzem wurde die Gehalts-Empfehlung unseres Berufsverbands auf 3000 bis 3500 Euro erhöht. Da liege ich genau drin, aber ich weiß, dass viele Logopäden nicht so viel verdienen.

In den vergangenen zwei Jahren hat sich für uns Vieles positiv verändert. Unser Verband setzt sich bei den Krankenkassen dafür ein, dass unsere Konditionen besser werden. Das ist wichtig, damit der Beruf attraktiv bleibt. Ich kenne einige, die aus dem Therapeuten-Dasein geflohen sind, da der Verdienst so schlecht war.

Vieles noch verbesserungswürdig

Und es gibt noch immer Dinge, die verbesserungswürdig sind: Wenn ein Patient etwa kurzfristig nicht kommt oder keine gültige Verordnung hat, werde ich für diese Stunde nicht immer bezahlt. Neben den Therapiestunden müssen wir außerdem häufig und aufwendig mit Ärzten telefonieren und Berichte schreiben. Diese Zeit wird meist nicht vergütet.

Da ich in einem medizinischen Beruf arbeite, müssen wir außerdem auf dem neuesten Stand bezüglich Diagnostikverfahren oder Therapiemethoden bleiben. Fortbildungen kosten im Durchschnitt etwa 300 Euro und finden meist freitags und samstags statt. Bei meinem Arbeitgeber bekomme drei Fortbildungstage im Jahr und einen Teil der Kosten erstattet. Daher investieren wir viel eigenes Geld und oftmals auch unsere Freizeit, um an Fortbildungen teilnehmen zu können.

Schwer betroffene Patienten

Trotz den Dingen, die nicht rund laufen: Ich liebe meinen Beruf. Ich sehe, dass viel dafür getan wird, dass sich unsere Rahmenbedingungen insgesamt verbessern. Die meisten Menschen denken, wir arbeiten nur mit lispelnden Kindern, aber so ist das nicht. Wir behandeln teilweise schwer betroffene Menschen mit Behinderungen oder Gendefekten und anderen neurologischen Störungsbilder. Darunter fallen Schlaganfälle oder Schädel-Hirn-Traumata nach Unfällen.

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Wenn ich Patienten dabei begleite, dass sie wieder schlucken, essen oder sprechen lernen, ist mir ein „Danke“ oder ein Lächeln oft mehr wert als mein Gehalt. Mir persönlich gibt es sehr viel, zu wissen, dass ich etwas Wertvolles für andere Menschen tue. Ich bin davon überzeugt, dass die meisten Therapeuten – egal, ob Logopäden, Physio- oder Ergotherapeuten – ihren Beruf nicht ausüben, um das große Geld zu verdienen, sondern weil wir Menschen helfen wollen. Wir haben einen sozialen Beruf gewählt, der wichtig für die Gesellschaft ist. Dass damit keiner wirklich reich wird, wissen wir alle.

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